Gaisburger Schlachthof
können dafür, dass Horst gelähmt im Krankenhaus liegt. Deshalb konstruieren Sie eine Mord- und Totschlagsanklage gegen mich mit falschen Zeugen und falschen Indizien.«
Weininger sah aus, als warte er nur darauf, dass ich auseinanderbrach.
»Machen Sie nur so weiter«, sagte ich. »Wie es wirklich war, das wird spätestens bei der Gerichtsverhandlung ans Tageslicht kommen. Denn die Richter können Sie nicht einschüchtern. Als Polizist sind Sie erledigt.«
»So kommen wir nicht weiter, Frau Nerz«, sagte Weininger in einem duldsamen Ton, welcher der Härte seiner grauen Augen völlig widersprach. »Und wissen Sie was? Bei dem schönen Wetter sollten wir wirklich nicht hier sitzen.« Er begann, meine Sachen zusammenzusammeln.
Mir wurde unheimlich. »Ich möchte einem Richter vorgeführt werden. Ich möchte Oberstaatsanwalt Weber sprechen.«
»Was wollen Sie nur immer mit diesem Weber?« Weininger schob die Unterlider in die Augen. »Der ist doch viel zu alt für Sie. Zugegeben, er ist ein attraktiver Mann. Aber haben Sie sich schon mal überlegt, was er nimmt, damit er sich so gut hält?« Weininger rappelte mit der Turboschachtel.
Niemals! Mein Lendenwirbel explodierte. Ich wurde fünf Zentimeter kürzer. Der Aufprall von Wirbel auf Wirbel war fürchterlich.
»Wie kann ein schlaues Mädel wie du …«
Woher diese prallen Vierzigjährigen nur immer die Altherrenrhetorik nahmen?
»… auf einen wie Weber hereinfallen. Ist Geld denn so verführerisch?«
»Ich habe selber Geld!«
»Na dann«, sagte Weininger mit einem Männerlächeln, »dann verstehe ich wirklich nicht, wie du –«
»Duz mich nicht, du Arschloch!« Der Hieb des Samuraischwerts trieb mir das Wasser in die Augen.
»Na, na!« Der Polizist quoll Christoph Weininger aus allen blonden Poren und Falten seines Knitterhemds. Der Geruch von Recht und Rache füllte den Raum. »Im Grunde geht es uns doch um dasselbe. Es stinkt im Schlachthof. Du willst wissen, was da los ist – ich auch. Warum sollen wir uns denn streiten? Wir brauchen Beweise, eindeutige Beweise. Darum geht es.«
Ich begriff nicht.
»Einen Zeugen, Fingerabdrücke, ein Geständnis, das meine ich. Sonst haut Weber dich in die Pfanne. Glaub mir, ich kenne ihn. Er kennt keine Skrupel. Wenn es ihm nützt, lässt er dich im Regen stehen. Ihm geht es immer nur darum, sich selbst reinzuwaschen. Was glaubst du denn, warum er sich in der Akte Schiller mittlerweile besser auskennt als die ermittelnde Staatsanwältin? Warum sitze ich denn hier mit diesem blödsinnigen Haftbefehl vor dir?«
Christoph ließ seine Sätze schweben und stopfte währenddessen meine persönlichen Gegenstände in meine Jackentaschen zurück, sämtlich in die falschen.
Hätte ich noch Rückgrat besessen, hätte ich seinen Verdächtigungen vielleicht etwas entgegensetzen können. Richard hatte nichts von meiner Auseinandersetzung mit Gertrud gewusst, als er mich vorgestern in sein Büro rief, sonst hätte er sie mir vorgehalten. Christoph war damit zu ihm gekommen, nachdem Gertrud mit ihrer Anzeige in die Offensive gegangen war. Es war nicht um Richards Fingerabdrücke gegangen, sondern um mich, und Richard hatte mich einfach fallen lassen.
»Ah, langsam geht dir ein Licht auf«, bemerkte Christoph. »Seit Jahren versuche ich, diesen sauberen Herrn dranzukriegen. Diesmal ist er zu weit gegangen. Er hat Schiller ermordet. Aber wir müssen es ihm halt auch nachweisen. Und das ist ein hartes Stück Arbeit. Ich hoffe nur, wir kommen nicht zu spät!« Christoph richtete den Blick fast verträumt zum Fenster mit Blick auf die Weinberge am Pragsattel. »Weber ist ja nicht blöd. Das ist er wirklich nicht. Wenn so einer merkt, dass alles verloren ist, dann erinnert er sich der alten Wehrmachtspistole seines Vaters im Schreibtisch und entzieht sich der Verantwortung.«
Mein Herz pumpte los. Ich hatte den ganzen Vormittag vergeblich versucht, Richard zu erreichen. Und gestern hatte er sich auch nicht gemeldet.
»Es sind wahrscheinlich seine Fingerabdrücke auf der Haltegabel der Drückbank«, sagte ich unwillkürlich.
Eine unheimliche Logik riss mich mit. Richard konnte sich denken, dass sich Christophs Irrtum mit den Fingerabdrücken in dem Moment aufklären würde, da er mich festnahm. Dann erwachte nicht nur Christophs alte Feindschaft, sondern auch meine neue. Richard hatte mich doch schlichtweg verraten, als er seinen Erzfeind zur Jagd auf mich ermunterte.
Christoph lächelte aufmerksam.
In diesem Moment, das
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