Galaxis Ahoi
und blieb verschwunden, auch als wir uns und die Kabine systematisch auf den Kopf stellten. Miss Stanton, die noch am nüchternsten war, nahm sich des völlig verzweifelten Jungen an und bemühte sich, ihn mütterlich zu trösten, ohne recht zu wissen, wie man so etwas machte. Währenddessen wandte ich mich kopfschüttelnd und nicht wenig verblüfft wieder den Beobachtungsluken zu. Wie zum Teufel konnte es passieren, daß eine Frau von mindestens 180 Pfund Lebendgewicht aus der Mitte einer neunköpfigen Reisegesellschaft heraus spurlos verschwand?
Ich hörte, wie Schmidt wenige Meter hinter mir pietätlos sagte:
„Ein Glück, daß sie nicht die Flasche mitgenommen hat!“ Und darauf folgte ein lautes Gluck-gluck-gluck.
Ich zuckte die Achseln und gab Zach den Befehl, zu landen. Wir hatten jetzt – weiß Gott! – andere Sorgen, als uns um Frauen zu kümmern, die sich einfach in Luft auflösten. Das Leben von elf Menschen stand auf dem Spiel.
Die Planetenoberfläche kam rasch heraufgeglitten. Die Wasserflächen, die wie Meere ausgesehen hatten, erwiesen sich tatsächlich als Meere, und die grünen und braunen Landgegenden lösten sich in dichte Wälder, vereinzelte baumlose Hügel und ein paar felsige Gebirge auf.
Die Sonne lag in einem großen, blendenden Reflex auf einer Wasserfläche, die sich zunächst schüsselförmig emporzuwölben schien, um sich dann jedoch konvex zu krümmen und allmählich hinter den Horizont zu rücken, als wir uns tiefer und tiefer senkten. Ein ausgedehntes Waldgebiet glitt unter unser Heck. Zach und ich machten eine weite Lichtung ausfindig, die sich uns als idealer Landeplatz förmlich anbot. So ließen wir denn die TELLUS auf dem Flammenstuhl ihrer Rückstoßdüsen gleich einem Aufzug hinuntersinken. Kurz vor Erreichen des Bodens betätigte Zach mit fieberhafter Emsigkeit eine Reihe weiterer Hebel und Knöpfe; das Schiff kippte vornüber, wurde von den fauchenden Bauchdüsen aufgefangen und legte sich dann inmitten der Lichtung nieder.
Wir waren gelandet.
Die nächsten Minuten gehören zu den seltsamsten meines Lebens. Sie unterteilten sich in fünf große Stadien.
Stadium l: Die Leute hinter mir, die bis zu diesem Augenblick noch ihre Aufmerksamkeit zwischen dem seltsamen Verschwinden von Mrs. Underwood und der Schnapsbuddel geteilt hatten, wurden abrupt gewahr, daß wir glücklich gelandet waren. Mit einer gigantischen Sprunghaftigkeit, die sich unter dem Einfluß von Alkohol oft einstellt, vergaßen sie die Vorfälle der letzten Stunden und strömten an die Luken, um die neue Welt in Augenschein zu nehmen.
Stadium 2: Ich versuchte, den Schock zu überwinden, der mir seit Mrs. Underwoods Verschwinden noch immer in den Knochen saß, und tat dann mein möglichstes, um Ruhe und Ordnung an Bord der TEL-LUS wiederherzustellen. Es gelang mir halbwegs.
Stadium 3: Zach Polk machte sich in tapferer Selbstaufopferung ohne weitere Worte daran, die Luft der neuen Welt zu testen. Da wir keinerlei Prüfgeräte an Bord hatten, übernahm er es stillschweigend, sich selbst als Meerschweinchen zur Verfügung zu stellen. Er verschwand in der Luftschleuse, allerdings nicht ohne sich vorher mit seiner Ölkanne bewaffnet zu haben. Zu unserer allgemeinen Überraschung erschien er bereits nach zwei Minuten wieder, – quietschfidel und kerngesund. Die beiden Schotten der Luftschleuse klafften hinter ihm sperrangelweit, – und durch nichts hätte er uns besser demonstrieren können, daß er die Atmosphäre als ungefährlich und atembar betrachtete.
Stadium 4: Der Auszug der Kinder Terras aus der Reisejacht TELLUS setzte ein. Mit vielen Umständen, unter Gekicher, Gelächter und Geschnatter, nach diversen stärkenden und muteinflößenden Schlucken aus der heißbegehrten Buddel paradierten die neun Leutchen aus der Schleuse, das Treppchen hinunter und auf die grasbewachsene Lichtung hinaus, wo ich mit Hirtenmiene stand und über Zucht und Ordnung wachte. Die Reisegruppe scharte sich nach dem Exodus im Schatten der TELLUS zusammen, genoß die saubere, frische Luft in tiefen Zügen und blickte sich aus leicht verglasten Augen neugierig nach allen Seiten um. Travis Pendleton hatte Miss Stanton und den unglücklichen Jungen unter seine Fittiche genommen. Sein dickes Gesicht glänzte im Widerschein des Trapperschnapses, und er befand sich sichtlich in allerbester Laune. Randolph hatte sich haltsuchend bei seiner Tochter untergehakt, während sie wiederum ihn als Stütze gebrauchte. Sie hatten beide
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