Gaelen Foley - Knight 04
klat- schendes Geräusch, und dann landete der Anführer mit dem Rücken im Müllhaufen. Mit einem Aufkeuchen zog sich Ja- cinda die arg mitgenommene Plakatwand über den Kopf, aber dann sah sie, dass dem Mann durch den Aufprall sein Dolch entglitten war, der jetzt im Abfall lag. Nur wenige Zentimeter von ihrer Hand entfernt glitzerte er im Mond- licht.
O’Dell riss mit einem Ruck die Nagelkeule aus dem Holz des Fasses, während der Anführer – noch immer auf dem Rücken – nach seinem Dolch tastete. Abgelenkt durch die Wut des Kampfes, hatte er Jacinda, die nur zwei Schritte von ihm entfernt kauerte, gar nicht bemerkt. Ihr Herz klopf- te wie wild. Alles in ihr drängte sie dazu, ihm das Messer zu- zuschieben, damit er sich wehren konnte, aber was, wenn sie sich dadurch verriet?
Ein böses Funkeln erschien in O’Dells Augen. Siegesge- wiss hob er die Keule zum tödlichen Schlag. Jacinda konn- te nicht anders. Hastig streckte sie einen gold gekleideten Fuß aus und versetzte dem Dolch einen kleinen Stoß in Richtung des Anführers, aber seine tastenden Finger um- schlossen stattdessen die rostige Kette. Mit einem Knurren riss er die Kette wie eine Peitsche nach oben und schlug sie O’Dell ins Gesicht. Aufschreiend ließ O’Dell die Keule fal- len und schlug die Hände vor sein verletztes Auge. Momen-
tan geblendet und kampfunfähig, entschloss er sich zur Flucht.
Der Anführer ergriff seinen Dolch und sprang auf. Ange- sichts seiner Wut erlahmte der Kampfwille der Angreifer; sie drehten sich um und rannten davon.
„Hinterher!“ befahl der Anführer seinen Männern.
Aus ihrem Versteck heraus beobachtete Jacinda, wie O’Dells Männer davonliefen, während die anderen ihnen folgten und die Straße bald still dalag. Auch der Anführer nahm die Verfolgung auf, als wenn sein Blutdurst noch nicht gestillt wäre.
„Warte, Blade! Riley ist verletzt!“
Bei diesen Worten wurde der Mann langsamer, blieb aber nicht stehen. Er warf dem Mann, der ihn angesprochen hat- te, einen gequälten Blick zu. „Kümmere dich um ihn! Bring ihn zurück in die Brainbridge Street! Ich muss O’Dell erle- digen!“
Jetzt erkannte Jacinda im Schatten einen Mann, der am Boden lag. Zwei andere kauerten neben ihm.
„Es hat ihn schlimm erwischt, Mann.“
„Billy“, sagte eine schwache Stimme.
Jacinda, die von dem Erlebten zutiefst aufgewühlt war, hörte den Namen nicht bewusst. Erschöpft und sichtlich mitgenommen, kam der Anführer jetzt zurück zu seinen Freunden, wobei er immer wieder über die Schulter blickte und den fliehenden Feinden wilde Flüche hinterhermurmel- te. „Erbärmliches Pack von verdammten Feiglingen ...“
Jacinda schluckte bei diesen Ausdrücken.
„Billy“, stieß der Verwundete noch einmal hervor.
„Ah, Riley, du Riesenidiot, was hast du jetzt wieder ange- stellt?“ fragte der Anführer mürrisch und sank neben dem Verletzten auf die Knie.
„Mich hat’s erwischt, Billy.“
„Hör auf mit dem Unsinn. Halt den Mund, und trink lie- ber was.“ Er hielt dem Mann eine Taschenflasche an die Lippen. „Es braucht mehr als einen verdammten Jackal, um einen Iren zu töten, sagst du das nicht immer selbst?“
„Himmel“, keuchte der Mann.
„Langsam, Junge.“ Der Anführer ergriff die blutige Hand des Mannes. „Komm schon, Riley, komm schon.“ Seine Stimme verriet wachsende Verzweiflung.
Hilflos beobachtete Jacinda die Szene aus ihrem Versteck heraus. Der arme Kerl da würde doch nicht einfach vor ih- ren Augen sterben?
„Du holst dir O’Dell, Mann. Schwör es mir“, keuchte der Verwundete heiser und zitternd.
„Verdammt, Riley. Ich werde ihn erwischen, und wenn es das Letzte ist, was ich tue. Ich verspreche es dir.“
Auch die anderen beiden versprachen es, aber das konnte das Unvermeidliche nicht aufhalten. Kurz darauf war ihr Freund tot.
Alle drei saßen lange schweigend da.
Jacinda betrachtete das Raubvogelprofil des Anführers, als er jetzt den Kopf senkte.
Es war totenstill in der Straße, selbst der Wind hatte auf- gehört zu wehen.
„Schnell, hässlich ... und brutal“, durchschnitt die bittere Stimme des Anführers dann die Stille. Er erhob sich und schüttelte müde den Kopf. „Beerdigt ihn“, wies er seine Männer knapp an und ging gefährlich nahe an Jacindas Ver- steck vorbei, aus dem heraus sie ihm verstört nachsah. Hat- te sie richtig gehört? Hatte dieser Schläger gerade den Phi- losophen Hobbes zitiert?
Unmöglich. Es war unmöglich, dass dieser wilde,
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