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Galaxis Science Fiction Bd. 04

Galaxis Science Fiction Bd. 04

Titel: Galaxis Science Fiction Bd. 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lothar (Hrsg.) Heinecke
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sich gut fliegen ließ und eine enorme Nutzlast ohne Klagen transportierte.
    Tad hatte sich ebenfalls ein bequemes Nest aus einigen der Parkas gebaut und zog sich gerade die letzten über seine fröstelnden Schultern bis zum Kinn hoch.
    »Nette Kiste«, verkündete er dann, »so was sieht man nicht alle Tage.«
    »Ganz bestimmt nicht«, stimmte ihm Bea aus dem Pilotensitz ironisch zu, »Jetzt halt deinen Hut fest! Es geht los.«
    Man kann sagen, was man will, dachte Tony, über den Mars, über die Kolonie, über dieses arme alte Überbleibsel eines Flugzeugs, aber wenn man sich die Kinder anschaut, dann beginnt man zu verstehen, um was es hier geht. Noch vor einem Jahr bei seiner Ankunft war Tad ein durch und durch unausstehlicher Lümmel gewesen. Aber wie konnte er auf der Erde auch etwas anderes sein.
    Sie waren alle so. Sie wurden in eine haßerfüllte Atmosphäre hineingeboren, in eine Kultur, die immerfort predigte: Hasse deinen Nachbar, beneide deinen Nachbar, töte deinen Nachbar. In ihrer Kindheit wurde ihnen die Brust einer überarbeiteten und unterernährten Mutter immer wieder zu früh entzogen, und sie wurden wieder und wieder, Tag für Tag, mit blindem, schreiendem, hilflosem Haß erfüllt. Sie waren noch kleine Knirpse, da griffen sie schon nach der Schokolade des andern. Sie waren hungrig, und sie haßten ihn, und sie lernten schnell die Spiele der großen Jungens: Kill die Krauts, Nigger in den Friedhof, Japse und Klapse, Raub die Stadt aus. Und die Wahrscheinlichkeit sprach dafür, daß sie immer hungrig waren.
    Nackte Diktatur und Führerverehrung, Oligarchie und Anbetung des Dollars, einmal überwog das eine, ein andermal das andere. Die Formen waren nicht so wichtig, nur die Tatsachen. Zu viele hungrige Münder, zu wenig anbaufähiger Boden. Die Mittelklassen mit ihren relativ gesunden, relativ vernünftigen Mitgliedern wurden immer weniger, sie wurden langsam zwischen den Mengen des Pöbels zermahlen. Und immer mehr fruchtbarer Boden wurde von den Flüssen ins Meer geschwemmt und immer mehr hungrige Münder geboren, und die Preise stiegen und stiegen. Wie lange konnte das noch so weiter gehen? Wie lange noch, bis dieser überhitzte Kessel explodieren würde?
    Die verdammte, verarmte, mit Menschen wimmelnde Erde. Knapp an Nahrung, knapp an nutzbarer Bodenfläche, knapp an Wasser, knapp an Metallen – knapp an allem, außer an weltweiten Haßgefühlen, Groll, Verstimmungen und Aggressionen. Das war es, wovor sie davonrannten, die Neuankömmlinge, die er heute würde begrüßen können. Er hoffte, daß diesmal keine mit ansteckenden Krankheiten darunter sein würden, die er sofort in Marsport unter Quarantäne stellen mußte, damit sie mit dem nächsten Schiff wieder abgeschoben werden konnten,
    ohne daß sie Gelegenheit gehabt hatten, sich nur ein bißchen umzusehen. Sechs ärztliche Untersuchungen zwischen der ersten Anmeldung im New Yorker Büro von Sun Lake und der Ankunft in Marsport hätten eigentlich solche Fälle unmöglich machen müssen, aber die Dinge schienen sich sehr zum Schlechteren gewendet zu haben, seit Tony die Erde verlassen hatte. Es hatte den Anschein, als ob heute jeder bestechlich war. Es hieß einmal, jeder hätte seinen Preis. Das war wohl richtig. Aber wenn sechs Untersuchungskommissionen bestochen werden konnten, dann mußte jedermanns Preis erheblich gefallen sein.
    Schläfrig legte sich der Doktor bequemer zurecht und studierte einen Augenblick Beas Silhouette, die sich gegen die Sternennacht hinter der Windschutzscheibe abhob. Dann schloß er die Augen.
    Die Sonne stand schon am Himmel, als Bea ihren Transporter zwischen den anderen Flugzeugen landete, die sich auf dem Flugplatz versammelt hatten. Heute waren es viel mehr, als gewöhnlich an einem Ankunftstag zu sehen waren. Sie konnten die elegante Luftjacht von Pittko Drei ausmachen, ihres Nachbarn, aber die anderen zwölf, die noch herumstanden, kannten sie nicht.
    »Nette Fahrt«, sagte der Doktor. »Möchte wissen, was diese Parade hier zu bedeuten hat. Oh, richtig. Douglas Graham gibt uns ja heute die Ehre, um ein Buch über den Mars zu verbrechen. Das müssen alles Fahrzeuge der Industriekapitäne sein. Das wird einen schönen Streit geben, wer der Glückliche ist, der Graham mit nach Hause schleppen darf.«
    »Was meinst du, wird er auch Sun Lake einen Besuch abstatten?«
    »Nick meint, daß er vielleicht zum Schluß eine Stippvisite machen wird, wenn ihm dazu noch die Zeit bleibt, heißt das.« Er sprang aus

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