Gaelen Foley - Knight 05 - Rache im Blut
eine so quälende Angst um einen an- deren Menschen empfunden. Wo immer Lizzie jetzt war, sie musste Todesangst haben. Dev wollte sie nur in den Armen halten und ihr versprechen, dass alles wieder besser werden würde. Und genau das würde er tun.
Carstairs hatte ihn bei White’s unvorbereitet angetroffen, aber Dev wusste, dass es richtig gewesen war, mit dem Feind zusammenzuarbeiten und alle Bedingungen zu akzeptieren, die er ihm stellte. Aber abgesehen von den aktuellen Schre- cken wusste Devlin ganz genau, dass er sich ein Leben ohne Lizzie nicht vorstellen konnte. Genauso wenig konnte er zu- lassen, dass sie Lizzie für den Rest ihres Lebens auf Schritt und Tritt überwachten. Er würde diesen Krieg im Morgen- grauen an den Docks beenden. Denn Carstairs wusste ei- nes nicht: dass die zerlumpte, trinkfreudige, selbstbewusste Mannschaft der Katie Rose wie verrückt für Devlin kämp- fen würde.
Sie sahen aus wie einfache Seeleute, aber wenn Devlin als ihr Kapitän ihnen im Morgengrauen ein Zeichen gab, wür- den sie wie Soldaten angreifen. Dann konnte er Lizzie retten und würde seine kampferprobte Mannschaft auf den Horse and Chariot Club hetzen.
Wenn die Sache glatt ging, konnte er hinterher alles in der Bow Street erklären. Falls es schief ging, würde er Lizzie mit auf sein Schiff nehmen und ins Exil gehen, wo das britische Gesetz ihn nicht erreichen konnte. Das war auch der Grund, warum er jetzt seine persönlichen Dinge und Andenken zu- sammensuchte – seinen Siegelring, eine Miniatur seines Vaters und den Goldring für seine Frau. Sie allein zählte.
In dem Moment machte sich sein Instinkt bemerkbar und schickte ihm eine Warnung unmittelbar drohender Gefahr. Sein Blick richtete sich auf den Spiegel, als er plötzlich das Gefühl hatte, jemand würde ihn beobachten. Seine Augen blitzten auf, als er die geduckte Gestalt Torquil Staines auf seinem Balkon entdeckte, halb verborgen durch die dicken Vorhänge.
Er hatte eine Waffe dabei.
„Runter!“, brüllte Devlin und zog Ben mit sich zu Boden, als auch schon ein Schuss knallte.
Sein Kammerdiener ging zu Boden, prallte gegen die An- kleidekommode, und ein Hagel von kleinen Dosen und Fläsch- chen ergoss sich auf ihn, während er mit schmerzerfülltem Gesicht am Boden lag.
Dev ging auf Staines los und registrierte nur am Rande, dass Ben getroffen war. Staines kletterte ins Zimmer und zog dabei seinen Dolch. Dann hob er den Arm und holte blutdürs-
tig aus, um Devlin zu treffen.
Dev sprang zurück und warf seinem Freund einen besorg- ten Blick zu. „Ben!“
„Ich bin getroffen, Dev“, antwortete Ben schwach.
„Halt durch, Ben!“ Aus den Augenwinkeln konnte Dev se- hen, dass Ben in eine Ecke kroch und sich an die Wand lehn- te. Auf seiner linken Schulter breitete sich langsam ein gro- ßer, roter Fleck aus.
Devs Herzschlag raste, während er versuchte, Staines abzu- wehren. Ben durfte nicht sterben, das könnte er nicht ertra- gen.
Wieder stach Staines nach ihm.
„Was zum Teufel machen Sie da, Staines?“, brüllte Devlin ihn an. „Ich habe doch gesagt, dass ich abreise! Sie sehen doch, dass ich schon packe! Bleib bei mir, Ben!“, rief er dann erschüttert seinem Diener zu.
„Sie sind eine verlogene, verräterische Schlange, Dev.“ Staines’ Messerklinge schnitt durch die Luft und traf den geschnitzten Bettpfosten, als Dev sich duckte. „Spielen Sie hier bloß nicht den Unschuldigen. Wir wissen, dass Sie die ganze Zeit mit Ginny Highgate unter einer Decke gesteckt haben.“
„Wovon reden Sie? Ginny Highgate ist schon lange tot.“ Devlin entdeckte seine Machete, die Ben in eine Ecke gestellt hatte, und machte einen Satz darauf zu.
„Ich habe sie selbst gesehen, Dev. Die Hexe wollte mir eine Kugel verpassen.“
„Ginny Highgate lebt? Und ist in London?“ Er wehrte ei- nen heimtückischen Schlag ab und dachte an die verschlei- erte Frau, die nachts vor ihm geflohen war.
„Als wenn Sie das nicht wüssten. Falls Sie es noch nicht gemerkt haben, die Bedingungen gelten nicht mehr.“
„Gelten nicht mehr? Warten Sie ... Was ist mit Lizzie?“
Staines lachte verächtlich. „Carstairs hat ihr die Kehle durchgeschnitten.“
„Was?“, flüsterte Devlin und blieb vollkommen still stehen. Er konnte kaum atmen. „Sie lügen“, sagte er dann mit schwa- cher Stimme.
„Haben Sie gedacht, wir lassen es zu, dass Sie und Ihr Lieb- chen uns an den Galgen bringen?“
„Nein“, stöhnte Devlin entsetzt. „Nein!“ Tausend
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