Gaelen Foley - Knight 05 - Rache im Blut
Wiedersehen.“
„Werden wir einander denn Wiedersehen, Devlin?“ Fra- gend sah sie in seine blaugrünen Augen.
„Oh, das halte ich für sehr wahrscheinlich“, erwiderte er, umfasste noch einmal ihr Gesicht und küsste sie zum Ab- schied sehr zärtlich auf den Mund.
Lizzie schlang ihm die Arme um den Hals und wollte ihn
am liebsten nicht mehr gehen lassen, aber sie wusste sehr gut, dass sie einen Adeligen wie ihn nicht halten konnte und auch nie halten würde. Lass ihn gehen. Am besten nahm sie diese Nacht einfach als das, was sie war – das Zusammen- treffen von zwei einsamen Menschen in einer kalten Winter- nacht, um etwas Wärme zu finden. Widerstrebend ließ sie ihn los. Noch einmal küsste er lange und zärtlich ihren Mundwin- kel, dann gab er sie frei und stand auf.
In der Tür blieb er noch einmal stehen und sah zu ihr zu- rück. „Bedauerst du es?“
„Ich bedauere gar nichts“, erwiderte sie und nickte ihm zu.
Da warf er ihr noch einen Handkuss zu und schlich sich dann so leise aus dem Zimmer, wie er gekommen war, und nur das Heulen des Windes war noch zu hören.
Lizzie lauschte so lange, bis sie nichts mehr hören konn- te, und drehte sich dann mit einem kleinen Lächeln auf die Seite, auch wenn ihr Herz schmerzte. Arrivederci, Mylord, dachte sie.
Auf Wiedersehen.
8. Kapitel
Sechs Wochen später
Gib dem Teufel, was dem Teufel zusteht Sprichwort aus dem 16. Jahrhundert
Die Glocken der Kathedrale hallten weit über die Dächer Londons und scheuchten Schwärme von Tauben auf, die sich erschreckt in den Himmel schraubten, die Federn vom Ruß der Schornsteine verdreckt. Ein grauer Märzregen trom- melte auf die schwarzen Kutschen und vielen Regenschirme, die auf dem Weg nach Whitehall waren, und fiel auf die selt- sam schweigende Menge der rund zweitausend Trauergäste und die zahllosen Zuschauer, die sich für die Beerdigung der Herzoginnenwitwe Viscountess Strathmore an diesem Tage zusammengefunden hatten.
Ein paar Polizisten waren vor Ort, um den Weg zur Kathed- rale freizuhalten. Am Kopf des Trauerzuges zogen sechs pech- schwarze Pferde mit Federn auf den Köpfen und mit roten Decken, die das Wappen der Strathmores trugen, einen Lei- chenwagen. Dahinter gingen drei Musiker: Ein Dudelsack- spieler in einem Kilt, der im Moment nicht spielte, und zwei Trommler, die einen leisen, dumpfen Rhythmus auf ihren Ins- trumenten schlugen.
Jede adelige Familie des Königreichs hatte ein Familienmit- glied entsandt, um der alten Lady Ironside ihren Respekt zu erweisen. Der lange Trauerzug, der sich nur langsam bewegte, reichte fast bis zum Trafalgar Square zurück. Auf jeder statt- lichen Kutsche glänzte ein anderes Wappen, und alle Wagen waren aus dem Anlass mit schwarzem Stoff drapiert. Nur ab und zu erklangen Stimmen – überwiegend hörte man das Klappern der Hufe und das Knarren der Kutschenräder und über allem den tiefen Klang der Glocken.
Lizzie mühte sich zu Fuß durch die dichte Menge und ver- suchte, Devlin zu finden, während ihr die letzte Bitte seiner Tante in den Ohren klang: „Werden Sie ab und zu nach ihm sehen, wenn ich nicht mehr bin?“
Die alte Dame war vor vierzehn Tagen gestorben. Einen Monat nach Devlins Besuch war sie in der Nacht friedlich entschlafen. Mrs. Rowland hatte sie morgens gefunden und sofort Dr. Bell gerufen, aber er hatte nichts mehr tun können. Lizzie hatte Devlin die traurige Nachricht in einem tränen- verschmierten Briefchen mitgeteilt.
Die älteren Bediensteten hatten den Leichnam der alten Dame liebevoll gewaschen und hergerichtet und dann in einen Eichenkasten gelegt, der gut in den vornehmen wei- ßen Sarg passte, in dem sie zur letzten Ruhe gebettet werden sollte. Der wurde dann nach London gebracht, wo er in der Gruft in Westminster Abbey neben ihrem Mann beigesetzt werden sollte, der sich dieses Privileg durch einen lange ver- gessenen Dienst, den er dem König erwiesen hatte, verdient hatte. Lizzie hatte all ihre Tränen um die alte Dame in der Villa in Bath vergossen, aber sie war der festen Überzeugung, dass Lady Strathmore jetzt an einem besseren Ort weilte. Ihr Kummer galt nun Devlin.
„Er hat sonst niemanden ...“
Auch wenn sie die Bitte der alten Dame damals nicht er-
füllen wollte, konnte sie sich dem, was ihr eigenes Herz ihr sagte, nicht entziehen. Sie hatte ununterbrochen an Devlin gedacht, auch wenn sie ihn seit der Nacht ihrer sinnlichen Freuden nicht wiedergesehen hatte. Alles, was jetzt zählte, war, ihn zu finden. Sie
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