Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition)
sich nicht von Markus Hataka in ein Fahrzeug setzen lassen, das sie zurückbrachte. Es gab keinen Weg zurück nach Galdäa. Keinen raschen. Keinen einfachen. Sie war auf Penta IV. Hier war das Leben brutal und geldgesteuert. Nicht durch den kostspieligen Luxus gedämpft, den der andere Planet besaß. Wenn sie sich richtig entsann – und das tat sie immer –, war die Universitätswelt zwar in demselben System, umkreiste dieselbe Sonne, die Entfernung zwischen den beiden Planeten war jedoch enorm. Die Umlaufbahn, die laut dem Rocheschen Gesetz eine Welt dazwischen beherbergen sollte, war mit Schutt gefüllt. Und der Verkehr zwischen den beiden recht unterschiedlichen Planeten war stark reglementiert. Niemand hatte ein Interesse, die teuer bezahlte Idylle von Penta V mit hässlichen Bildern aus anderen, härteren Wirklichkeiten zu behelligen. Was Ari und Mikko vorhin versucht hatten, war normales Verhalten gewesen – normal im Rahmen dieser Welt, dieser Gegend, dieser Uhrzeit, dieser Straße. Vielleicht hatte Jana selbst, ohne es zu wissen, irgendwelche Signale ausgesandt. Gleichwohl spürte sie erst jetzt ein leichtes Bedauern, dass sie T‘Arastoydt nicht hatte gewähren lassen. Es kam ihr so logisch vor angesichts einer so verdrehten Welt.
Ich sitze hübsch in der Patsche, dachte Jana. Ich sitze ganz allein auf Penta IV fest, und ich kenne niemanden, habe kein Geld, keinen Ausweis und keine Identität. Ich bin völlig falsch; genauso gut könnte ich auf einem der sieben Planeten von Utragenorius gestrandet sein. Ich könnte ins Institut zurückkehren. Bei dem Gedanken daran, was die mit ihr anstellen würden, lief ein leichter Krampf durch ihre Muskeln. Das nicht. Nur das nicht. All die Drogen. Und die Experimente.
Jana wich in die Grünanlage zurück, die auf der anderen Straßenseite lag, denn ein Fahrzeug näherte sich. Aus dem Schatten der Bäume heraus musterte Jana das Ding, das gemächlich vorbeischnurrte. Es sah völlig unscheinbar aus, ganz genau so wie auf den Bildern von der Universitätswelt. Auf den ersten Blick gab es keinen Unterschied. Nur waren in den Türen Schlösser montiert, und an den Flanken der Karosserie zeugten etliche Schrammen von einem langen Leben der Maschine. Man konnte das Ding mit einem Fahrzeug der Universitätswelt verwechseln, wenn man nur flüchtig hinsah. Jana hatte seit ihrer Flucht aus dem Institut nur flüchtig hingesehen. Sie hatte vieles nicht richtig beachtet; wenn sie jetzt darüber nachdachte und die minutiösen Erinnerungen K‘jonasoidts durchmusterte, dann konnte sie kaum verstehen, wie ihr die Werbetafeln von Die Hervorragenden Bilanzen oder Glanz des Fortschritts hatten entgehen können. Beides waren Namen von besonders berühmten Werften, die praktisch immer qualifizierte Arbeitskräfte suchten. Im Vorüberlaufen hatte Jana Hakon nicht darauf geachtet. K‘jonasoidt allerdings hatte es getan.
Galdäa war weiter weg, als sie gedacht hatte. Von hier aus sah die Heimat nahezu unerreichbar aus. Es würde lange dauern, ehe sie wieder vor das Konzil der Schwestern treten konnte, und noch viel länger, ehe sie wieder den Schwarzen Turm besteigen würde.
Die Drogen forderten ihren Tribut, und Jana suchte sich in der Finsternis zwischen den Pflanzen eine ungestörte Stelle, um all die Chemikalien auszupinkeln, die ihre Nieren aus dem Blut gewaschen hatten. Sie spürte, dass ihre Kräfte zur Neige gingen. Normale Menschen wären bereits zusammengebrochen.
Sie musste zurück, dieses seltsame Terminal unter Beobachtung halten. Vielleicht würde sich Hataka bald melden. Wenn die Schöpfer weiter mit ihr waren.
Aus ihrer Deckung heraus bemerkte sie Bewegung. Was, wenn jetzt Hataka anrief? Sie konnte kaum aus dem Gebüsch auftauchen und schnurstracks zu einem klingelnden Telefon gehen. Vor allem vor den Augen dieser beiden nicht.
Mikko und Ari taumelten vorbei, beide schwer gezeichnet, stumm und schnaufend, die Kleidung unordentlich. Mikko hatte seine Hose offen gelassen. Ari stützte seinen Freund. Seine Augen waren von prächtigen Blutergüssen nahezu verschlossen, und er hielt sich sehr aufrecht. Vielleicht, dachte Jana, habe ich ihm ja ein paar Rippen gebrochen. Hoffentlich haben die beiden ihre Versicherungsbeiträge pünktlich bezahlt. Sonst denkt kein Medlabor und erst recht kein Arzt daran, den beiden gratis etwas zu geben, und sei es ein Kühlakku. Auf der Werkwelt dürfte das so oder ähnlich laufen.
Sie sah dem merkwürdigen Paar hinterher. Ihr fiel ein,
Weitere Kostenlose Bücher