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Galaxis Science Fiction Bd. 06

Galaxis Science Fiction Bd. 06

Titel: Galaxis Science Fiction Bd. 06 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lothar (Hrsg.) Heinecke
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zersprungen.
    Der alte Mann hielt inne, während einige Tränen aus seinen Augen rollten. Es war völlig still im Raum. Keiner von IHNEN bewegte sich, und endlich fuhr er fort:
    In dem letzten der zehn Jahre sandte er mir mit der Post ein Päckchen. Es war ein Brief und das Manuskript zu der Ouvertüre Sturm im Raum. Er bat mich, das Werk anzumelden und das Regierungshonorar zu kassieren und ihm das Geld zu schicken, denn er wollte endlich hinaus in den Weltraum.
    Einige Wochen später kam er selbst – zu Fuß. Ich hatte das Geld besorgt, außerdem noch einiges von ein paar Rejekts, die die Ouvertüre gehört hatten.
    Es war genug. Er brachte Sila mit und wollte Plätze auf einem Schiff belegen. Er wollte, glaube ich, nicht sehr weit, nur bis Alpha Centauri.
    Aber es war zu spät.
    ER wurde untersucht, was man schon vor langer Zeit getan haben sollte und sicher auch getan hätte, wenn er nur darum gebeten hätte.
    Jedenfalls entdeckte man jetzt, was mit seinen Lungen los war.
    Und niemand konnte ihm mehr helfen. Zuerst konnte und wollte ich es nicht glauben. Es war unmöglich. Die Menschen wurden einfach nicht mehr krank und starben. Weil ich nur ein Chirurg und außerdem ein Rejekt war, hatte mir kein Ratio-Arzt jemals gesagt, daß es trotzdem geschah, trotzdem geschehen war, viele Male und bei vielen Menschen. Ich erfuhr es nicht von den Ratios, sondern von Wainer selbst.
    Seine Lungen hatten zu schrumpfen begonnen. Sie starben innerhalb seines sonst noch so lebendigen Körpers, und niemand kannte die Ursache, noch konnte jemand diesem Vorgang Einhalt gebieten. Wainer konnte auch ohne Lungen noch eine lange Zeit am Leben gehalten werden, aber was würde das für ein Leben sein? Ich erkundigte mich, ob man ihm nicht eine Lunge einsetzen könne, und man sagte mir: ja, aber weil man menschliches Gewebe nicht synthetisch herstellen konnte, müßte es eine menschliche Lunge sein. Aber in diesem Zeitalter der Langlebigkeit gab es davon nur wenige, und diese wenigen wurden natürlich für wichtigere Persönlichkeiten gebraucht. Und Wainer war ein Nichts.
    Ich bot eine meiner Lungen an. Auch Sila tat das und viele andere der Rejekts. Wainer schöpfte Hoffnung. Aber dann schaute ich mir seine Lunge an und mußte mich überzeugen, daß es keine Möglichkeit gab, diese neue Lunge einzupflanzen und zu verbinden. So vieles war falsch, so viel in ihm verdreht, verzerrt und fremd, daß ich nicht begreifen konnte, wie er bis jetzt überhaupt hatte leben können. Und dann erfuhr ich von anderen Männern, deren Lungen genauso gewesen waren, und ich fragte, was man bei ihnen gemacht hatte. Die Antwort lautete: man hatte nichts unternommen.
    Wainer ging also nicht hinaus in den Raum. Statt dessen vergrub er sich in seinem Zimmer und saß und wartete, während die gleichgültige Welt weiterhin ihren Geschäften nachging, während die Stadt und ihre Bewohner weiter ihr Leben lebten, während irgendwo ein Formular ausgestellt wurde, das die Geburt eines neuen Kindes genehmigte, weil der Bürger Wainer bald sterben würde.
    Welche Gedanken mag er wohl damals gedacht haben, dieser riesige nutzlose verbrauchte Mann? Während er an seinem Fenster saß und zuschaute, wie die Welt an ihm vorbeiströmte, oder wenn er des Nachts zu den Sternen emporsah, oder die Luft des Morgens einatmete? Worüber dachte er wohl nach?
    Er besaß nur ein einziges Leben, eine einzige Zeit, während der er auf der Erde weilte, und diese Zeit neigte sich jetzt ihrem Ende zu. Sein Leben war ein leeres Blatt Papier, eine Statue der Einsamkeit, unter Schmerzen gemeißelt – verwelkt, vergangen, vergeudet. Es gab nichts in seinem Leben, was er je wirklich gewollt hatte, was ihn je wirklich erfüllt hatte – und jetzt würde er sterben ohne Sinn in einer Welt ohne Sinn.
    Und wieder suchte er die Nähe des Meeres, um zu vergessen.
    In diesen Tagen bot er einen schrecklichen Anblick. Sein Schicksal wurde bekannt, und wenn er durch die Straßen ging, starrten die Leute ihm nach.
    Sie starrten das Wunder an, die Krankheit, den Mann, der sterben mußte. Deshalb flüchtete er sich an den Strand und zu den Klippen und verzichtete auf jede Behandlung, und kein Mensch wird je wissen, was für Gedanken durch seinen Kopf gingen, während er auf den Tod wartete.
    NUN, zuletzt wurde auch ich davon unterrichtet, weil ich Wainer kannte, und weil sie ihn brauchten. Sie sagten es mir nur zögernd, aber als ich endlich verstanden hatte, sprang ich auf und rannte los. Und in der reinen

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