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Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition)

Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition)

Titel: Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karsten Kruschel
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Karnesen ist nicht die Ursache des Problems.«
    Veruca Salt hielt inne und musterte Kaddoks Gesicht. Es war unbewegt. Er hörte zu und ließ keine Gemütsregung an die Oberfläche dringen. Karnesen standen im Ruf, ein aufbrausendes und wenig beherrschtes Temperament zu haben. Veruca Salt war sich allerdings nicht im Klaren darüber, inwieweit diese allgemein anerkannten Vorurteile über die Schwerweltmenschen auf Kaddok anwendbar waren. Der Mann kam ihr wenig typisch vor, verglichen mit den mageren Informationen, die ihr über die Karnesen zur Verfügung standen.
    »Kinder zu bekommen«, sagte Veruca Salt, »setzt neben allerlei psychischen Bedingungen voraus, dass Sperma und Eizelle zueinander kommen. Gesetzt den Fall, dass alle anderen Dinge normal funktionieren, würde eine übergroße Schwerkraft den normalen Weg der Samenfäden behindern. Man müsste Maßnahmen ergreifen. Passende Lagerung nach dem Beischlaf, zum Beispiel. Und die Einnistung der befruchteten Eizelle in der Gebärmutter ist dann von denselben Schwierigkeiten begleitet.«
    Langsam begriff sie. Eine jede Frau würde das verstehen. Bei Männern war das nicht unbedingt zu erwarten. Wenn das Kinderkriegen mit einer derartigen Kette von Umständlichkeiten befrachtet wurde, kam sich die Frau unweigerlich vor wie eine Brutmaschine. Oje. Ob eine Schwangere auf Karna überhaupt je aufstehen durfte, ehe das Kind heil und gesund auf die Welt gekommen war? Und wie viele Schwangerschaften mochte die schiere Gravitation vorzeitig beenden?
    Unter solchen Umständen mochte der E-Tag eine logische Schlussfolgerung sein. Alles danach konnte man beherrschen. Man konnte die Schwangere ruhen lassen, bis der Tag der Geburt gekommen war. Man konnte alles tun, um die so kostbare Frucht in Ruhe reifen zu lassen. Aber den Punkt der Empfängnis selbst konnte man so nicht beherrschen, nicht ohne die Labors und die ausgeklügelten medizinischen Apparaturen, die von der Gravitation zerquetscht worden waren. Dieser Vorgang blieb ohne Hilfsmittel geheimnisvoll und schicksalbehaftet. Langsam begann Veruca Salt zu verstehen, warum die Karnesen einen E-Tag feierten.
    Letzten Endes, dachte sie, waren es nur zwei winzige Tropfen Schleim, die irgendwie zueinander kommen mussten, um das Leben eines neuen Menschen hervorzubringen. Wenn diese beiden Tröpfchen von übergroßer Schwerkraft flachgepresst wurden und von ihr dort festgenagelt waren, wo sie sich befanden – dann mochte es tatsächlich ein Ereignis sein, dass zwei nasse Winzigkeiten sich im warmen feuchten Innern eines Körpers begegneten. Mal ganz abgesehen davon, dass in klirrender Kälte manches anders ablaufen mochte, als es Menschen gewohnt waren.
    Kaddoks Muskeln spannten sich, und es war nicht Erwartung, was ihn aufregte, das konnte Jana spüren. Sie riss sich von ihren Gedanken los, und sie erkannte, dass Kaddok nur deswegen noch neben ihr war, weil er keinen anderen Platz hatte. Die Karnesen standen so dicht, dass man nichts mehr sehen konnte, ein Wald aus muskelstrotzenden Leibern, ein Alptraum aus gewölbten Schultern und breiten Rücken.
    Das Geplauder klang nicht mehr entspannt. Man blickte zur Tür und machte keinerlei Anstalten zu beginnen. Jana wollte sich ablenken von den Gedanken an zerquetschte Liebespaare, absinkende Körperflüssigkeiten und Eis auf nackter Haut; sie musterte neugierig die Tafel. Dort waren Dinge zum Trinken und Essen aufgebaut, die entschieden sonderbar aussahen. Erschauernd erinnerte sich Jana an einige Informationen K‘jonasoidts, karnesische Spezialitäten betreffend. Getränke, die aus purem Alkohol und einigen Prozent scharfer Gewürze bestanden. Exkremente gewisser Kopffüßer, die man zu Konfekt verarbeitete. Absinth aus den Körperflüssigkeiten karnesischer Gliedertiere.
    Sie wurde nicht dazu gezwungen, von den verdächtig aussehenden Spezialitäten zu probieren. Ihr Armband begann zu jucken und zu vibrieren. Verdammt. Ja‘ana K‘jonasoidt Hakon T‘Arastoydt war schlagartig hellwach. Das Signal konnte nur zweierlei bedeuten. Entweder war jemand in ihr winziges Quartier eingedrungen, oder es lag eine Nachricht in ihrer elektronischen Postbox – einer Postbox, deren Adresse nur Bonnie Wayss kannte. Und es gab kaum eine Möglichkeit, diese offenbar verzögerte Feierlichkeit zu verlassen, ohne den Gastgeber oder gar Kaddok zu brüskieren. Was für ein Dilemma, dachte Ja‘ana K‘jonasoidt Hakon T‘Arastoydt. Für einen kurzen Augenblick spürte sie, was für Nichtgaldäer

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