Gaelen Foley - Knight 06
Parfüms.
Niemand in dieser Welt war wirklich unschuldig. Warum soll- te es ihn also interessieren, dass seine Freunde sie ansahen, als wären sie kaum zuvor einem weiblichen Wesen begegnet?
Dann verlor er die Geduld mit ihnen – und mit sich selbst. „Würde einer von euch das Mädchen jetzt wecken, oder wollen wir die ganze Nacht lang hier stehen und sie uns ansehen?“
„Er hat recht. Wir müssen hineingehen. Ich werde meinen Butler dafür bestrafen, dass er dieses süße Geschöpf hier hat warten lassen“, meinte Drax. „Wir sollten beten, dass sie sich nicht den Tod geholt hat.“
„Das wäre wirklich ein Unglück“, stimmte Rush zu. „Verlo- ckendes kleines Ding, nicht wahr?“
„Schwer zu sagen, unter all dem Schmutz“, meinte Alec.
Rush grinste. „Vielleicht sollten wir sie baden.“
„Dabei solltest du ihre Kleider verbrennen, sie riechen sehr scheußlich“, meinte Drax und rümpfte seine lange, gerade Nase.
„Ja, wir werden sie in seidene Laken hüllen.“ Rush bückte sich, um ihr Haar zu berühren, und etwas in Alec zog sich zu- sammen.
Er runzelte die Stirn. „Warum gibst du ihr nicht gleich ein Zimmer?“
Alle drehten sich um, überrascht von seinem scharfen Ton.
„Ihr werdet sie erschrecken, wenn sie aufwacht und drei Männer erblickt, die sie lauernd betrachten“, erklärte er abmil- dernd.
„Wir wollen das Mädchen nicht erschrecken“, meinte Rush.
„Was Frauen betrifft, hat Alec immer recht“, erinnerte ihn Fort.
„Ja, überlass das lieber mir, Rush, alter Junge. Du bist ein verdammter Elefant im Porzellanladen.“ Behutsam berührte Drax die zarte Schulter der Schlafenden. „Miss? Hallo, Miss?“ Er schüttelte sie nun ein wenig. „Aufwachen, meine Liebe.“
Gegen seinen Willen sah Alec zu, wie sie die Lider öffnete. Be- zauberndes Geschöpf, ja, das musste er einräumen.
In der Art, wie sie müde die Augen aufschlug, lag etwas Ver- letzliches. Sie bewegte den Kopf, ein wenig auch die Lippen – dann riss sie auf einmal die Augen regelrecht auf. Sie waren
strahlend blau, violett beinahe, im Schein der Laterne gleich- sam Edelsteine.
„Guten Morgen“, begrüßte Rush sie leise.
Ihre schönen Augen wurden noch größer.
Beim Anblick seiner Freunde, die sich um sie scharten, richte- te sich die junge Frau mit einem leisen Aufschrei auf, offensicht- lich noch benommen und vom Schlaf verwirrt. Sofort rückte sie an die Wand, und ein verängstigter Ausdruck erschien auf ihrem Gesicht.
Alle drei lachten, aber Alec wusste, dass sie sich fürchtete, halb verschlafen wie sie war und ohne zu verstehen, was hier vor sich ging. Er wusste, er sollte etwas sagen, aber er woll- te nichts damit zu tun haben. Schon gar nicht, wenn ihr mit- leiderregender Anblick ihm ein Gefühl des Unwohlseins in der Magengegend bescherte. Gelangweilt wollte er sich abwenden, aber er stellte fest, dass ihm das nicht gelang. Stattdessen sah er sie mit wachsendem Verlangen an und zählte die Tage, die vergangen waren, seit er das letzte Mal das Bett mit einer Frau geteilt hatte. Dann seufzte er.
So viel zu seinem Versuch, ein besserer Mensch zu sein.
Als die Müdigkeit von ihr wich und sie wieder klar denken konnte, fand Becky sich umstellt von drei großen, fremden Män- nern, die sich in der Dunkelheit über sie beugten. Ihre gut ge- schnittenen Gesichter wurden im flackernden Licht der Laterne zu lüsternen, lauernden Masken wie die Gesichter von Gargoy- les, den wasserspeienden Dämonen.
Sie rochen nach Alkohol, und obwohl ihre Sprache kultiviert war, hatte sie Angst vor ihren zudringlichen Blicken und dem erwartungsvollen Lächeln. Sie wusste sofort, was sie wollten. Denselben Ausdruck hatte sie schon früher gesehen – in Mi- chails kalten grauen Augen.
Noch klang ihr die Drohung ihres Cousins in den Ohren, ihr Gewalt anzutun, und Erinnerungsfetzen an dunkle, brutale Träume gingen ihr im Kopf herum, sodass sie sich noch fester mit dem Rücken an die Wand presste, während ihr Herz hef- tig schlug. „Lassen Sie mich in Ruhe. Ich habe nichts Böses getan.“
„Natürlich nicht, Liebes“, meinte der schlanke Gentleman un- mittelbar vor ihr. Er besaß eisblaue Augen und kurzes, hellblon-
des Haar, das einen rötlichen Schimmer hatte. „Keine Angst. Ich bin Lord Draxinger, und dies sind meine Freunde.“ Er reichte ihr eine schlanke, blasse Hand. „Ich nehme an, du willst mit hi- neinkommen?“
Sie beobachtete ihn aufmerksam und wollte weder seinem höflichen Benehmen noch
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