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Galaxis Science Fiction Bd. 14

Galaxis Science Fiction Bd. 14

Titel: Galaxis Science Fiction Bd. 14 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lothar (Hrsg.) Heinecke
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vormachen. Sie hatte jedenfalls nichts an sich, was eine Million Männer davon hätte abhalten können, sich in sie zu verlieben.
    Und doch murmelte Ellen: »Jedenfalls nicht wegen ihres guten Äußeren ausgewählt.«
    Ich warf ihr einen eigentümlichen Blick zu. Warum kann es sich eigentlich keine Frau verkneifen, uns Männern ununterbrochen mit ihrer unmaßgeblichen Meinung über das Aussehen und die Qualitäten anderer Frauen zu kommen. Schließlich sollten sich nicht eine Million Frauen in Shirley verlieben.
    WIR traten näher und stellten uns vor. Shirley schien sich anscheinend nicht so ganz über den richtigen Zeitpunkt im klaren zu sein, an dem es unmöglich wurde, noch länger so zu tun, als ob sie uns nicht bemerkt hätte.
    Wir setzten uns und begannen zu plaudern – nichtssagendes, unverbindliches Geschwätz –, wobei wir sorgfältig jeder Erwähnung von Lotrin aus dem Wege gingen. Wir verneigten uns auch nicht und drückten unsere tiefe Freude aus, die First Lady von Lotrin kennenlernen zu dürfen; im Gegenteil, um sicherzugehen, daß es zu keinerlei Mißverständnissen kam, wiesen wir Shirley recht deutlich auf den ihr zustehenden Platz. Jedenfalls tat Ellen das zuerst.
    Ellen sieht immer so aus, als wäre sie gerade einem Modejournal entstiegen, und in aller Bescheidenheit kann ich von mir behaupten, daß ich schon schlechter aussehenden Männern von fünfunddreißig begegnet bin. Shirley war ein junges Ding von einundzwanzig, und ihr luftiges Kostüm – wie Ellen ihr sehr schnell zu verstehen gab, ohne dabei allerdings ihre Kritik in Worte zu kleiden – hatte zwei Fehler. Schon daß sie es trug, war der eine; und diese Art von Luftanzug war der andere.
    Shirleys Nerven waren bis zum Zerreißen gespannt – verständlich genug. Ihre Nasenflügel waren weiß und bebten, ihr Atem ging schnell und flach, und irgendwie wußte man, daß ihre Stimme um einige Tonlagen höher herauskam als sonst. Nun, das ließ sich nicht ändern. Der Luftanzug schon. Er hatte uns zeigen sollen, daß sie völlig ruhig war, das Feierliche der Situation unbeeindruckt hinnahm und keinerlei Angst vor uns hatte. Er bewirkte so ziemlich das Gegenteil.
    Statt nur die Nervosität ihres Gesichtes und ihrer Hände zu bemerken, sahen jetzt vier scharfe Augen die Nervosität ihres ganzen Körpers. Und die weißen gekräuselten Borten des Höschens und des Brusttuches legten den Gedanken an ein Kind nahe, wo sie doch erwachsen erscheinen und auf gleicher Stufe mit uns stehen wollte. Und wenn wir unhöflich sein wollten – was Ellen anderen Frauen gegenüber fast immer zu sein pflegt –, dann brauchten wir nur auf Shirleys Beine oder Schultern zu schauen and dann mit kaum merklichem Naserümpfen wieder hinweg, um außer Frage zu stellen, daß mit den Beinen etwas nicht stimmte oder mit der Art und Weise, wie sie sie setzte, ohne damit dem Mädchen etwas zu geben, worauf sie antworten konnte.
    Ich will die Sache nicht weiter ausspinnen, aber Sie können sich wohl so ungefähr die Situation vorstellen. Ellen jedenfalls schlug heraus, was sie konnte. Ich versuchte, der Wirkung etwas entgegenzutreten, aber damit hat bis jetzt bei Ellen noch niemand Erfolg gehabt.
    Dann plötzlich – gerade als ich in jedem Augenblick mit Tränen rechnete – sagte Ellen unvermittelt: »Joe, laß uns eine Minute allein, ja?« Sie sagte es in einem unerwartet schroffen Ton und ruckte dabei mit dem Kopf.
    Lammfromm, wie ich bin, stand ich auf und wanderte durch den Garten.
    Ich blieb stehen, als ich sie zwar noch sehen, aber nicht mehr hören konnte. Das Verrückte bei Ellen ist, daß andere Leute sie nicht so hassen, wie sie es eigentlich verdient. Andere Leute sehnen sich nach der Zuneigung anderer Leute, tun alles, um sie zu erringen, und erlangen sie nicht.
    Ellen dagegen scheint angestrengt darauf hinzuarbeiten, sich den Haß ihrer Mitmenschen zuzuziehen und erreicht damit das genaue Gegenteil.
    Sie nahm sich zusammen, wie ich sah, ja, sie berührte das Mädchen nicht einmal. Dann plötzlich lagen sie sich in den Armen auf komische Art, wie Frauen sie haben. Shirley weinte natürlich. Ihre weißen Schultern und ihr kastanienbraunes Haar zeichneten sich gegen Ellens dunkelblaues Schneiderkostüm ab, und ich sah ein Gewirr nackter Arme und eleganter, bis zum Ellenbogen reichender Handschuhe.
    Und aus irgendeinem Grunde hatte ich einen Kloß in der Kehle.
    IM nächsten Akt des Dramas spielte ich nur eine kleine Nebenrolle, und zwar aus dem Grunde, weil

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