Gaelen Foley - Knight 05 - Rache im Blut
nach dem Trost, den sie ihm spenden könnte, aber er zog es vor, den Blick abzuwenden und ihr steif seine Hand zu entziehen. Er hatte noch eine endlose Reihe an Trauergäs- ten vor sich.
Mit verständnisvollem Nicken folgte sie seinem Blick auf die Trauergäste. „Wir reden später, ja?“, murmelte sie und strich ihm leicht über den Arm, um ein Lächeln von ihm zu bekommen. „Ich lade dich zu einem Tee in einem Café am Russell Square ein, das ich kenne.“
„Nein ... Miss Carlisle“, stieß er hervor und sah über ihren Kopf hinweg auf die Menge. „Ich fürchte, das wird nicht mög- lich sein.“
„Warum nicht?“
Er brachte es nicht über sich zu antworten. „Wir können einander nicht mehr sehen.“
„Aber du hast doch gesagt, wenn ich mal nach London kä- me ...“, begann sie, überrascht und verletzt.
Er sah sie nur an.
Ernst erwiderte sie seinen Blick. Dann schüttelte sie betont den Kopf. „Tu das nicht, Devlin. Es ist nicht die Zeit, um deine Freunde fortzustoßen. Du solltest jetzt nicht alleine sein ...“
„Ich bin daran gewöhnt.“
„Aus dir spricht nur der Schmerz, Liebster, und ich verspre- che dir, dass er vorübergehen wird. Es ist in Ordnung, sich auf diejenigen zu stützen, die dich mögen. Ich bin für dich da. Wenn du mich brauchst, schick einfach nach mir, ich bin im Knight House ...“
„Ich brauche dich nicht“, flüsterte er schroff und ergriff ihren Arm. Kurz zog er sie zu sich, um sie voll ärgerlicher Ver- zweiflung anzusehen. „Verstehst du nicht? Ich brauche nie- manden. Bitte geh weg.“
In ihren unschuldigen Augen stand verletztes Staunen, und Dev sah, dass seine Schärfe sie erschreckt hatte. Als sie ein kaum hörbares „Es tut mir Leid“ hervorstieß, ließ Dev sie hilflos los und wandte sich ab, während er voller Selbsthass die Zähne aufeinander biss. Es gab natürlich nichts, was ihr
Leid tun müsste, aber das konnte er ihr nicht sagen, weil er dann vielleicht doch schwach werden würde.
Die ungeduldige Menge drängte jetzt weiter, und Lizzie wurde zur Seite abgedrängt wie ein Stück Treibholz, das die Strömung davonträgt.
„Unser Beileid, Lord Strathmore.“ Eine Dame in einem großen schwarzen Hut umfasste jetzt höflich seine Hand.
„Danke, dass Sie gekommen sind, Mylady“, sagte Dev wie ein Automat.
„Wir werden Ihre Ladyschaft sehr vermissen.“
„Sie sind sehr freundlich. Aber gehen Sie doch hinein und setzen Sie sich, dass Sie aus dem Regen kommen.“ Damit wandte er sich dem Nächsten in der Reihe zu und wieder- holte das Ritual. Doch als die Menge Dev und Lizzie immer weiter voneinander trennte, warf er ihr noch einmal einen verlangenden Blick zu.
Sie stand immer noch still da, sah ihn an und wirkte jung, verloren und sehr zerbrechlich. Dann wandte sie sich plötz- lich ab, die Hand an den Mund gedrückt, und ging davon.
Dev sah ihr nach, wie sie verschwand, und schloss die Au- gen in größtem Kummer.
Er war sich wohl bewusst, dass alle Trauergäste nur gekom- men waren, weil es sich so gehörte, und als er aufblickte, sah er Lizzie durch die Menge davonrennen, wobei sie immer wie- der Leute anrempelte, als wenn sie nicht sehen könnte, wo- hin sie lief.
Nun, sagte er sich, das war es dann.
Und es war sicher das Beste so. Liebe bedeutet Schmerz. Lizzie Carlisle war ihm zu sehr unter die Haut gegangen. Es war das einzig Vernünftige gewesen, sie wegzujagen, ehe ihre Sanftmut ihn in die Knie zwang.
„Wer war denn die Kleine?“, murmelte Quint, der sein Ziga- rillo wegwarf und an Devs Seite geschlendert kam.
Dev konnte sich gerade noch beherrschen, dem Vorsitzen- den des Horse and Chariot Clubs keinen bösen Blick zuzuwer- fen. „Das war niemand.“
„Ah, Kopf hoch, Junge. Die halbe Million, die Sie gerade geerbt haben, kann Ihnen jede Menge Niemands kaufen, die Sie in Ihrem Kummer trösten.“ Quint schlug ihm auf den Rü- cken und ging dann in Richtung der Abtei.
Dev warf seinen sogenannten Freunden einen wachsamen
Blick zu. Der große, vulgäre Quint trug nicht alleine die Schuld daran, dass er dachte, Devs Tante hätte ihm nichts bedeutet, er hätte es nur auf ihr Geld abgesehen und würde seine Trauer jetzt nur spielen. Familienangelegenheiten wa- ren für alle Männer im Horse and Chariot Club nur eine läs- tige Pflicht.
Als Quint zu Carstairs und den anderen zurückgekehrte, warf Dev noch einen langen Blick in die Richtung, in die Lizzie verschwunden war. Sie war weg. Die Erkenntnis ver- störte ihn, aber
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