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Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition)

Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition)

Titel: Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karsten Kruschel
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sehen, was man sich wünschte.
    Nikki blätterte in den Papieren. Ihr Gesicht wurde immer länger. Sie schüttelte den Kopf.
    »Um Himmels willen, hatten die nix Besseres?«
    Michael bewegte verneinend den Kopf, er wollte dieses unheimliche und furchteinflößende Knirschen nicht wieder durch seine Gliedmaßen fahren hören.
    »Hatten sie nicht – es war der zweite Nachzüglertermin«, sagte er. »Da sind die wirklich spannenden Themen längst weg. Die beiden anderen offenen Aufgaben waren noch schlimmer. Eine drehte sich um die Hinterwäldler auf Engambosch, und ich hätte hinfliegen müssen. Nach Engambosch, stell dir das vor; da hätte ich mich ja gleich einfrieren lassen können. Und das andere war irgendwas über die Grobiane auf der Werkwelt. Expeditionen auf irgendwelche Werften sind für mich wohl kaum das richtige.«
    Nikki schaute ihn zweifelnd an.
    Michael zuckte mit den Schultern. Sein Rücken protestierte und schickte Klingen aus, die emsig auf und ab marschierten. »Nachzügler-Geschichten eben. Wer zu spät kommt, den bestraft der Bürokrat. Wer zu früh kommt, dem passiert dasselbe. Und auch diesen Termin hätte ich beinah verpasst.«
    »Wie das – du bist doch pünktlich los?«
    Nikki funkelte Michael an, und der blickte kläglich zurück. Seine Freundin wirkte manchmal bedrohlich, vor allem hier, in einer Umgebung, die förmlich in die Welt hinausbrüllte, dass der Inhaber dieses trauten Heims jemand Bedeutendes sein musste.
    »Mir ist was Komisches passiert«, erklärte Michael. »Ich sitze in der Ringbahn, die Uni-Station kommt, und ich kann nicht aufstehen. Genau das, was der Arzt vorausgesagt hat. Wie ein Klappmesser mit gebrochener Feder. Es ging einfach nicht. Ich bin fünf oder sechs Stationen gefahren und dann zurück.«
    Nikki sah ihm forschend in die Augen, als zweifelte sie an seinen Worten; belüge mich, sagte dieser Blick, und ich reiße dir das Herz heraus.
    »Du musst wieder hingehen«, sagte sie sehr bestimmt.
    »Wo muss ich wieder hingehen?«
    »Tu doch nicht so! In die Universitätsklinik natürlich. Du kannst nicht als halber Mensch herumlaufen.«
    Michael schüttelte vorsichtig den Kopf; diese Bewegung nahm ihm sein lädierter Rücken nicht übel. Er atmete freier und wagte es, Nikki offen zu widersprechen.
    »Ich hab das Verlängerungsangebot dankend abgelehnt, das weißt du sehr gut«, entgegnete er.
    Und eine zweite Möglichkeit, den Studienplatz verlängern zu lassen, wurde niemandem geboten; nicht von einer der drei führenden Universitäten auf Penta V, nicht einem völlig unbedeutenden Studenten, aber das sagte er nicht. Nikki wusste das ebenso gut wie er.
    »Und es war falsch, sag ich!«
    Nikki klappte wütend den Ordner zu.
    »Darum muss ich zum Termin meine Arbeit abliefern«, stellte Michael fest, und er bemühte sich, den Punkt hinter diesem Satz sorgfältig mit auszusprechen. Manchmal wünschte er sich die Gabe, die andere Leute hatten: in Großbuchstaben reden zu können. Oder wenigstens mit so viel Nachdruck, dass weitere Widerrede ausgeschlossen war. Tasso hatte so etwas manchmal fertiggebracht, und Michael hatte seinen Bruder dafür immer wieder bewundert.
    »Arbeit abliefern? Auf Kosten der Gesundheit?«, fragte Nikki.
    »Arbeit dürfte besser sein als Nichtstun und Sichbehandeln-lassen.«
    »Michael, du machst dich kaputt.«
    »Was mich kaputtmacht, ist dieses untätige Rumsitzen«, widersprach er. »Nichts zustande zu bringen, ist wie eine Lähmung. Wie eine richtige Lähmung. Nicht die Knochen – hier oben drin hakt es aus.«
    »Hm – ich merk das schon ganz deutlich.«
    »Nicht so spitz, ja?«
    »Du meinst, dieses vollkommen reizlose Thema bringt dir eine gute Abschlussarbeit ein? Denkst du das wirklich?« Nikkis Stimme kletterte in die Höhe, während sie das sagte.
    Michael grinste seine Freundin an. »Du hast es leider nicht kapiert«, sagte er und breitete in einer absichtlich theatralischen Geste seine Arme aus, ohne auf das Zerren und Ziehen in seinen Muskeln zu achten. »Ich will keine Supernote oder dass das Ding sofort gedruckt wird und ich im Netz der Welten als Sensation herauskomme: Der Chronist der bedeutendsten Titanaufgrabung unseres Jahrhunderts! Der Retter der vergessenen Seelen von Engambosch spricht heute Abend in einer Direktübertragung zu unseren Zuschauern! Oder: Sagen Sie, Herr Sanderstorm, wie ist es Ihnen gelungen, solche beeindruckenden Aufnahmen von den Qualen der Monteure auf der Werft Knochenbrei und Seelenqual zu machen?

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