Gaelen Foley - Knight 05 - Rache im Blut
schienen zur Mittelklasse zu gehören, denn ihnen fehlte die kühle Arro- ganz, die der einzige Adelige hier verströmte.
Devlin schlenderte jetzt durch den Raum und setzte sich auf einen Stuhl neben Mr. Beechams am Kopf des Tisches. Dabei nickte er Lizzie mit einem wachsamen Blick zu.
Mr. Beecham bedeutete dem Sekretär, die Tür zu schließen. Dann setzte er sich und verbrachte einige Zeit damit, seine Papiere zu ordnen. In dem Moment, in dem die Uhr neun schlug, sah er auf, wartete bis Ruhe einkehrte, räusperte sich und erklärte das Treffen für eröffnet.
Lizzie setzte sich aufrecht hin und konzentrierte sich de- monstrativ auf den Anwalt, aber innerlich nahm sie nur Devlin wahr. Er wirkte in sich gekehrt, und sie spürte förm- lich seine stählerne Verteidigungsmauer, die alle anderen
ausschloss. Mit verschränkten Armen saß er da, und sein Ge- sicht war verschlossen und von Sorgenfalten gezeichnet. Ob er nicht genügend aß? Lizzie fiel auf, dass seine Wangenkno- chen scharf hervortraten, als wenn er ein paar Pfund abge- nommen hätte. Bei seinem Appetit war das ein schlechtes Zei- chen. Brütend saß er da und wirkte ganz und gar nicht wie ein Mann, der gleich eine halbe Million Pfund erben würde.
„Meine Damen und Herren, ich danke Ihnen, dass Sie ge- kommen sind“, begann Mr. Beecham. „Heute gedenken wir einer großen Dame, die in unserer Erinnerung noch lange weiterleben wird, Augusta Kimball, achte Lady Strathmore. Falls es keine Fragen gibt, werde ich ihr Testament jetzt ver- lesen.“ Mr. Beecham warf einen Blick in die Runde, aber nie- mand sagte etwas, so dass er nickte und dann fortfuhr. „Wir werden mit Myladys wohltätigen Stiftungen beginnen, dann kommen die Bediensteten und schließlich die Verwandten.“ Der Anwalt ergriff einen Aktenordner. Während er begann, verschiedene Schenkungen an die Kirche, das Armenhaus, das ihr Vater für Stahlarbeiter gegründet hatte, und für eine Kunstgalerie in Bath zu verlesen, sah Lizzie Devlin an und entdeckte, dass sein kühler Blick auf sie gerichtet war.
Das Verlangen, das sie in seinen Augen sah, nahm ihr den Atem, und für einen Moment hörten sie beide nichts von dem, was im Raum vorging. Wie ein Blitzschlag packte sie die Erre- gung, gegen die er ganz offensichtlich ankämpfte. Er lächelte sie nicht einmal an. Es war, als würde er absichtlich sein Herz ihr gegenüber verhärten und damit das Band, das zwischen ihnen bestand, leugnen.
Fragend sah Lizzie in seine klaren, grünblauen Augen. Wenn er trauerte, warum bat er sie dann nicht um Hilfe? Wa- rum stieß er sie weg?
Jetzt senkte er die Lider und wandte sich ab, um wieder Mr. Beechams monotoner Stimme zuzuhören.
Erschüttert von seiner neuerlichen Kälte wandte auch Lizzie den Blick ab. Was hatte sie denn getan, um so behan- delt zu werden?
„Lady Strathmore hat hundert Pfund für ihren geschätzten Arzt Andrew Bell als Zeichen ihrer Dankbarkeit hinterlas- sen. Ebenso gehen einhundert Pfund an Charles Beecham – mich selbst“, ergänzte Mr. Beecham und errötete leicht, „als Dank für viele Jahre loyalen Dienstes. Sehr aufmerksam“,
murmelte er. „Von Mrs. Rowlands zwölf Enkeln erhält jedes hundertfünfzig Pfund.“
Dev und Lizzie sahen einander erschreckt an – die Kinder aus dem Stall!
Mr. Beecham fuhr fort, die Erbschaft von Cousins und Cou- sinen zu verlesen, ehe er die Papiere sinken ließ und alle der Reihe nach ansah. „Wir kommen jetzt zu Lady Strathmores Verfügung ihr Vermögen betreffend.“
„Sie müssen etwas ausgelassen haben, Charles“, unter- brach ihn Devlins tiefe Stimme da. „Im letzten Abschnitt muss es eine Schenkung an Miss Carlisle gegeben haben.“
„Äh ... dazu kommen wir noch, Sir.“
Devlin hob eine Braue und lehnte sich zurück.
Lizzie spürte, dass die Cousins sie arrogant ansahen, küm- merte sich aber nicht darum, so sehr verwunderte sie Devlins Sorge, dass sie leer ausgehen könnte.
„Ähem“, fuhr Mr. Beecham fort und hüstelte leise, ehe er ein zweites Blatt Papier hervorzog. „Im Februar hat Lady Strathmore nur wenige Wochen vor ihrem Tod ihr Testament geändert. Ich habe die Echtheit ihrer Unterschrift sowie die der Zeugen bestätigt.“ Er nickte den beiden alten, treuen Dienerinnen zu und schluckte dann. „Ich werde jetzt die letzte Verfügung Lady Strathmores verlesen, wie sie es in der Nacht des zwölften Februars bestimmt hat.“
Devlin ruckte unsicher in seinem Stuhl herum und ließ den Anwalt nicht aus den
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