Gala der Herzen
hätten haben können, und die Vergangenheit, in der sie sich so schrecklich fremd waren. Dafür gab sie aber nicht nur ihm, sondern auch sich selbst die Schuld.
Dieses neue Gerücht um ihren Vater ärgerte sie. Vielleicht hatte sie ja den Hang zu unangebrachten Beziehungen sogar von ihm geerbt.
„Gerade du solltest wissen, dass man den Medien nicht alles glauben darf“, stutzte Lissa die notorische Klatschbase zurecht und trank einen großen Schluck von dem kostbaren Champagner. Da sie selbst gerade die Medien ins Spiel gebracht hatte, stand ihr gleich wieder James’ vernichtende Strafpredigt vor Augen, und Lissa nahm gleich noch einen Schluck. Nicht, dass es geholfen hätte!
„Ist das dein Boss?“, fragte eine der anderen Frauen neugierig und schaute starr über Lissa linke Schulter. „Wow … er sieht ziemlich sauer aus.“
„Ich würde eher sagen ziemlich heiß!“, korrigierte eine andere.
Lissa brauchte sich nicht umzuschauen, um zu wissen, von wem sie redeten. „Ja, er ist mein Boss. Und er ist Single. Warum geht ihr nicht zu ihm und stellt euch vor?“
Danach dauerte es nicht lange, und sie konnte sich loseisen, ohne dass eine der Damen versuchte, sie aufzuhalten.
Leider musste sie noch fast drei Stunden länger ausharren, ehe der Saal sich langsam zu leeren begann. Auch Lissa bewegte sich strategisch in Richtung Ausgang, als sie von James zurückgerufen wurde. Nur zögernd blieb sie stehen, drehte sich seufzend um und stellte erstaunt fest, dass er lächelte.
„Es ist längst nach Mitternacht. Ist das nicht die Zeit, in der sich die Party-Prinzessin für gewöhnlich die Reste aus den Champagnerflaschen einverleibt?“
„Vielleicht gar keine schlechte Idee“, murmelte Lissa erschöpft. „Wenigstens ein paar …“ Und das meinte sie in diesem Moment sogar völlig ernst.
„Was dagegen, wenn ich dir dabei helfe?“
Lissa runzelte die Stirn. Das war bestimmt als Witz gemeint.
Doch zum Scherzen war ihr momentan gar nicht zumute.
Noch ehe sie seinen Vorschlag ablehnen konnte, schnappte James sich zwei Kristallgläser vom Tablett eines vorbeikommenden Kellners, und aus einem der silbernen Champagnerkühler eine noch ungeöffnete Flasche des prickelnden Getränks. Beides hielt er geschickt mit einer Hand, legte die andere unter ihren Arm und führte Lissa aus dem Ballsaal.
„Okay, warum nicht …“, murmelte sie voller Selbstironie, da er ihr gar keine Zeit für eine Antwort gelassen hatte. Während ihr Herz wie verrückt zu klopfen begann, fühlte sie sich wie eine Gefangene, die mit ihrem Scharfrichter zu ihrer Henkersmahlzeit schritt.
Ihre dünnen Absätze versanken in den dicken Teppichen des Hotelfoyers. Und während der gläserne Lift sie ausgesprochen sanft bis ins oberste Stockwerk beförderte, hob sich Lissas Magen, als säße sie in einer Achterbahn. In der Stille der Kabine klopfte ihr Herz so laut, dass sie Angst hatte, James könne es hören. Und zu allem Überfluss fühlte sie jetzt auch noch Tränen in sich aufsteigen.
James öffnete die Tür zum Penthouse und schob Lissa ziemlich unzeremoniell hinein. Die großzügige Suite war mit einem glänzenden Marmorboden versehen. Vom Wohnbereich gingen Küche und Bad ab. Und hinter der Tür am anderen Ende des hell und modern eingerichteten Raumes vermutete sie die Schlafzimmer.
Einen Teil des Wohnbereichs hatte James zum Büro umfunktioniert. Zielstrebig steuerte er auf den Schreibtisch zu und stellte alles ab. Gekonnt öffnete er die Champagnerflasche, schenkte die Gläser ein und hielt Lissa eines hin. Sie nahm es und trank einen Schluck, seines ließ er auf dem Tisch stehen.
„So!“, sagte er zufrieden.
Lissa zuckte zusammen und trat einen Schritt zurück. Fasziniert schaute sie zu, wie er sich mit ungeduldigen Bewegungen seines Jacketts entledigte. Wie war es nur möglich, dass seine Schultern in dem strahlend weißen Hemd noch breiter wirkten?
„Ich … ich überlege, ob ich gleich hier in Aristo bleiben soll, oder …“
„Willst du etwa abdanken, Prinzessin?“
„Dafür ist es wohl zu spät.“
„Wieso? Ich habe dich nicht gefeuert. Noch nicht.“
„Oh …“ Was, um alles in der Welt, sollte sie noch für ihn tun? Bisher hatte sie auf allen Gebieten kläglich versagt. Sie konnte ja nicht mal einen schmackhaften Kaffee zubereiten!
„Du hast das Budget gnadenlos überzogen, nur die Hälfte der wichtigsten Leute eingeladen und damit die Bedeutung und Aufgabe des Events unterminiert und ad absurdum
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