GALAN - Die Seelenwanderin (GALAN-Saga) (German Edition)
Er griff nach ihrem Oberkörper und umklammerte sie. Langsam löste sie sich von ihm. Ihre Blicke trafen sich und zum ersten Mal wurde Jason bewusst, dass er vielleicht mehr in ihr sah, als nur eine Bedienstete.
„Danke." Er bemerkte erst jetzt, dass er einen Kloß im Hals hatte.
„Ich danke dir", hauchte sie und zum ersten Mal sah er sie lächeln.
Das Lächeln in ihrem Gesicht war wie ein Sonnenstrahl. Er wurde regelrecht davon geblendet. Sie war tausendmal schöner, wenn sie lächelte.
„Ich muss jetzt gehen, sonst bemerken sie noch meine Abwesenheit und suchen nach mir. Ich danke dir, dass du mir etwas über meine Herkunft erzählt hast. Das bedeutet mir sehr viel. Ich wünschte, ich könnte euch helfen. Deine Schwestern sind sehr lieb. Ich wünschte mir, ich hätte auch jüngere Schwestern wie sie."
Er hielt ihr seine Hand entgegen und ohne zu zögern legte sie ihre Hand wieder in seine. Seinen Oberkörper nach vorne beugend, gab er ihr einen angedeuteten Kuss auf ihren Handrücken. „Stets zu Ihren Diensten. Wenn du noch mehr Fragen hast, dann weißt du ja, wo du mich findest."
Abermals huschte ein Lächeln über ihr hübsches Gesicht.
Jasons Herz machte vor Freude einen Sprung. „Wir können ja versuchen, als Gefangene zusammenzuhalten, solange man es uns erlaubt. Ein kleiner Trost an einem dunklen Ort!"
Ohne ein Wort verließ sie leise den Raum, doch bevor sie die Tür schloss, blickte sie Jason nochmals sehnsüchtig an. Seine Augen erwiderten ihren stillen Gruß.
Nachdem Syria weg war, trat Jason ans Fenster und schaute hinaus. Er war glücklich, etwas über Syria erfahren zu haben. Was für ein schrecklicher Ort, um so ein bezauberndes Mädchen kennen zu lernen, dachte er.
16. Kapitel
Ich bekam einfach kein Auge zu. Den ganzen verbleibenden Abend und die halbe Nacht lief ich in meinem Zimmer auf und ab. Zwischendurch legte ich mich manchmal hin, damit mein Verhalten nicht zu auffällig wurde, falls Jason mich besuchte, aber meine Gedanken hatten kein Halten mehr. Ich sehnte mich nach Jeremia.
Ich traute mich nicht, aus dem Fenster zu spähen. Ich wollte mich so unauffällig wie möglich verhalten. Wer glotzte schon mitten in der Nacht die ganze Zeit aus dem Fenster? Das würde Jason vielleicht verdächtig vorkommen.
Tatsache war, dass ich Jeremia und meine Brüder nicht schützen konnte. Meine Aufgabe lag darin, erst hier alle in Sicherheit zu bringen. Trotzdem stand ich kurz davor, Jeremia zu besuchen. Es brannte mir in der Seele, zu erfahren, wie es ihm in Nalada erging.
Wenn ich ehrlich war, schwang ein wenig Eifersucht mit, da ich wissen wollte, wie es mit ihm und Narissa stand. Hatten sie schon miteinander gesprochen, und hatte er es geschafft, sie dazu zu bringen, ihn nicht mehr zu heiraten? Wollte er mich wirklich, oder hatte er seine Meinung geändert, als er ihr be-gegnete und in ihre bezaubernden Augen sah? Ich sah sie bildlich vor mir, wie schön sie war.
All diese Fragen und keine Antworten, weil ich eine Gefangene war, in meinen eigenen vier Wänden.
Morgen früh wollten wir aufbrechen. Zuvor musste ich nach Jason schauen, um mich zu vergewissern, ob er wach war und dann mussten wir schnell handeln. Ich hatte eine gewisse Wut auf Jason entwickelt, aber nachdem ich ihn mit seinen beiden Schwestern gesehen hatte, und die Liebe, die er ihnen entgegen brachte, löste sich meine Wut in Luft auf. Lange dachte ich dar-über nach und ich entschied, dass ich genauso handeln würde, wenn meine Familie in Gefahr wäre.
Mein ganzer Hass galt nur Netan.
Wegen ihm musste ich in den Wald der Schleier gehen, in den Wald, der sich so düster und dunkel vor meinen Augen ausbreitete. Ich hatte schon als Kind wahnsinnige Angst vor dem Wald. Jetzt kamen die Erinnerungen meiner Kindheit zurück, wie ich öfters vom Wald träumte. Ich träumte, wie ich im Wald einsam und verlassen dastand. Abscheuliche Kreaturen, dunkle Schatten und nebelhafte Wesen trieben mir Heidenängste und Schrecken ein. Sie sprachen zu mir, aber ich konnte sie nicht verstehen, denn ihre Sprache war anders als die meine. Immer der gleiche Traum! Für lange Zeit hatte ich ihn verdrängt und nicht mehr daran gedacht.
Der Wald war unsere einzige Zuflucht. Nur dort könnte Netan uns nicht finden, daran durfte ich nicht zweifeln. Ich würde dort bleiben müssen. Zu Beginn wäre meine Familie bei mir, aber dann, wenn sie nach Hause zurückkehrten, würde ich allein sein. Das stimmte mich schwarzseherisch, obwohl ich es
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