Gaelen Foley - Knight 05 - Rache im Blut
Wärme.
Lizzie lächelte den stattlichen großen Mann mit den sauber rasierten Koteletten freundlich an. „Schon gut, Mr. Walsh, ich bin in der Lage, mir selbst die Tür zu öffnen. Wo sind denn alle?“
Er nahm ihr den Mantel ab. „Ihre Gnaden ist mit Lady Winterley und ...“
„Tante Lizzie!“, rief eine hohe Stimme.
„Harry!“ Sie lächelte, als der Fünfjährige auf sie zugerannt kam, und breitete die Arme aus.
Die fünf wunderbaren Kinder, die der Knight-Clan bisher produziert hatte, kamen herbeigerannt und umschwärmten sie, wobei Harry fest entschlossen war, alle Aufmerksamkeit alleine zu bekommen, während der kleine Bobby mit herri- scher Beharrlichkeit an ihrem Rock zupfte, als wenn er schon wüsste, dass er eines Tages einer der mächtigsten Männer in England sein würde.
Luciens Tochter Pippa ließ sich zu Lizzies Füßen nieder und quietschte ohne ersichtlichen Grund fröhlich los, wäh- rend Damiens einjährige Zwillinge in rasantem Tempo auf sie zugekrabbelt kamen, Edward ein kleines Stück vor And- rew.
„Geht allesamt weg von der Tür, da zieht es“, protestierte Lizzie, aber sie schaffte es nur, ein paar Schritte weiter in die Halle zu gehen, ehe die Kinder sie dazu brachten, sich zu ih- nen auf den Boden zu hocken.
Mit Babys zu ihren Füßen und Kleinkindern am Hals, wäh- rend Harry einen Monolog über das Pony hielt, das er im Herbst bekommen sollte, war Lizzie wieder glücklich. Wie sie diese Kinder liebte! Selig spielte sie mit ihnen und dachte nicht mehr an ihre eigenen Sorgen. Die Mütter Bel, Miranda
und Alice wunderten sich vielleicht, wo ihre Kleinen hinge- laufen waren, während die Kindermädchen im Gegenzug si- cher froh waren, mal eine Pause zu haben.
Die eine Person, mit deren Erscheinen Lizzie nicht gerech- net hatte, war Alec.
Die Haustür ging auf, und schon kam er mit großen, selbst- bewussten Schritten herein, die Wangen gerötet, das Haar zerzaust und so schön wie ein gefallener Engel, den der Wind ins Haus geweht hatte. Als Alec Lizzie entdeckte, erstarrte er und blinzelte kurz, aber dann schloss er angesichts der Kin- der schnell die Tür.
Während Mr. Walsh Alec den Mantel abnahm, betrachtete der das Bild von Lizzie inmitten einer Schar von Kindern, und beide sahen sie für einen Moment die Zukunft vor sich, wie sie hätte sein können, wenn sie beide nicht alles unwi- derruflich kaputtgemacht hätten. Seit Jacindas Hochzeit letzten Sommer hatten sie einander nicht mehr gesehen, und privat hatten sie schon viel länger kein Wort mehr ge- wechselt.
Harry unterbrach als Erster das lastende Schweigen. „On- kel Alec!“ Der Junge stürzte sich auf seinen Lieblingsonkel. „Lass mich an den Füßen baumeln, ja? Bitte!“
„Das reicht, jetzt bist du erledigt!“, reagierte Alec prompt, bückte sich, griff den Jungen und hob ihn an den Knöcheln in die Luft.
Harry jauchzte. „Jetzt noch schaukeln!“
„Entschuldige uns bitte“, wandte sich Alec höflich an Liz- zie und schwang dann Harry hin und her, während er sich auf den Weg zum Wohnzimmer machte. Kurz vor der Tür setzte er das Kind sanft auf einen gepolsterten Stuhl und piekte ihm freundlich mit dem Finger in den Bauch. „Sitzen bleiben!“
Im Nu war Harry auf den Beinen und hetzte lachend hinter Alec her. „Mehr, mehr!“
„Jetzt ist er völlig aufgedreht. Harry“, schalt Lizzie milde.
„Pippa!“, rief Alec da und sah erschrocken über Lizzie hin- weg.
Lizzie drehte sich überrascht um und sah, wie Alec losrann- te und seine kleine Nichte daran hinderte, weiter ihre Künste beim Treppensteigen zu demonstrieren. Lizzie keuchte auf, weil sie so wenig aufgepasst hatte, aber Alec sammelte den Winzling schon von der Stufe. „Hallo, Süße, wo willst du
denn hin?“ Alec gab dem Baby einen Kuss auf den Kopf und drückte es dann erstaunlich sanft an seine Brust, während Harry ihm auf den Rücken sprang und sich dort festklam- merte.
Alec spielte eine Weile mit ihnen, aber Lizzie ließ sich da- durch nicht erweichen, auch wenn sie immer schon seine Art gemocht hatte, wie er mit Kindern umging. Die Welt draußen sah den Anführer, den Gewinner, den Frauenhelden, den Bru- der Leichtfuß, der alles auf eine Karte setzte und auch der ge- fährlichsten Wette nicht aus dem Weg ging, aber das war im Großen und Ganzen alles nur Fassade. Sein leiblicher Vater war schließlich Schauspieler bei der Shakespeare-Gesell- schaft gewesen, einer der acht Liebhaber der skandalösen Herzogin. Alec war
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