GALAN - Die Seelenwanderin (GALAN-Saga) (German Edition)
Frau herangewachsen, die mehr Mut und Entschlossenheit aufweisen kann als manch anderer Mann", dann kniff Aaron mir in die Wange. Der Schalk hatte in seinen Augen geblitzt. „Trotz allem bleibst du meine kleine Schwester."
Auch ich musste plötzlich schmunzeln.
Unsere Pferde an den Zügeln führend gingen wir zu dem Portal. Ich betrachtete das riesige Tor und fragte mich, wie ich es anstellen sollte, um es mit dem Kristall zu öffnen. Also nahm ich den Kristall aus seinem Lederbeutel und hielt ihn an das Schlüsselloch. Mit einem Mal begann der Kristall seine volle Leuchtkraft zu entfalten. Ich spürte ein starkes Vibrieren im Inneren des Kristalls, was meine Hand erzittern ließ und ich meine zweite Hand als Unterstützung dazu nehmen musste. Als ich schon vermutete, dass uns jeder sehen konnte, da der Kristall so stark leuchtete, sprangen die beiden Torhälften nach innen auf.
Erschrocken hüpften wir zurück.
„Das war echt gespenstisch. Findet ihr nicht?", sagte Brasne.
„Wem sagst du das?", murmelte Aaron.
Calena schmiegte sich näher an Brasne.
Im Torbereich blickten wir in die Finsternis, in eine gruselige Leere. Das Einzige, was wir erkennen konnten, war der Beginn einer Brücke. Wir schritten zu Fuß vorsichtig weiter und zogen die etwas scheuenden Pferde am Zügel hinterher. Das leuchtende Rot des Kristalls spendete uns ein wenig Licht. Niemals hatte einer von uns jemals eine Territorium-Brücke passiert. Keiner sprach. Die Leere, die uns umgab, ließ uns frösteln.
„Was ist das hier?", fragte Aaron.
„Ich habe Angst", gab Calena von sich.
Ich konnte die Angst nachvollziehen. Auch mir wurde es mulmig, aber ich versuchte, die Umgebung nicht wahrzunehmen und schnellen Schrittes voranzukommen. Dieser Ort hatte etwas Geheimnisvolles und Unerklärliches an sich.
„Lasst uns so schnell wie möglich diese Brücke passieren. Mir gefällt es hier nicht", meinte Brasne kleinlaut.
Wir zogen weiter und endlich erkannten wir von weitem das große Portal zum Territorium Cavalan. Als wir nah genug waren, öffnete es sich von selbst. Seufzend und erleichtert passierten wir es und befanden uns inmitten eines Waldes wieder. Riesige Bäume ragten in den dunklen Himmel. Nur zaghaft schien der Mond durch die Baumkronen, die blattlos wie schemenhafte schwarze Gruselmonster aussahen. Laub bedeckte die Erde wie ein brauner Teppich und knisterte als wir darüber schritten. Die Luft war klar und windstill.
Wir schwangen uns in die Sättel und trieben die Pferde an, die nur allmählich vom Schritttempo in den Galopp kamen. Die wenigen Stunden, die uns bis Tagesanbruch blieben, nutzten wir, um noch die nächste Brücke nach Nalada erreichen zu können. Gut, dass die Straße, die wir wählten, breiter wurde und bei dem Mondlicht besser zu erkennen war, so konnten wir das Tempo durchhalten ohne ständig abbremsen zu müssen.
Jeremia hatte jegliches Zeitgefühl verloren. Er konnte nicht einschätzen, ob er erst Stunden oder Tage unten im Verlies verbracht hatte. Nachdem er aus einem unruhigen Schlaf erwachte, war er orientierungslos, denn er konnte noch nicht einmal seine eigene Hand vor Augen sehen. Nichts spendete an diesem dunklen Ort Licht. Er tastete mit seinen Händen die Wände entlang, um den Raum zu erkunden. An der eisernen Tür, fand er auf dem Boden ein Tablett, auf dem ein Krug mit Wasser und ein Stück trockenes Brot lag. Wann sie gekommen waren, um ihm das zu bringen, konnte er nicht sagen.
Diese Einsamkeit machte ihn fast wahnsinnig und immer wieder hallten in seinem Kopf die Worte von Netan wider. Er versuchte die schrecklichen Bilder, von dem Tod seiner Mutter und seiner Schwester, aus seinem Kopf zu vertreiben. Er hatte das Gefühl, sein Kopf würde platzen. Zwischendurch schrie er immer wieder um Hilfe, aber er bekam keine Antwort.
Wie lange würde er diesen Zustand noch ertragen, bis er ganz den Verstand verlor? Erschöpft legte er sich in eine Ecke und versuchte an etwas Schönes zu denken.
Die schönen Erinnerungen, als er Charisma das erste Mal sah und an den ersten Kuss ließen seinen Verstand einen Moment vor dem Gefühl der Ausweglosigkeit fliehen. Würde er sie jemals wiedersehen? Er hoffte, dass Charisma sich nicht auf den Weg hierher gemacht hatte. Es war einfach zu gefährlich, aber wiederum konnte er den Augenblick nicht abwarten, sie endlich wiederzusehen. Sie durfte sich niemals für ihn in Gefahr begeben. Das würde er nicht zulassen, lieber würde er sterben als zu wissen, dass
Weitere Kostenlose Bücher