Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition)

Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition)

Titel: Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karsten Kruschel
Vom Netzwerk:
fragen würde.«
    Er lächelte Michael überraschend an und sah richtig treuherzig aus.
    »Ich mache Reklame, wie? Musst dich abfinden damit. Beschau es dir mit Humor. Etwas anderes bleibt dir nicht übrig, bei diesen Vorschlägen.«
    Michael überflog die Texte auf den drei beinahe leeren Blättern, zog einen Schreiber hervor und markierte eines der drei Themen, ehe er das Blatt signierte und zurückgab.
    »Ich bin krank gewesen«, sagte er. »Gestern haben mich die Ärzte entlassen – auf eigene Gefahr. Deswegen komme ich spät.«
    Das vertrocknete Männlein blieb unbewegt.
    »Da kann ja jeder ...«, verstand Michael, dann wandte sich das Männlein wieder dem Rechner zu und gab allerlei Daten ein. Michael nickte weise. Schließlich musste die Verwaltung ja wissen, welches arme Schwein an welchem trüben Tag welches sterbenslangweilige Thema abbekommen hatte, und irgendwo im Rechnernetz der Universität gab es sicherlich einen dunklen, spinnwebenverhangenen Ort, an dem solche Informationen einen langen sinnlosen Tod starben. Kaum waren die Eingaben in den Tiefen der Datenwelt verschwunden, angelte der Vierte Stellvertreter eine mäßig gefüllte Mappe aus einem Regal und überreichte sie mit einer Geste, als enthielte die Mappe eine Schatzkarte mit dem Weg zum heiligen Gral.
    »Gratuliere, das Thema wollte seit fünf Jahren keiner. Hat sich einer gefunden ...«
    Michael wandte sich um und wollte grußlos gehen – er würde mit diesem Mann nie wieder zu tun haben. Was sollte es also. Beinah hätte er über die obere Kante der Akte gepustet, um zu sehen, ob sich Staub darauf abgelagert hatte.
    »Moment«, rief der Alte, »ich hab noch was sagen wollen.«
    »Ja?« Verdammte Höflichkeit, schimpfte Michael. Sein Rücken fing an zu schmerzen.
    »Der Quatsch mit den Verrückten von Engambosch liegt, wenn ich richtig nachdenke, ein Jahr länger oder so hier herum. Wollte ich der Vollständigkeit halber erwähnen. Vermutlich will sich niemand den langen Weg nach Engambosch antun.«
    Michael nickte langsam; was ging ihn das an, seit wie vielen Jahrhunderten die Uni bereits auf diesen völlig bedeutungslosen Aufgaben hockte und auf einen Dummen wartete, der sich damit befassen würde. Er wandte sich zum Gehen.
    »Ach ja«, der Alte hob einen Finger, »viel Glück und gutes Gelingen wünsche ich!«
    Seine Stimme klang wie das Rascheln von Papier. Michael schüttelte nur den Kopf und ging. Viel Glück! Und gutes Gelingen! Das war so lächerlich. Er grinste.
    Bereits zu diesem Zeitpunkt waren gewisse Informationen in den Speichern der Universitäts-Rechner angelangt. Und nicht nur dort. Während der junge Mann behutsam, um seinen Rücken zu schonen, die Stufen auf den menschenleeren Campus hinunterging und versuchte, nicht an seinen Bruder zu denken, waren eine Menge verschlüsselter Nachrichten unterwegs. Einige davon nahmen ihren Weg zwischen den Sternen, andere hier unten, und wieder andere sorgten lediglich dafür, dass in einem bestimmten Rechnerprogramm ein leeres Bit mit dem Wert Null durch ein volles mit dem Wert Eins ersetzt wurde.
    Michael Sanderstorm klemmte die Mappe unter dem Arm fester, als ein Windstoß versuchte, ihm die wenigen Blätter zu entreißen.
    »Na, was hast du Feines bekommen für deine Abschlussarbeit?«, fragte später Nikki spöttisch.
    Michael reichte ihr wortlos die Mappe des Vierten Stellvertreters und setzte sich mit leisem Stöhnen. Er achtete darauf, sich nicht in die Mulde zu setzen, die der angestammte Platz von Nikkis Vater war. Der Mann pflegte von hier aus die riesenhafte Kommunikationskonsole zu benutzen, ein angeberisches Ding, das jetzt ausgeschaltet und still dahindämmerte. Jede Bewegung tat Michaels Knochen weh, und er zischte leise.
    Das schmerzerfüllte Geräusch war völlig fehl am Platz in dieser Umgebung. Die geschwungenen schneeweißen Möbel, das makellose Leder und die blitzenden Glastische betrachteten ihn vorwurfsvoll. Diese Inneneinrichtung machte ihm ein schlechtes Gewissen. Er streckte den Rücken durch, legte den Unterarm in die Nierengegend. Endlich ließ das Stechen nach. Der Schmerz sickerte in die Narben und verteilte sich dort, um jeden Augenblick wieder hervorkommen zu können. Unter dem Gewicht seines gepeinigten Körpers knirschte leise das weiße Leder. Michael schaute auf das riesige abstrakte Gemälde, für das Nikkis Vater Unsummen bezahlt hatte. Wenn man lange genug auf die ineinander verfließenden Farben starrte, konnte man früher oder später alles

Weitere Kostenlose Bücher