GALAN - Die Seelenwanderin (GALAN-Saga) (German Edition)
vorgeschlagen hatte und eigentlich wusste, dass es die einzig richtige Entscheidung ist.
Meine Gedanken schweiften wieder zu Jason. Ich überlegte, ob ich ihm einen Besuch abstatten sollte. Sollte ich nachsehen, wo er sich gerade befand und ob seine Seele auf Wanderschaft war? Kurzentschlossen legte ich mich aufs Bett und schloss meine Augen. Ich konzentrierte mich und atmete tief ein und aus, damit ich mich entspannte. Mittlerweile kostete es mich keine große Anstrengung mehr, meinen Körper zu verlassen.
Ich öffnete meine Augen und sah Jason, wie er auf einem Stuhl saß. Seine Arme hatte er vor seiner Brust verschränkt. Erst glaubte ich, er würde schlafen, denn er hatte seine Augen geschlossen und seine Atmung war flach. Ich stellte mich genau neben ihn und plötzlich klopfte es an der Tür und Jason öffnete schlagartig die Augen. Wer kam mitten in der Nacht zu ihm? Die Tür ging auf, ohne dass er jemanden herein gebeten hatte, und ein hässlicher, kleiner Capitaner stand in der Tür.
„Der Herr möchte dich sehen, sofort“, befahl der Diener mit piepsiger Stimme.
Jason warf einen letzten Blick seinen Schwestern zu und verließ das Zimmer. Ich folgte. Wir durchquerten dunkle, lange Flure und erreichten einen Saal, wo Netan auf seinem Thron sitzend wartete. Jedes Mal, wenn ich Netan sah, überkam mich ein Ekel und meine Nackenhaare stellten sich auf. Er wirkte so erschreckend und hässlich.
Der dunkle Saal wurde von ein paar Kerzen erhellt. Die Schatten an der Wand bewegten sich durch das Flackern der Kerze. Der ganze Raum wirkte dadurch gespenstisch.
Als Jason nah genug an den Herrscher heran getreten war, sprach Netan: „Ich kann nicht schlafen, deshalb möchte ich, dass du mir etwas erzählst.“
Jason wirkte blass. Ich spürte, dass es ihm schwer fiel, zu sprechen.
„Was hast du mir zu berichten?“, ergänzte Netan mit dunkler, grollender Stimme.
Jason räusperte sich. „Über Charisma DiSole gibt es nicht viel zu berichten. Sie war den ganzen Abend auf ihrem Zimmer.“
Mit einer Handbewegung signalisierte Netan, dass das nicht von Interesse war. „Inonte wird sich darum kümmern. Ich will wissen, was Jeremia Nahal vorhat.“
„Er ist in Nalada eingetroffen und befindet sich in Versons Palast. Viele seiner Männer werden sich morgen zu den Brücken begeben und sie bewachen. Er bleibt mit einigen seiner Männer in Caska.“
Netan runzelte die Stirn beim angestrengten Nachdenken.
Ich stellte mich näher zu Jason und bemerkte, wie sehr er zitterte, aber ich wurde trotzdem wieder wütend auf ihn. Er verriet Jeremia und meine Brüder. Pfui!
Gebieterisch blickte Netan auf Jason herab. „Ist das alles, was du herausbekommen hast? Ich weiß, dass du gerne einiges zurückhältst.“
„Nichts, was Euch interessieren könnte.“
Netan schnaubte und sein Gesicht wirkte noch gruseliger, als er eine Grimasse verzog und verärgert seine Zähne fletschte. „Ich glaube selbst zu wissen, was ich als wichtig empfinde und was nicht. Ich habe dir gesagt, dass ich alles wissen will und dann hast du mir auch alles zu erzählen.“
Ich beobachtete das Gespräch zwischen den beiden mit voller Konzentration. Die Spannung war fast greifbar. Unter der Grausamkeit und der Macht von Netan spürte ich Jasons Angst. Wieder packte mich die Frage, ob ich vielleicht auch so wie Jason reagiert hätte. Ich musste mir selbst eingestehen, dass ich nicht anders handeln würde.
„Vielleicht ist da noch eine kleine Sache. In einigen Tagen wird Jeremia Nahal heiraten, und zwar die Tochter von Verson.“
Ich erschrak und taumelte einige Schritte rückwärts. Netan sprang von seinem Thron und war mit zwei Schritten bei Jason. Jason bückte sich instinktiv, da er Angst vor Netans Reaktion hatte.
Ich nahm alles etwas verschwommen wahr und fühlte mich wie gelähmt. Hatte er gesagt, Jeremia wird Narissa heiraten? Hatte ich mich verhört? Wie konnte ich nur an Jeremias Liebe und Aufrichtigkeit glauben. Was war passiert?
Dann erklang ein lautes Grollen, was mich aus meinen Gedanken riss. Netan schäumte vor Wut und spuckte. „Das nennst du nicht wichtig? Das ist mehr als wichtig.“ Er hob die Hand und holte aus, wollte gerade mit seiner Pranke auf Jason einschlagen.
Das konnte ich nicht zulassen. Ohne zu überlegen, lief ich zu Netan, ließ meine Seele in ihn gleiten. In Bruchteilen von Sekunden nahm ich seine gruseligen Gefühle und Gedanken auf, und sie wurden vor meinem inneren Auge sichtbar. Übelkeit und Schrecken
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