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Gaisburger Schlachthof

Gaisburger Schlachthof

Titel: Gaisburger Schlachthof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Lehmann
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gelassen in lockeren Jeans und Holzfällerhemd. Katrin hielt mich immer noch am Handgelenk zurück.
    »Was ist hier los?«, schrie Christoph.
    Waldemar stieß sich von der Theke ab und nahm Haltung an, als ob er sich im nächsten Moment würde verteidigen müssen. Christophs Hand flatterte zum Schulterhalfter. Waldemars Haltung veränderte sich kaum sichtbar, doch plötzlich schien jede Bewegung in diesem Raum gefährlich. Der schmale Mann mit der Stahlbrille und den Aknekratern war die fleischgewordene Waffe.
    »Was wollt ihr von mir?« Christoph zog die Pistole. Eine hektische Bewegung, die angesichts der personifizierten Unangreifbarkeit Waldemars schwach und sinnlos wirkte. »Was wird hier gespielt?«
    »Das«, sagte Katrin, »möchten wir eigentlich von dir wissen.«
    Christophs Augen flitzten zwischen Waldemar, Katrin und mir hin und her.
    »Und nun steck mal dein Schießeisen weg«, fuhr Katrin fort. »Oder hast du solche Angst vor uns? Dafür muss es dann auch einen Grund geben, nicht? Und den wüsste ich gern. Und mach dir nichts vor, Christoph. Erschießt du einen von uns, dann erwischt dich der andere, und dann gnade dir Gott!«
    »Was werft ihr mir denn vor?«
    Katrin lachte auf. »Was wir dir vorwerfen? Bislang noch gar nichts. Lisa ist ja nun wieder hier, gesund und munter. Das heißt, sehr gesund sieht sie nicht aus.«
    Der Anruf, dachte ich und sah, dass es auch Christoph dachte. Mein Anruf bei Fängele hatte also doch etwas in Gang gesetzt.
    »Wo ist Richard?«, fragte ich, konnte mich aber von Katrins Hand immer noch nicht losmachen. »Was ist mit ihm? Verdammt, lass mich endlich los, Katrin!«
    Christoph starrte mich an. Nein, er blickte an mir vorbei. Die Kinnlade fiel ihm runter, dann klappte er sie hoch und verankerte sie in Hass. Purem Hass.
    Ich wagte kaum, mich umzudrehen, ich konnte es kaum, als ich es dann wagte.
    Das Gespenst kam von den Klos her, trug einen braunen Dreiteiler, einen bordeauxroten Schlips mit grünen Streifen, einen weißen Kragen, hatte einen asymmetrischen Blick und ein arrogantes Lächeln auf den Lippen. »Nun sind ja alle da.«
    Endlich ließ Katrin mich los. Ich hätte gern meine Freude ausgedrückt, aber das schien niemand zu erwarten.
    »Tja, Christoph«, sagte Katrin. »Wir sind dir wohl eine Erklärung schuldig.«
    »Das glaube ich auch.« Christoph rammte die Pistole wieder unter die Achsel, machte aber die Lederklappe nicht zu.
    »Nun, das war so«, begann Katrin. »Ich habe vorhin einen seltsamen Anruf von Fängele bekommen. Es gehe um Leben und Tod, sagte er. Ich rief Richard an.«
    »Aber –«, sagte ich.
    »Scht, du bist jetzt mal still, Lisa! Wegen dir veranstalten wir doch diesen ganzen Zirkus hier! Ich rief also Richard an und wir hielten Kriegsrat. Wir wussten weder, wo du dich befandest, noch mit wem. Fängele sagte nur, dein Anruf sei plötzlich unterbrochen worden. Was sollten wir also tun?«
    »Eine gewisse Frau Scheible«, nahm Richard das Wort, »war ebenfalls völlig aus dem Häuschen und drauf und dran, die Polizei zu alarmieren. Jemand war aus dem dritten Stock gesprungen und hatte einen Pavillon zertrümmert. Eine Fami lie hatte eine Menge Geld erhalten, und ein netter junger Mann hatte eine kleine Zwistigkeit mit der jungen Dame und war mit ihr nicht mehr zurückgekehrt.«
    »Daraufhin hatte Waldemar die Idee –«, sagte Katrin.
    »Die Idee war nicht von mir«, korrigierte Waldemar.
    »Wie dem auch sei«, griff Richard wieder ein. »Da ich Herrn Mayer vom FLZ ganz gut kenne, rief ich ihn an und bat ihn um einen Gefallen. Er sagte, er könne das schon mal ma chen, und funkte Sie direkt an, Herr Weininger.«
    »Aber wie kommt ihr denn darauf, dass ich …«, stammelte Christoph, ohne Richard anzusehen.
    »Eben«, sagte Richard plötzlich scharf. »Warum kommt eine an sich wenig furchtsame junge Frau auf die Idee, sie sei in Todesgefahr, wenn sie sich in Begleitung eines Polizisten befindet? Das war auch unsere Frage.«
    »Sie steht unter Drogen!«, bellte Christoph.
    Alle schauten mich an.
    »Oder«, sagte Richard weitgehend unbeirrbar, »der Polizist hat etwas vor, was sich mit Recht und Ordnung nicht vereinbaren lässt. Wir konnten diese Frage nicht entscheiden, ohne mit den Beteiligten zu sprechen. Also suchten wir nach einem triftigen Grund, den Polizisten umgehend zum Schlachthof zu beordern, so wichtig, dass er alles stehen und liegen lassen würde. Und da Sie, Herr Weininger, mir die Pest oder Schlimmeres an den Hals wünschen, kamen

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