Gaelen Foley - Knight 05 - Rache im Blut
an die Diener, dass sie für den dritten Gang abräumen konnten. Rasch wurden Teller und Bestecke entfernt und das Tisch- tuch abgenommen, so dass die schimmernde, dunkle Plat- te des Mahagonitisches zum Vorschein kam, die mit Bienen- wachs poliert worden war.
Wieder wurden die Gläser gefüllt, diesmal mit einem süßen Dessertwein.
„Tee, Kaffee oder Schokolade, Mylady?“, fragte der erste Diener.
„Kaffee“, kam die Antwort.
Devlin schloss sich an, aber Lizzie gab sich mit einem Glas Madeira zufrieden.
Der Diener verschwand, um den frisch gebrühten Kaffee zu holen, und die anderen brachten den dritten Gang herein: ein kleiner Walnussschinken, von dem keiner mehr kosten konnte, weil sie zu satt waren, Mandeln und Rosinen, eine Auswahl an Keksen und schließlich eine wunderbare Him- beertrifle, die mit großem Stolz in der Mitte des Tisches abge- stellt wurde.
„Du verwöhnst mich“, meinte Devlin und sah seine Tante an.
„Zweifellos“, stimmte sie lachend zu.
Diese Nachspeise war wie auch die anderen Süßspeisen ein-
fach göttlich. Lizzie genoss den Geschmack und überlegte ge- rade, was den Abend so schön gemacht hatte, als alles schief zu gehen begann.
„Miss Carlisle, Sie sagten gerade, Hawkscliffe sei der Her- zogtitel, aber wie war doch gleich der Familienname von Lady Jacinda?“, fragte Devlin, als der Diener den Kaffee brachte und ihn auf einem schimmernden Silbertablett anbot. „War er Knight?“
„Ja.“
„Ich werde verrückt. Ich wusste doch, dass mir das vertraut vorkam.“ Mit einem strahlenden Lächeln sank er im Stuhl zurück. „Ich bin mit ihrem Bruder zusammen zur Schule ge- gangen.“
„Mit welchem?“ Diese unerwartete Entwicklung der Dinge machte Lizzie ein wenig unsicher. „Sie hat fünf.“
„Alec“, erklärte er und lachte dann plötzlich laut auf. „Ja, natürlich, Lord Alec oder besser gesagt Alexander der Große, wie er damals unbedingt genannt werden wollte.“
„Oh ja, das sieht ihm ähnlich“, stieß Lizzie schwach her- vor, aber sie hatte das Gefühl, als hätte ihr gerade jemand ei- nen Schlag in den Magen versetzt. Himmel, das konnte doch nicht wahr sein – sie waren Freunde!
Aber natürlich waren sie das. Alec kannte jeden, und die beiden waren gleich alt. Devlin wirkte nur älter, weil er schon weit in der Welt herumgekommen war und viel erlebt hatte, während Alec in London geblieben war, Karten gespielt und Herzen gebrochen hatte. Rasch senkte Lizzie den Blick, um ihren Schock zu verbergen.
Lord Alec Knight. Der Bruder ihrer besten Freundin, den sie angebetet hatte, seit sie neun Jahre alt gewesen war. Der eine, von dem sie immer geträumt hatte, dass sie ihn eines Tages heiraten würde. Ihr blauäugiger Liebling, der ihre le- benslange Ergebenheit damit beantwortet hatte, dass er sie letzten Sommer auf die kälteste Art und Weise zurückgewie- sen hatte.
„Himmel, was für Blödsinn haben wir immer gemeinsam angestellt“, erinnerte sich Devlin vergnügt, aber Lizzie hörte seine nostalgischen Ausführungen kaum.
Ihr Herz hatte heftig zu schlagen begonnen, und in dem Moment, wo der Name ihres früheren Idols gefallen war, hat- te sie bitteren Schmerz empfunden. Das vorzügliche Essen
schmeckte auf einmal schal, und all die Euphorie, die sie den ganzen Abend über empfunden hatte, kam ihr jetzt wie Hohn vor. Himmel, was tue ich hier eigentlich?
Idiotin! Wollte sie denselben Fehler noch einmal begehen? War sie denn verrückt geworden?
„Wir haben uns in Eton sehr gut verstanden – und in Ox- ford, ehe ich da ausgestiegen bin. Na so was. Ich habe ihn seit Jahren nicht mehr gesehen. Wie geht es dem Kerl denn?“
Zitternd hob Lizzie den Kopf und sah Devlin an. Ihr Kopf war plötzlich wie leer gefegt. Ihr fiel nicht ein Wort ein, das sie ihm hätte sagen können.
Alec. Als sie an sein sonniges Lächeln und die saphirblau- en Augen dachte, zog sich ihr das Herz zusammen, aber sie hatte keine Tränen mehr übrig. Alecs größte Liebe war das Spiel, das hatte sie auf sehr schmerzliche Art und Weise ler- nen müssen. Er besaß die Schönheit eines gefallenen Engels und hatte damit letzten Sommer seine Spielschulden be- zahlt. Er hatte sich als Bettgenosse an eine reiche Baronesse verkauft, damit er weiterspielen konnte. Es war damals das Gesprächsthema der Saison gewesen, wie der Schlimms- te aller Londoner Schurken sich als Spielzeug der reichen Lady Campion verdingt hatte.
Nur ein Alec Knight konnte aus so einer Sache unbescha- det
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