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Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition)

Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition)

Titel: Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karsten Kruschel
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gestörte Verdauung. Nicht nur, dass die Leute mächtig in die Breite gingen, weil korpulente Körper die Wärme besser hielten. Die Menschen auf Karna waren mit Problemen konfrontiert worden, die damit nicht zu vergleichen waren. Die herkömmlichen Methoden, ein Kind zu zeugen, mochten unter zweieinhalbfacher Schwerkraft nicht funktionieren.
    »Und die Labors der Gründerväter?«, fragte sie.
    Kaddok lächelte kalt. Seine Augen musterten die Umgebung voller wartender Karnesen, in festliche Gewänder gehüllt. Die Veranstaltung, die längst hätte in Gang sein sollen, wurde offenbar aufgehalten. Der Schwerweltmensch runzelte die Stirn. Dann starrte er zu der viel kleineren Frau hinunter.
    »Sie haben sich mit der Geschichte Karnas nicht eingehend beschäftigt, oder?«, fragte er. »Es war das dritte einschneidende Datum der Geschichte meiner Heimat. Der Tag, an dem die Schutzfelder der Refugien zusammenbrachen und zusammen mit den Labors und Unterkünften der Rest unserer Vorfahren vernichtet wurde. Sie wurden zerdrückt von der Gravitation oder sie erfroren innerhalb von Minuten. Das war das Datum, das uns zwang, auf eigenen Füßen zu stehen. Keine genetischen Tricks mehr, keine Ratschläge aus den überheizten Lebensräumen der Schwachen. Und keine künstliche Befruchtung, keine Kinder aus dem Reagenzglas. Nichts.«
    Jana durchforschte die endlosen Datenbanken K‘jonasoidts; sie fand wenig über Karna, und über die Geschichte dieses mehr aus Versehen besiedelten Planeten war so gut wie nichts verzeichnet. »Sie haben recht«, sagte sie, »ich bin wirklich wenig informiert über Ihr Volk.«
    Kaddok atmete tief ein und hielt die Luft für einige Sekunden in seinem riesigen Brustkasten, ehe er sie langsam hinausließ und weitersprach.
    »Auf Karna gibt es drei heilige Tage. Man zelebriert sie jedes Jahr mit großer Andacht. Erstens: Der Tag, an dem die Gründerväter gezwungen waren, auf einem für sie lebensfeindlichen, überschweren und kältestarrenden Planeten zu landen. Zweitens: Der Tag, an dem das erste Kind geboren wurde, das auf diesem Planeten würde leben können. Das Kind, das seine Mutter bei der Geburt tötete. Der einzige Geburtstag, den wir feiern. Drittens: Der Tag, an dem die Relikte der leichtweltigen, schwülwarmen Vergangenheit zusammen mit den Gründervätern zerquetscht wurden.«
    Jana spürte, wie es ihr kalt über den Rücken lief; ein Volk, dessen Geschichte aus kolportierten und tiefgefrosteten Katastrophen bestand. Sie mochte gar nicht daran denken, in welchem Alter sich karnesische Kinder befanden, wenn man ihnen all diese Grausamkeiten mitteilte. Warum nur enthielt ihr so unermesslich großer Wissensspeicher so gut wie nichts über Karna? Wie kamen Menschen auf die Idee, eine Geburt zum Feiertag zu erklären, die mit dem Tod der Mutter geendet hatte? Wie beging man den Tag, an dem sich die Ausrottung der eigenen Vorfahren jährte? Und warum war immer nur von den Gründervätern die Rede? Wo blieben die Gründermütter?
    »Und die herkömmlichen Verfahren der Fortpflanzung«, sagte sie leise, »wurden von der Schwerkraft nahezu unmöglich gemacht.«
    Sie wollte jetzt nicht darüber nachdenken, was genau unmöglich gemacht worden war, was in den Körpern vor sich gegangen sein mochte. Kaddok erwiderte nichts. Veruca Salt spürte, dass der Karnese gar nicht wahrnahm, was sich um ihn herum abspielte. Er wartete darauf, welche Schlussfolgerungen sie aus den wenigen Brocken Information ziehen würde, die er ihr hingeworfen hatte. Er bemerkte nicht, wie die in kostbare Tücher gekleideten Karnesen im Zimmer unruhig wurden und einander zweifelnde Blicke zuwarfen. Irgendwas war nicht in Ordnung, und alle hier spürten es. Nur Kaddok nicht.
    Kaddok tat ganz unbeteiligt, während er in Wirklichkeit gespannt darauf lauerte, was Veruca Salt zu entgegnen hätte. Sie ahnte, dass der Karnese von mehr als nur Neugier angetrieben wurde. Also gut, die Probleme der Karnesen, den ebenso jungfräulichen wie feindlichen Planeten zu erobern, ihn zu bevölkern, sich zu vermehren. Sie dachte nach.
    »Es war nicht nur ein Problem der Physis«, sagte sie, »denn im grundlegenden Bauplan sind die Körper der Karnesen mit denen der Menschen vollkommen identisch. Und seit die Humankonvention sich mit den Karnesen beschäftigt hat, steht außer Frage, dass die Bewohner Karnas in jeder Hinsicht, vor allem in biologischer, zur Art Homo sapiens gehören. Das kann es also nicht sein. Die genetische Anpassung der

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