Gaelen Foley - Knight 06
zu. „Kosaken? Hier?“
Ihr Vater nickte. „Ja, vier von ihnen. Einer an jeder Seite mei- nes Hauses.“
Nelyudow ging zur Tür und zog ein langes, geschwungenes und sehr gefährlich aussehendes Messer hervor. „Ich werde das mit ihnen klären.“
„Allein?“, fragte Parthenia, als der Agent des Zaren hinaus- schlüpfte.
„Diesem Burschen sollte man wohl nicht in die Quere kom- men, was?“, sagte Westland leise.
„Nelyudow“, sagte Lieven leise, „ist der Beste, den wir ha- ben.“
Das Spiel dauerte bis in die Nacht hinein.
Beide Teams hatten gute Karten, sodass letztlich keines die erforderlichen fünf Punkte Vorsprung erreichte, um zu gewin- nen.
Bei einer Führung von vier Punkten glaubten Drax und Alec sich dem Sieg schon nahe, doch dann fielen sie wieder zurück, wurden von ihren Gegnern eingeholt. Die Länge des Spiels, die Enttäuschung, beinahe zu gewinnen und dann zu sehen, wie ei- nem der Sieg durch die Finger rann, begann Tribut zu fordern. Der Spielstand lautete jetzt hundertdreiundzwanzig zu hun- dertzweiundzwanzig Punkte zugunsten von Kurkow und Colo- nel Tallant. Alec glaubte schon, das Spiel würde niemals enden. Er fürchtete, sein Partner und er würden allmählich demorali- siert werden.
Und er wusste, wenn er nur halb so mitgenommen aussah wie
die anderen, dann würde ihn selbst Eva Campion verschmä- hen.
Er bewegte sich vorsichtig in seinem Sessel, denn das Sitzen schmerzte nach der langen Zeit. Aber am meisten beunruhigte ihn, dass er nach so vielen Stunden Schwierigkeiten hatte, sich zu erinnern, welche Karten bereits gespielt worden waren. Bei jeder neuen Runde hatte er die vorherige noch im Gedächtnis. Sein einziger Trost war, dass die anderen in keiner besseren Ver- fassung waren als er.
Den meisten ihrer Zuschauer ging es noch schlimmer; die zu- vor noch aufgekratzten königlichen Dukes schliefen jetzt auf sämtlichen vergoldeten Möbelstücken in dem großartigen Sa- lon. Andere lagen schnarchend auf dem Boden, mit Kissen unter den Köpfen und dem Persianerteppich als Matratze. Einige hat- ten ein Nickerchen gehalten und waren wieder aufgestanden, um weiter dem Spiel zuzuschauen.
Alec hatte von Tee zu Kaffee gewechselt, in der Hoffnung, so besser und klarer denken zu können.
Und dann geschah gegen fünf Uhr morgens, nachdem das Spiel bereits acht Stunden andauerte, etwas Mysteriöses.
Drax mischte, Alec hob ab und reichte die Karten an Kur- kow.
„Sie geben.“
Der Russe gähnte und nahm die Karten.
Alec rieb sich den Nacken, während er wartete, bis Kurkow ihnen allen dreizehn Karten gegeben hatte. Dann nahm Alec sein Blatt auf.
Zuerst dachte er, er hätte eine Halluzination, bedingt durch seine Übermüdung.
Aber obwohl er seine brennenden Augen einen Moment lang geschlossen hielt, veränderte sich die Vision nicht.
Heilige Muttergottes, dachte er und verbarg dann schnell sei- ne Ungläubigkeit. Es schien, als wäre seine frühere Geliebte, die Dame Fortuna, ein letztes Mal zurückgekehrt.
Kurkow hatte Alec gerade das Blatt seines Lebens gegeben. Wieder war Herz Trumpf, und Alec hatte nicht weniger als sieben davon, darunter Dame, König und Ass. Er hatte auch drei hohe Karos, Bube, Dame und Ass, außerdem die Acht. Von den anderen Farben hatte er nur jeweils eine, den Kreuz-Buben und eine andere schlechte Karte. Er würde sie ausspielen, und
wenn er seinen Verstand benutzte, würde er das Spiel dominie- ren können.
Sofort begann sein Herz zu klopfen, und neue Kraft durch- strömte seine Adern. Komm schon. Das ist es. Langsam rich- tete er sich in seinem Stuhl auf. Für Becky. Wenn er gewann, musste er Kurkow an diesem Abend nicht umbringen. Später konnte er mit ihm abrechnen – und einer Zukunft mit Becky entgegensehen.
Der Blick, mit dem er Drax bedachte, zeigte dem Freund, dass etwas im Gange war. Er senkte die Lider, um seinen Eifer zu verbergen.
Diesmal ging es ums Ganze.
Da Kurkow gegeben hatte, musste Drax anfangen. Selbstver- ständlich wählte der Earl eine seiner höchsten Karten, um zu eröffnen.
Pik-Ass.
Gut gemacht, dachte Alec.
Tallant warf eine Zwei, und Alec trennte sich von der Pik- Drei, Kurkow warf die Sieben, und die Runde ging an Drax. Alec schenkte ihm ein kurzes Lächeln.
Tallant legte nun Pik hin und glaubte zweifellos, mit dem Kö- nig einen guten Wurf getan zu haben, doch Alec, der kein Pik mehr hatte, blieb nur noch die Möglichkeit, die Trumpffarbe Herz einzusetzen. Bereitwillig ging er das Risiko ein, dass Kur-
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