Gaelen Foley - Knight 05 - Rache im Blut
eine Tasse Tee in die Hand.
„Es ist alles gut jetzt, Liebes. Was ist passiert?“
„Papa hat mich mit einem grässlichen alten Mann ver- lobt!“
„Das hat er getan?“
„Ja! Mein Leben ist ruiniert! Ich soll nicht einmal in die Gesellschaft eingeführt werden! Aber Papa sagt, das macht nichts, weil die Gesellschaft mich sowieso nicht akzeptieren würde. Er sagt, sie würden uns ohnehin nur für ein Paar Em- porkömmlinge halten!“
„Aber meine Liebe, das sind Sie bestimmt nicht.“
„Papa geht es nur darum, dass ich eine B...baronesse wer- den soll.“
„Oh, Liebes.“ Lizzie zog Daisy an sich und ließ sie sich an ihrer Schulter ausweinen, aber innerlich war sie entrüstet.
Kannte Daisys Vater denn kein Mitleid? Daisy war gerade erst sechzehn. Einige Mädchen waren in dem Alter schon recht reif, aber Daisy hatte die vertrauensvolle Natur eines Kindes und würde noch einige Jahre brauchen, bis sie mit der Verantwortung einer Ehe umgehen könnte.
„Papa ist ein richtiger Tyrann! Ich hasse ihn!“
„Das dürfen Sie nicht sagen“, schalt Lizzie sie sanft. „Viel- leicht ist es ja gar nicht so schlimm? Wissen Sie denn, wie der Mann heißt, den Sie heiraten sollen?“
Bei Daisys Antwort gefror Lizzie das Blut in den Adern.
Lizzie nickte betrübt. „Er heißt Quentin, Baron Randall. Und er ist vierzig!“, setzte sie entsetzt hinzu.
Zwei Tage lang hatte Devlin das Mausoleum nicht verlassen. Er aß nichts und trank nur ab und zu einen Schluck Wasser. Tagsüber brannte die Sonne auf ihn hinunter, nachts weh- te der Wind nadelscharfen Regen in sein Gesicht, aber er verließ seine Familie nicht. Ohne sich zu rühren, saß er mit dem Rücken zur Wand da und setzte sich mit seinen ganz per- sönlichen Dämonen auseinander – und wartete darauf, dass etwas geschah. Er betrachtete die Sterne, dachte über die Ge- heimnisse des Himmels und der Meere nach und überlegte, dass die Schönheiten der Natur ihm über all die Jahre Mut- ter und Vater ersetzt hatten. Sorgfältig kümmerte er sich um die Laterne, die ihnen zu Ehren brannte.
Nachts richtete sich sein Blick auf die stete Flamme, und er versank in sich selbst, bis er das Gefühl hatte, dass das Feuer ihn reinigte.
Erst dann konnte er schlafen.
Als er am dritten Tag die Augen aufschlug, sah er als Erstes den blauen Himmel, der durch den weißen Marmor der Säu- len hindurchschimmerte.
Alles war unverändert, und um ihn herum zwitscherten die Vögel. Und doch wusste er beim Aufwachen irgendwie ... dass ihm vergeben war.
Schließlich hätte er es auch Lizzie oder einem anderen Kind nicht übel genommen, wenn ein unüberlegter Streich ungewollt eine Tragödie nach sich gezogen hätte. Im sanften Fächeln der Morgenbrise vermeinte er fast, die Liebkosun- gen seiner Eltern zu spüren, als sie sagten: Es war nicht deine Schuld.
Langsam setzte Devlin sich auf und blickte sich um, und dabei wurde ihm klar, dass er noch am Leben war.
Das Leben lag mit all seinen Versprechungen noch vor ihm.
Devlin tat einen tiefen Atemzug, der so ungewohnt war wie der erste Atemzug eines Neugeborenen. Aber die Sonne glit- zerte auf dem Teich, und liebevoll dachte Devlin daran, wie sein Vater ihm dort das Angeln beigebracht hatte. Er war ein freundlicher Mann gewesen. Und ehrenhaft. Sein Vater hat- te ihm beigebracht, dass es keine Rolle spielte, was die Welt einem zufügte, es spielte nur eine Rolle, wie man darauf rea- gierte. Und plötzlich hatte Devlin seine Antwort.
Sein Blick wurde hell und reflektierte das Blaugrün des Sees.
Rasch sprang Devlin auf und ging dann auf Ben zu, der die ganze Zeit bei ihm gewacht hatte. Sanft schüttelte er ihn wach.
„Wach auf, Ben. Wir müssen nach Hertfordshire.“
Ben zuckte zusammen und erwachte. „Wie? Was? Huh?“
„Erinnerst du dich an die Nacht im Pavillon, als du das klei- ne Landmädchen nach Hause gebracht hast? Sie hieß Susy. Weißt du noch, wie man in das Dorf kommt? Stevenage.“
„Ja, natürlich. Warum?“
„Ich hatte Scheuklappen auf den Augen, Ben“, murmelte Devlin. „Ich werde vielleicht nie beweisen können, was sie meiner Familie angetan haben, aber das Mädchen – Himmel, es war die ganze Zeit direkt vor meiner Nase! Wir müssen dieses Mädchen finden.“
„Sir?“
„Entführung, Ben.“ Dev lächelte trocken. „Darauf steht der Galgen. Susy ist unsere Zeugin.“
Während Dev sich auf den Weg nach Hertfordshire machte, schickte Lizzie sich gerade an, mit erhobenem Kinn das be- lebte
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