Gaelen Foley - Knight 06
kaum beschützen. Tatsächlich waren sie schon längst schlafen gegangen.
Da war es wieder! Sie bildete es sich nicht ein. Ein knacken- des Geräusch, als würde jemand durchs Gebüsch schleichen. Sie erbleichte und blies rasch die Kerze aus, um sich in der Dunkel- heit zu verstecken.
Zuvor nahm sie leise die lange, schwere Pistole aus der schma- len Lade eines Schranks. Alec hatte die Waffe vor einiger Zeit geladen, damit sie sich während seiner Abwesenheit sicherer fühlen konnte. Nicht im Traum hatte sie daran gedacht, in eine Situation zu kommen, in der sie sie wirklich benutzen müsste.
Zum Glück wusste sie mit einer Pistole umzugehen. Der freundliche Wildhüter von Talbot Old Hall hatte sie mitgenom- men, als die Dorf jungen ihn angefleht hatten, ihnen das Schie- ßen beizubringen. Am Ende hatte sie es verabscheut, nachdem sie gesehen hatte, was diese Waffen den armen kleinen Vögeln und Kaninchen antun konnten. Aber dies hier war etwas ande- res. Wenn sie in die Ecke gedrängt wurde, würde sie sich ohne zu zögern verteidigen.
Leise schlich sie ans offene Fenster, die Waffe in beiden Hän- den, den Lauf zur Decke gerichtet. Vater wäre stolz auf mich,
dachte sie, als sie sich neben dem Fenster mit dem Rücken zur Wand stellte und sich konzentrierte. Dann sprang sie vor, riss den Vorhang zur Seite und zielte hinaus.
Niemand zu sehen.
Sie sah sich um, die Waffe auf die Umgebung gerichtet. Alles war ruhig – bis sie die große schwarze Gestalt an der Vordersei- te der Villa entlanglaufen und schließlich um die Ecke biegen sah.
Ein kalter Schauer überlief sie. Plötzlich fiel ihr die Küchen- tür ein, die zum Garten auf der Rückseite des Hauses hinaus- führte. Hatte sie sie abgeschlossen?
Ich weiß es nicht mehr.
Eine Person hatte sie beobachtet, aber es konnten auch meh- rere sein. Es gab keine andere Möglichkeit, sich und die Vil- la der Knights zu verteidigen, als sich zur Küche zu begeben. Wenn der Eindringling durch die Hintertür kam, konnte sie ihn überraschen.
Sie kauerte sich unter das Küchenfenster und lauschte.
Jemand war da draußen. Sie hörte Bewegungen, Atemgeräu- sche. Jeder einigermaßen kräftige Mann konnte die hohe Gar- tenmauer übersteigen. Sie schluckte, und ihr Herz raste. Oh, Alec, wenn du doch nur hier wärst!
So eine Dreistigkeit! Sie hörte, wie der Störenfried den Tür- knopf ergriff und versuchte, ihn zu drehen.
Verdammt! Vorhin war sie sicher gewesen, mindestens drei- mal abgeschlossen zu haben. Aber war sie zwischenzeitlich nicht wieder draußen gewesen, um frische Luft zu schnappen, weil es heute im Haus besonders warm und stickig war?
Becky bewegte sich lautlos durch die Dunkelheit, hob die Waffe und versperrte dem Einbrecher den Weg, die Pistole di- rekt auf sein Herz gerichtet. „Keine Bewegung, sonst schieße ich!“
„Verdammt – nicht abfeuern!“ Der große, breitschultrige Mann hob beide Hände. „Ich bin unbewaffnet.“
Die Stimme kam ihr entfernt bekannt vor.
„Wer ist da?“, fragte sie und griff nach einem Kerzenleuchter, den sie an der Seite eines Küchenschranks auf den Boden ge- stellt hatte. Dann schrie sie auf, als sie ihn erkannte – und das- selbe tat der Eindringling.
„Sie?“, rief der schwarzhaarige Mann aus und sah sie aus zu-
sammengekniffenen Augen an. Lord Rushford erbleichte. „Um meiner Familie willen – bitte nicht!“
Becky starrte ihn spöttisch an. „Ich freue mich auch, Sie wie- derzusehen, Mylord.“
„Sie sind es doch, oder? So etwas! Das kleine Ding von Draxin- gers Türschwelle? Und so viel besser sieht es jetzt aus ...“
Rushford ließ seinen Blick über ihren Körper schweifen und wurde ernst, als Becky den Abzug ihrer Pistole spannte. Ganz plötzlich erinnerte er sich seiner guten Erziehung. „Tut mir leid.“
„Gleich wird Alec zurückkommen“, erwiderte sie kühl. „Sie dürfen mich Miss Ward nennen.“ Vorsichtig senkte sie die Waffe. „Warum, zum Teufel, schleichen Sie so ums Haus?“
„Nur so. Ich habe Knight gesucht“, versuchte er sich zu ver- teidigen.
„Unsinn. Warum kommen Sie nicht zur Vordertür herein? Wol- len Sie sich umbringen? Was suchen Sie hier um diese Zeit?“
„Was ich hier suche? Was suchen Sie hier?“, rief er aus.
„Was glauben Sie?“, erwiderte sie.
„Oh! Sie und Knight sind also ...“
Sie zog die Brauen hoch und wartete ab.
„Zusammen?“, schloss er vorsichtig.
„So etwas Ähnliches.“
Rushford hielt einen Moment inne. „Darf ich bitte
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