Gaelen Foley - Knight 06
man sie an, die Kosaken hielten inne in ihren Tätigkei- ten, einige brieten sich über einer Feuerstelle ihr Abendessen, andere reinigten ihre Sättel.
„Spricht jemand hier Englisch?“, fragte sie und zog die Schleppe ihres Reitkleides anmutig hoch. „Na schön. Parlez- vous français?“
Einer der Männer erhob sich. Eva holte tief Luft, als sie den hochgewachsenen Burschen ansah. „Meine Güte.“ So viele Männer, sie hatte viel zu wenig Zeit für sie.
„Ich spreche Französisch“, sagte der Kosakenführer und trocknete seine Hände an einem kleinen Handtuch ab.
„Und Sie sind?“
„Ich bin Sergej, der Sergeant dieser Kompanie. Wie kann ich Ihnen helfen, Mylady? Seine Hoheit ist beim Whistturnier ...“
„Nun, wenn die Gentlemen mich begleiten würden, so werden wir für ihn ein kleines Geschenk holen. Interessiert?“
Sergej sah sie an, und Erregung flackerte in seinen Augen auf. „Sie haben das Mädchen gefunden?“
„Ich weiß vielleicht, wo sie sich befindet.“
Sofort befahl er seinen Männern aufzusitzen. Innerhalb von zehn Minuten waren sie im Sattel und ritten zum Haus der Fa- milie Knight am Strand.
Evas Herz klopfte schneller, als sie neben Sergej das Pferd zügelte. „Hier“, sagte sie leise und deutete mit einer Kopfbewe- gung auf die Villa, in der kein Licht mehr brannte.
„Sind Sie sicher?“
Sie nickte und lächelte wissend.
Sergej rief seinen Männern einen Befehl zu. Sofort saßen sie ab, zogen die Waffen und schlichen auf das Haus zu. Eva blieb zurück und wartete mit angehaltenem Atem.
Im Licht des Mondes sah sie, wie Michails Männer an Fens- tern und Türen rüttelten. Einer kletterte lautlos an einem Ro- senspalier hinauf zum Fenster im zweiten Stock. Von allen Sei-
ten stürmten sie das Haus – und einen Moment lang drohte Eva das Herz stillzustehen, als sie sich fragte, ob sie diesmal zu weit gegangen war.
Plötzlich waren Schüsse zu hören. Jemand schrie, und sie drehte sich erschrocken um. Als Michails Männer in die Villa eindrangen, hielt sie ihr Pferd fest.
„Darf ich bleiben, Vater?“, fragte Parthenia und entzündete er- neut die Kerzen in der Bibliothek, in die Westland Count Lieven und den geheimnisvollen Fremden, den der russische Botschaf- ter mitgebracht hatte, führte.
Der Duke sah Lieven fragend an.
Er nickte und bedeutete Parthenia, Platz zu nehmen. „Ich fürchte, dies betrifft auch Sie, wenn die Gerüchte über Ihre be- vorstehende Verlobung stimmen. Lady Parthenia, Euer Gnaden, gestatten Sie mir, meinen Verbündeten vorzustellen, Alyosha Nelyudow, der gerade letzte Nacht aus St. Petersburg eintraf.“
Man stellte sich einander vor.
Nelyudow war ein gepflegter, bescheiden wirkender Mann von etwa vierzig Jahren mit sehr korrekten Manieren, kurzem, lockigem Haar von rotbrauner Farbe und recht blasser Haut so- wie durchdringenden schwarzen Augen hinter einer Gelehrten- brille. Er entsprach ganz und gar nicht Parthenias Vorstellun- gen von jemandem, der einen Mörder verfolgte, aber genau das, so vermutete sie, war der entscheidende Punkt. Count Lieven bezeichnete Mr. Nelyudow als Geheimagenten des Zaren. Er sprach ein Dutzend Sprachen, war mit den Gesetzen der meis- ten Länder Europas vertraut und mit dem Sonderauftrag nach England geschickt worden, Prinz Michail Kurkow zurückzu- bringen, der, wie er enthüllte, gesucht wurde wegen einer Ver- schwörung, die das Ziel hatte, den Zaren zu stürzen.
Nelyudow stieß sich von der Wand ab, an der er gelehnt hatte, und begann, in der Bibliothek auf und ab zu gehen. Schließlich fing er an zu reden. „Ein Bekannter von mir, Dmitri Maximow, war einer der Ersten, die den Plan aufgedeckt haben. Die Ver- schwörung wurde angezettelt von einigen unserer höchstrangi- gen Offiziere. Ihre Absicht war, den Zaren zu entführen und die eigene Autorität in der Armee zu benutzen, um die Macht an sich zu reißen.“
Bei der bloßen Erwähnung eines solchen Verrats schrie Par-
thenia leise auf.
„Ich fürchte, viele in der Armee verachten den Zaren“, misch- te sich Fürst Lieven entschuldigend ein.
„Als wir begannen, in Russland einige Verdächtige zu ver- haften, kam Kurkows Name ins Spiel. Wie es scheint, benutzte er die Reise nach England und die Annahme seines Erbes als Alibi. Mit Unterstützung Ihrer Regierung haben wir sein Ver- mögen zurückgehalten, um ihn in seinem Tun einzuschränken. Außerdem haben wir Dmitri Maximow geschickt, der Kurkow nach England folgen und heimlich
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