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Galaxis Science Fiction Bd. 06

Galaxis Science Fiction Bd. 06

Titel: Galaxis Science Fiction Bd. 06 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lothar (Hrsg.) Heinecke
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vergehen. Und wenn eine Woge die Küste erreicht, dann läßt sie ihr Zeichen zurück und ändert so ein wenig die Gestalt der Welt. Sie selbst aber wird vergessen, und man erinnert sich ihrer nicht. Und so ist es auch nicht weiter erstaunlich, daß Wainer vergessen wurde. Zu seinen Lebzeiten war er eigentlich ein Nichts, und die großartige Kraft, die in ihm wohnte und von der er der Welt in seinen Werken berichtete, wurde nie völlig erkannt. Aber die Geschichte seines Lebens ist wohl die größte Geschichte, die ich jemals gehört habe. Er war der Anfang – der erste Schritt auf dem Weg zu euch.
    Ich wünschte nur, ich hätte es damals schon gewußt.
    Seit seiner frühesten Jugend war er einsam gewesen. Sein Vater war einer der letzten Priester. Kurz bevor Wainer im Jahre 2430 geboren wurde, hatte jedoch die Regierung eines ihrer großen Gesetze erlassen, das religiösen Missionaren den Zugang zu den Planeten verwahrte. Wainers Vater hat diese Enttäuschung nie ganz überwunden. Er ging durch die letzten Tage seines Lebens mit dem unerschütterlichen Glauben, daß die Erde sich – wie er es nannte – dem Antichrist ergeben hatte. Er war ein verbitterter Mann, und er hatte keine Zeit und keine Liebe für seinen Jungen.
    Einsam und ungeliebt wuchs der junge Wainer heran. Wie jedermann sonst wurde er im Alter von fünf Jahren operiert, und es stellte sich heraus, daß er ein Rejekt war. Damals regte das niemand weiter auf. Seine Mutter sagte sogar später, daß sie darüber froh gewesen wäre, denn schon damals war Wainers Kopf prächtig geformt, und es wäre eine Schande gewesen, ihn mit einem Kunsthirn zu verunstalten. Natürlich wußte Wainer, daß er nun niemals ein Arzt oder ein Raumpilot oder ein Ingenieur werden konnte, aber es war noch ein Kind, und nichts erschien ihm endgültig. Etwas von jenem bewundernswerten Optimismus, der ihn durch seine ganze Jugend begleitete und den er später so bitter nötig haben sollte, zeigte sich schon in dem Knaben.
    Und doch dürft ihr nicht vergessen, daß die Welt, in der Wainer aufwuchs, eine gute Welt war – eine vortreffliche Welt. Es war die beste aller Welten, die es jemals gegeben hatte, und niemand zweifelte auch daran.
    Einige von IHNEN hatten bei diesen Worten in Gedanken gelächelt, und der alte Mann wurde etwas verlegen.
    Ihr müßt mich richtig verstehen. Wir alle glaubten an diese Welt – Wainer und ich und jedermann sonst. Aber ich will es erklären, so gut ich es kann, und sicher werdet ihr dann begreifen.
    Als man herausfand – lange bevor Wainer geboren wurde –, daß man elektronische Gehirne dem menschlichen Gehirn eingliedern und mit den Hauptnervenbahnen verbinden konnte, gab es keinen, der das nicht für die größte Entdeckung aller Zeiten hielt. Könnt ihr euch vorstellen, wie es in den Köpfen der Menschen vor dem Zeitalter der Kunsthirne ausgesehen haben muß? Mein Gott, sie alle lebten ihr Leben, ohne Mäßigung und ohne die wahre Selbstbeherrschung. Sie waren ausgeliefert einem ununterbrochenen Trommelfeuer von Wortfetzen, unzusammenhängenden Träumen und unkontrollierbaren Erinnerungen. Sie waren Gefangene ihrer selbst. Es muß die Hölle gewesen sein.
    DIE elektronischen Gehirne brachten einen grundlegenden Wandel. Sie brachten den Menschen die wahre Gedankenfreiheit, sie verhalfen ihnen zu wahrhaft logischem Denken. Es gab keine Veranlassung mehr, bloße Wissenstatsachen auswendig zu lernen, denn die Gehirne speicherten zuverlässig jede Information, die ihnen zugeführt wurde. Und die Gehirne vergaßen nie, sie machten nur selten Fehler, und sie lösten alle Aufgaben mit übermenschlicher Präzision. Ein Mann mit einem solchen Gehirn wußte alles, buchstäblich alles, was es in seinem Beruf zu wissen gab. Und sobald neue Erkenntnisse gewonnen wurden, konnte jeder, der es wünschte, kostenlos sein Gehirn damit beschicken lassen. Die Menschen begannen, klarer zu denken als jemals zuvor, und sie dachten auf größerer Wissensgrundlage. Eine Zeitlang schien es, als ob der Mensch fast gottgleich geworden wäre.
    Für die Rejekts war es natürlich anfangs sehr hart.
    Einmal in tausend Fällen gab es einen Menschen, dessen natürliches Gehirn – wie bei Wainer – mit dem künstlichen Gehirn keine Verbindung einging, der darauf reagierte, als wäre es nichts weiter als ein Hut. Noch nach hundert Jahren kannten unsere Wissenschaftler immer nicht das Warum. Viele begabte Köpfe wurden anfangs unnötig ruiniert, weil man voreilig die

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