Gaelen Foley - Knight 04
Jacinda mit korrekter Verbeugung. Jacinda spürte, wie alle ihre Sinne erwachten, als er zu ihr trat. Dennoch erwiderte sie seinen Gruß nur mit einem küh- len Nicken und wandte sich gleich wieder an ihren betagten Begleiter. „Lord Drummond, ich glaube, Sie haben meinen Freund Lord Rackford noch nicht kennen gelernt. Er ist der Sohn des Marquis of Truro. Lord Rackford, darf ich Ihnen Lord Drummond vorstellen?“
Rackford verbeugte sich vorsichtig. „Sir.“
Der grimmige alte Staatsmann hob das Kinn und muster- te Rackford. „Ah, das ist also der begeisterte Radikale, von dem ganz London spricht.“
Rackford warf Jacinda einen fragenden Blick zu. „Ja, My- lord, Lord Broughams Ideen haben ziemlichen Eindruck auf mich gemacht.“
„Fälschlicherweise, mein Junge. Der Mann ist ein Unru- hestifter, wie er im Buche steht. Ich bin brillanten Ideen ge- genüber immer misstrauisch. Hüten Sie sich vor ihm. Wenn es nach Brougham ginge, würden wir alle nur noch ohne Ti- tel angesprochen.“
„Bei allem Respekt, Sir, ich beurteile einen Mann auch nach seinen Taten, nicht nach seiner Abstammung.“
„Haben Sie Ihre verdammt exotischen Ansichten aus In- dien mitgebracht, mein Junge?“ fragte Drummond verär- gert.
„Sir, ich muss Sie doch sehr bitten, in Gegenwart einer Dame nicht zu fluchen“, entgegnete Rackford wichtigtue- risch.
Jacindas Augen wurden groß. Nach all den ungehörigen Dingen, die Billy Blade in ihrer Gegenwart getan hatte, hät- te sie jetzt fast laut gelacht, aber hier war nicht der richtige Ort, um einen Streit zwischen den Männern zu provozieren. Offenbar trug ihr Unterricht schon Früchte.
„Ich muss schon sagen!“ entrüstete sich Lord Drummond. „Verzeihung, wenn ich Sie unterbreche“, meinte Rackford zu Drummond, um sich anschließend an Jacinda zu wenden, „aber ich frage mich, ob ich wohl einen Augenblick Ihrer
Zeit erbitten dürfte, Ma’am.“
„Würden Sie mich wohl kurz entschuldigen, Lord Drum- mond?“
Ohne eine Antwort des alten Mannes abzuwarten, packte Rackford besitzergreifend Jacindas Handgelenk und zog sie in eine verlassene Ecke der vom Mond erhellten Veranda. Die Juninacht war so warm, dass Jacinda das Kleid an der Haut klebte und in ihr ein unbestimmtes Verlangen weckte.
„Du hättest nicht so frech zu ihm sein sollen, Rackford.“
„Frech? Er kann von Glück sagen, dass ich ihn nicht ge- schlagen habe.“ Vielleicht lag es am Wetter, dass sie beide so unausgeglichen wirkten, denn auch er schien unzufrieden zu sein. „Ich kann es nicht fassen, dass du immer noch hin- ter dem alten Tory-Henker her bist. Langsam nehme ich das persönlich“, knurrte Rackford und nahm einen großen Schluck aus seinem Weinglas. „Wenn Lord Drummond inte- ressiert an dir wäre, hätte er dann nicht längst darauf rea- giert, dass du dich ihm schon die ganze Saison über an den Hals wirfst?“
„Ich muss doch sehr bitten! Ich habe mich noch nie einem Mann an den Hals geworfen“, erwiderte Jacinda wütend. „Die einzige Frau, die sich jemandem an den Hals wirft, ist Daphne, und zwar dir.“
„Was soll das?“ Rackfords Lippen umspielte ein provozie- rendes Lächeln. „Bist du etwa eifersüchtig, meine Liebe?“
„Wollen wir nun meine Diamanten stehlen, oder nicht?“ Er grinste. „Ah, das ist ein Mädchen nach meinem Herzen. Du bist kein Spielverderber, Lady J. Weißt du noch, was ich dir gesagt habe?“
Sie nickte.
„Gut. Dann los.“ Mit einem frechen Zwinkern nickte er in Richtung des Ballsaals und zeigte auf die große Treppe, die nach oben führte.
„Gut.“ Jacinda straffte die Schultern, breitete ihren Fä- cher aus und bemühte sich um einen Ausdruck von Lange- weile.
Allerdings musste sie sich ein Lachen verkneifen, als sie zurück in den Ballsaal ging und sich durch die Menge Rich- tung Treppe schob, wobei sie hier und da ein paar Bekann- te grüßte und anderen einen guten Abend wünschte. Mit leichten Fächerbewegungen und möglichst lässig schlen-
derte sie aus dem Ballsaal in die Eingangshalle, wo sie sich unter die Gäste mischte. Dabei näherte sie sich mit Bedacht der großen Treppe. Einer der Salons oben war als Gardero- be für die Damen hergerichtet worden, und Jacinda gab vor, dorthin zu wollen. Mit klopfendem Herzen stieg sie elegant die Treppe hinauf und strich sich dabei über ihr goldenes Haar.
Also wirklich, seine eigenen Diamanten stehlen zu müs- sen!
Als sie auf halber Höhe angekommen war, sah sie ihren Komplizen in die
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