Gaelen Foley - Knight 05 - Rache im Blut
Büro von Daisys Vater in London zu betreten. Überall eilten Angestellte im Vorzimmer hin und her, und sie hörte die laute Stimme des Kohleminenbetreibers Mr. Manning, der in seinem Büro Anordnungen gab.
„Ich habe eine Verabredung“, erklärte Lizzie einem blut- arm aussehenden Sekretär, der am Tresen saß.
„Name?“
Lizzie nannte ihren Namen und wurde dann gebeten, auf einem der Stühle Platz zu nehmen. Sie setzte sich und sah neugierig zu, wie die Räder des Kommerzes sich drehten.
„Sie sagen ihm, dass ich die Fracht pünktlich haben will, und damit basta!“ Ein dicker Mann mit langen Koteletten und einem vierschrötigen Gesicht, das durch die zu enge Krawatte aufzuquellen schien, riss die Tür auf und bellte: „Nächster!“
Lizzie erblasste, als der Sekretär ihr bedeutete, dass sie an der Reihe war.
„Du liebe Zeit“, hauchte sie, stand aber auf und trat in das Büro des Unternehmers.
„Wer sind Sie? Lassen Sie mich nachsehen“, knurrte Mr. Manning, der den Stummel einer Zigarre zwischen den Fin- gern hielt. „Ja, ja, Carlisle, sehe ich. Nun, was wollen Sie? Ich nehme an, Sie kommen von einem Wohltätigkeitskreis, ja? Machen Sie die Tür zu!“, rief er einem Sekretär zu, der gerade vorbeikam. „Ich habe dem Hospital schon ...“
„Nein, Sir, nein, ich bin wegen Ihrer Tochter hier.“
Der Mann hielt in seiner ungeduldigen Geschäftigkeit in- ne. „Was?“
„Ich bin Daisys wegen hier. Ihre Tochter?“
„Oh, ja, Daisy, natürlich. Was ist mit der Kleinen?“
„Ich bin ... nun, war ... bis vor kurzem Daisys Lehrerin an Mrs. Halls Akademie und muss Ihnen sagen, Mr. Manning, dass Ihre Tochter zutiefst unglücklich über ihre Verlobung ist.“
Mr. Manning zog seine buschigen Brauen zusammen und
schnipste die Asche von seiner Zigarre. „Ich wüsste nicht, was Sie das angeht.“
„Stimmt.“ Lizzie senkte den Blick und erkannte, dass sie mit Höflichkeit hier nicht weiter kam. Das hier verlangte nach offenen Worten. „Mr. Manning, der Mann, dem Sie Ihr Kind anzuvertrauen beabsichtigen, ist ein lüsterner Schuft mit einem schrecklich schlechten Ruf.“
„Er ist ein Adeliger“, grunzte Daisys Vater. „Jedermann weiß, dass die Adeligen keine Moral kennen. Außerdem spart mir Randalls Antrag die Kosten für eine Saison. Sie kennen doch das Sprichwort: Lieber der Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach.“ Er sog an seiner Zigarre.
Lizzie sah ihn erstaunt an. „Bei allem Respekt, Sir, wir re- den hier über Ihre Tochter.“
„Aye, und ich kann mit ihr machen, was ich will. Hören Sie, Miss Carlisle, ich bin nicht das geworden, was ich heute bin, weil ich ein Dummkopf bin. Bettler können nicht wählerisch sein. Emporkömmlinge – so nennt der Adel solche wie mich. Aber jetzt, wo ich volle Taschen und eine hübsche Tochter habe, kann ich einen Fuß in die Tür kriegen. Wissen Sie, wie ich angefangen habe?“, fragte er und neigte den fleischigen Kopf zur Seite, so dass er Lizzie irgendwie an Heinrich VIII. erinnerte.
„Nein, Sir.“
„Als Schornsteinfeger. Ha!“ Selbstzufrieden ließ er sich auf seinen Stuhl fallen, der unter dem Gewicht ächzte. „Daisy wird heiraten, wen ihr Vater für sie aussucht, und sie wird dadurch eine echte Lady werden. Hat keinen Sinn, das Kind zu sehr zu verwöhnen. Das Leben meint es nicht gut mit den Verwöhnten. Guten Tag. Nächster!“
„Mr. Manning ...“
„Miss Carlisle, ich bin ein sehr beschäftigter Mann.“
„Aber Sie verkaufen sich unter Wert“, verriet Lizzie ihm in verschwörerischem Ton und beugte sich vor, ehe er noch auf die Idee kam, sie hinauszuwerfen. „Ich habe gute Verbindun- gen in der Gesellschaft, und ich kann Ihnen versichern, dass chronischer Geldmangel unter den Adeligen weit verbreitet ist. Bei einer so schönen und charmanten Tochter und einem Reich, wie Sie es sich aufgebaut haben, sollten Sie sich nicht mit einem bloßen Baron zufrieden geben, wenn Sie eigent- lich genauso gut einen Earl, einen Marquis oder einen Her-
zog angeln könnten.“
Seine Augen verengten sich berechnend. „Herzog?“
„Vielleicht.“
Nach einer Weile schüttelte er entschieden den Kopf. „Lord Randall hat mir eine Karte seines Besitzes gezeigt. Sein Land grenzt an eines der wertvollsten Kohlefelder im Norden, und der Narr hat keine Ahnung davon. Da könnte ich ein Vermö- gen machen.“
Lizzie sah offen in seine kleinen Augen. „Er wird Ihrer Tochter wehtun, Sir.“ Sie wagte nicht, etwas von Devlins Ver- dacht
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