GALAN - Die Seelenwanderin (GALAN-Saga) (German Edition)
ich mir, dass Jeremia auch zurückgekommen ist. Warum nicht mein Bruder? Ich befand mich schon länger in seinem Körper, aber ich hörte nichts, gar nichts.
Der Kristall leuchtete nicht, er lag still und leblos in meiner Hand. Keine Antwort von den Schleierwesen. Sie ließen mich im Stich, jetzt wo ich sie so dringend brauchte.
„Bitte Casper, komm zurück!" Meine ganzen Gedanken richteten sich auf ihn. Einzelne Bilder sah ich vor meinem inneren Auge. Erinnerungsfetzen aus unserer Kindheit, aber sie kamen nicht aus seinen Gehirnarealen. Es waren meine.
Was sollte ich tun? Ich konnte ihn doch nicht gehen lassen? Meine Eltern, meine Brüder, sie sollten nicht leiden. Ich wusste, der Krieg würde Tod und Verlust mit sich bringen, aber mit meiner Ignoranz hatte ich nicht geglaubt, dass einer aus meiner Familie sterben könnte.
Meine Angst und Sorge hatte immer Jeremia gegolten.
Und nun war Casper tot. Wut stieg ihn mir auf. Ich wollte ihn doch beschützen. Ich dachte, es wäre mein Schicksal, Galan zu retten. Aber bei den Göttern, schrie ich, doch nicht so. Nicht Casper, der immer ein herzensguter Mensch war, der endlich den Mut gefasst hatte zu kämpfen, um allen und sich selbst zu beweisen, was in ihm steckte.
Ich fühlte mich vollkommen verloren.
Plötzlich war sie da, eine schwache Stimme in mir. Im ersten Augenblick dachte ich, es wäre Casper, aber nein.
„Isma, er ist von uns gegangen. Er kommt nicht zurück." Laflan, der Herrscher der Schleierwesen, sprach mit sanfter Stimme, doch ich empfand im Moment nur Verachtung für ihn.
„Warum habt ihr dies zugelassen? Ich will ihn zurückhaben", schrie ich wütend. Ich würde keine Kompromisse eingehen, keinen Mittelweg wählen. Das mussten sie verstehen, denn nur sie konnten ihn zurückholen.
„Er ist tot, und er kommt nicht mehr zurück", wiederholte er.
„Das akzeptiere ich nicht. Jeremia konnte ich doch auch retten. Ihr habt so viel Macht. Mein Leben habe ich für Galan gegeben. Meine Brüder sind mir blind gefolgt, weil sie an meine Worte glaubten. Das soll der Dank sein? Gebt mir meinen Bruder zurück." Ich schrie alles aus mir heraus. Vor Erschöpfung glitt ich noch tiefer in den Abgrund, unfähig zu handeln oder zu denken.
Ich wusste nicht, wie lange ich so da lag, die Zeit verging nicht, während mich der Schmerz überrollte und fast zur Bewusstlosigkeit führte. „Mama", es war nur ein Flüstern, eine Klage. „Mama, ich habe solche Angst."
Stille.
Lange lauschte ich und hoffte, die Seele meines Bruders spüren zu können, aber es geschah nichts.
Ich nahm nur Umrisse von Jeremia und Jazem wahr, wie sie wie versteinert meinen Körper und den von Casper anblickten.
Laflan versuchte mich zu besänftigen. „Isma, es ist zu spät. Seine Seele ist gegangen, weit fort von hier. Wir können sie nicht mehr zurückholen. Sie ist nun an einem besseren Ort."
„Neeeeeeein", hallte mein Hilfeschrei ungehört in meinem Innern.
Wo war seine Seele? An einem besseren Ort?
Es gab keinen besseren Ort! Er sollte hier sein, hier bei mir.
„Isma, bitte hör zu! Wenn ein Mensch stirbt, wandert seine Seele, so wie deine. Aber der Weg, den seine Seele antritt, bringt ihn in eine andere Welt und nie wieder zurück. Das musst du akzeptieren. Ich weiß, wie schmerzhaft das für einen Menschen ist. Ich beobachtete schon jahrhundertelang die Trauernden, die lernen mussten, das Schicksal zu akzeptieren. Der Tod gehört zum Leben dazu. Vergiss nicht, dass es noch viele andere Menschen gibt, die auf dich und deine Kraft zählen. Ihr seid in größter Gefahr, und es könnten noch mehr sterben, wenn du nicht eingreifst. Ist es das, was du willst?"
Ich beruhigte mich ein wenig, als Laflans Worte mein Inneres erreichten. Es stimmte. Wir waren noch in Capan und standen kurz vor der letzten Schlacht. Ich durfte nicht egoistisch sein. Die anderen zählten auf mich. Ich hatte meine Brüder und Calena hierher gebracht. Ich wollte sie nicht auch noch verlieren.
„Es tut so weh", hauchte ich kläglich.
„Lass ihn los. Dein Bruder hätte gewollt, dass du weiterkämpfst und nicht aufgibst."
„Wie kannst du das so genau wissen?"
„Ich weiß es, und du weißt es auch. Er selbst hatte sich für den Krieg gemeldet. Er wollte kämpfen und das hat er getan. Er ist als Held gestorben für sein Volk und für die Freiheit. Erweise ihm die letzte Ehre und befreie Galan! Dafür ist er gestorben, und daran solltest du nun denken. Isma, es wird wirklich Zeit. Jeremia und Jazem
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