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Gaisburger Schlachthof

Gaisburger Schlachthof

Titel: Gaisburger Schlachthof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Lehmann
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her!«
    Weininger zog das rote Papier aus meiner Reichweite. Danach schnappen konnte ich nicht. Schon jedes Wort, dem ein Atemholen vorausging, fuhr mir wie ein Samuraischwert zwischen die Lendenwirbel.
    »… in der Wangener Straße«, las Weininger weiter vor, »in ihrem Büro in Tötungsabsicht aufgesucht, Teile der Einrichtung, darunter eine Sonnenbank beschädigt und in der Folge Frau Gertrud Fängele selbst geschlagen und gewürgt zu haben.«
    Mir blieb die Spucke weg.
    Weininger lehnte sich zurück. »Wollen Sie sich dazu äußern? Dann könnte ich Sie noch heute Abend dem Ermittlungsrichter vorführen, und Sie könnten wieder springen.«
    »Bei Tötungsabsicht?«
    »Das muss der Richter ja nicht auch so sehen, nicht? Allerdings haben Sie Blutspuren hinterlassen. Eine Auseinandersetzung muss es gegeben haben, daran besteht wohl kein Zweifel. Und Ihr allgemein gewalttätiges Verhalten legt die Vermutung nahe –«
    »Mit dem Argument kommen Sie nicht durch. Die Prügelei mit Horst ist nicht justiziabel. Auch wenn Ihr Interesse noch so groß sein mag, mich dafür verantwortlich zu machen.«
    Weininger lachte gemütlich. »Es kann sogar noch schlimmer kommen. Wir haben Ihre Fingerabdrücke auf der Drückbank identifiziert.«
    »Das kann nicht sein.«
    »Immerhin waren Sie zur Tatzeit am Tatort. Gertrud hat Sie sogar bei der Leiche angetroffen.«
    »Da war Schiller schon eine Weile tot!«
    »Sie könnten versucht haben, irgendwelche Spuren zu verwischen, indem sie neue legen.«
    »Welches Motiv sollte ich denn gehabt haben?«
    Weininger griff nach der Tüte mit meinem Jackentascheninhalt. »Ein Motiv wird sich sicherlich finden. Haben Sie nicht auf Veranlassung Ihrer Freundin Sally Simpson den Schlachthof erstmals aufgesucht? Uns ist bekannt, dass es da zuvor einen Streit zwischen Frau Simpson und Herrn Schiller gegeben hat. Dafür gibt es Zeugen.«
    Weininger schüttete den Inhalt der Tüte auf den Tisch, Geldbeutel, drei Feuerzeuge, ein Kugelschreiber, Sallys Wohnungsschlüssel. Weininger stieß beim Auffalten der Papiere auch auf den Artikel über Rosanna Weber, glättete ihn und legte ihn beiseite. Ich rechnete eilig zurück. Damals musste Weininger blutjunger Streifenpolizist gewesen sein.
    Er griff nach der grünen Schachtel mit den Turbostreifen und schüttelte sie. Die Kapseln klapperten. »Was ist das?«
    »Ich recherchiere für einen größeren Artikel über Doping im Kraftsport.«
    »Soso. Wir haben auch ein wenig recherchiert. Und wissen Sie, worauf wir gestoßen sind?«
    Christoph Weininger schaute mich an, als erwarte er eine Antwort. Ich starrte zurück, bis er die Augen auf die Schach tel senkte. »Bei dem Streit zwischen Ihrer Freundin und Schiller ging es um dieses Präparat hier. Sie drohte damit, ihm die Presse auf den Hals zu hetzen. Wissen Sie, was ich glaube?« Er fixierte mich wieder. »Ich glaube, dass Sie es mit der Parteilichkeit ein wenig übertrieben haben. Das zeigt auch der Verlauf der Schlägerei mit Horst Bleibtreu.« Weininger hob die Hände. »Ich weiß, damit können wir nicht argumentieren, aber so ganz ohne Argumente stehen wir trotzdem nicht da. Sie sind, wie ich sehe, auf einmal im Besitz dieses Schlankheitsmittels. Sie haben Gertrud Fängele regelrecht überfallen, um da ranzukommen, nachdem Sie keine andere Quelle mehr auftun konnten, um Ihrer Freundin dieses Mittel zu beschaffen.«
    »Es ist ein Cholesterinsenker«, sagte ich. »Man kann es in der Apotheke kaufen.«
    »Was Sie nicht sagen. In so ein Döschen kann man doch alles Mögliche hineintun. Hustenbonbons, Ecstasy … Und im letzteren Fall sind Sie dran. Bei der Menge.«
    Ich kam mir vor, als hätte Weininger meine Wirbelknochen herausgenommen und stochere nun in den verbliebenen Weichteilen herum. Mein Mangel an Rückgrat erforderte mei ne ganze Kraft, mich aufrecht auf dem Stuhl zu halten.
    »Was wollen Sie denn von mir?«, ächzte ich. »Offenbar ist Ihnen bekannt, dass Schiller mit Aufputschmitteln handelte, getarnt als Schlankheitsmittel. Warum sind Sie dann nicht längst dagegen vorgegangen? Jetzt wollen Sie vertuschen, dass Sie dem munteren Handel im Schlachthof tatenlos zugeschaut haben. Wissen Sie, was ich glaube? Sie selbst haben Schiller kaltgemacht. Erpressung ist ein starkes Motiv. Schiller hat Sie erpresst, weil Sie als Bulle mitgemischt haben, schon aus alter Freundschaft zu Horst. Und Horst steckte mit drin, weil er mit Gertrud zusammenhängt. Jetzt suchen Sie jemanden, bei dem Sie Rache nehmen

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