Galaxy Tunes®: Roman (German Edition)
Skulpturen zu Gast waren, schließe ich daraus, dass Sie ein berühmter Sänger waren, bis Ihre musikalische Karriere durch die Entdeckung meines Planeten beendet wurde.«
»Das ist korrekt.«
»Angesichts dessen wäre es vielleicht angebracht, dass Sie die Leitung dieses Verfahrens wegen Voreingenommenheit ablehnen, da die Vermutung naheliegt, dass Sie einen persönlichen Groll gegen zumindest einen der Angeklagten hegen.«
»Das wird nicht nötig sein, weil ich nichts außer Dankbarkeit für Sie und alle anderen Musiker von der Erde empfinde«, erwiderte der Richter. »Zum einen bewundere ich Ihr Werk noch viel mehr als die meisten Kultivierten Lebewesen. Zum anderen hat sich meine berufliche Situation sogar erheblich verbessert, seit ich nicht mehr als professioneller Sänger auftrete.« Er wandte sein Auge Carly zu. »Mein Volk hat eine kollektiv-patrimoniale Gesellschaftsordnung, müssen Sie wissen.«
Carly drehte sich zu mir um, als wäre sie die Gerichtsdolmetscherin. »Das bedeutet, in seiner Spezies gilt das gesamte künstlerische Schaffen als Gemeinschaftseigentum. In solchen Gesellschaften verdienen Künstler kein Geld mit ihrer Kunst und leben in Kollektiven, die philanthropisch unterstützt werden. Sie sind so etwas wie Mönche – nur mit sehr vielen Partys, Drogen und Groupies.«
»Als wir kultiviert wurden, gebot die Doktrin der Einheimischen Künste, dass wir weiterhin unseren traditionellen Sitten auf dem Gebiet der Künste folgen«, fügte der Richter hinzu. »Also wurde unser künstlerisches Schaffen zum gemeinschaftlichen Besitz unserer neuen Gesellschaft, die nun die Kultivierte Liga als Ganzes ist. Und wir behielten die uralten Regeln bei, nach denen es unseren Künstlern nicht erlaubt ist, Geld mit ihrer Kunst zu verdienen.«
»Also hatten Sie kein großes Einkommen als Sänger?«, fragte ich.
»Ich hatte gar kein Einkommen«, murrte er. »Wir mussten den Eid der ewigen Armut ablegen, um an der Schule der Noblen Künste aufgenommen zu werden.«
»Das ist doch verrückt «, sagte ich empört. Es kann nie schaden, sich mit seinem Gefängniswärter gut zu stellen.
»Wem sagen Sie das! Ich meine, es war in Ordnung, als ich zweitausend Jahre alt war und nicht mehr wollte, als Partys zu feiern und Mädels zu vögeln. Vor allem, weil die Musik auf jeden Fall meine erste Liebe war. Aber als ich etwas älter wurde, wünschte ich mir immer mehr, etwas Eigenes zu haben.«
»Klar. Und vielleicht auch ein bisschen was auf der hohen Kante«, riet ich.
»Genau … ein kleines finanzielles Polster! Dann kam der Kotter-Moment. Und plötzlich wurden unsere Dienste nicht mehr benötigt, und wir Sänger wurden von unserem Eid entbunden. Deshalb kann ich jetzt die zweite Hälfte meines Lebens nur für mich leben.«
»Also ist der Beruf des Gefängniswärters Ihrem Herzen näher?«
»Meinem Dickdarm näher«, korrigierte er mich. »Wir haben keine Herzen, weil unser Blut von unseren Adern durch den Körper gepumpt wird. Wir assoziieren Liebe und Leidenschaft mit unserem Dickdarm. Aber um Ihre Frage zu beantworten: Dieser Beruf ist nur nervig. Allerdings habe ich in einigen Jahren Anspruch auf meine Rente, und dann kann ich mich in meinen letzten vier Jahrtausenden dem Makramee widmen, das schon immer meine zweite Liebe war.«
»Moment … Sie werden viertausend Jahre lang Rente beziehen, nachdem Sie – wie lange gearbeitet haben?«
»Dreiundvierzig Komma drei Jahre. Ich übe diesen Beruf seit dem Kotter-Moment aus, und ich habe noch ein paar Jahre vor mir. Schockierend, was?«
»Nun ja, es ist vielleicht ein wenig … unausgewogen.«
»Ein wenig? Es ist absolut unausgewogen!«, erwi derte der Gefängniswärter verbittert. »Ich habe Freunde, die schon kurz nach dem Larvenstadium mit der Arbeit begannen, und sie bekommen ihre Rente für die gesamten achttausend Jahre ihres erwachsenen Lebens, aufgrund der gleichen dreiundvierzig Komma drei Jahre Erwerbstätigkeit. Also sollte man meinen, dass man die nötige Arbeitszeit für jemanden wie mich auf die Hälfte reduzieren könnte, oder?«
Carly sah mich wieder an. »Bestimmungen über den Umgang mit der Kunst sind nicht die einzigen Dinge, die unveränderlich sind, wenn neue Zivilisationen der Kultivierten Liga beitreten. Auch Gesetze bezüglich staatlicher Renten sind unantastbar. Und da der Zugang zu Kultivierter Technologie häufig eine enorme Erhöhung der Lebenserwartung zur Folge hat, sind viele Gesellschaften an Verträge gebunden, die ihren
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