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Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition)

Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition)

Titel: Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karsten Kruschel
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unbarmherzige Melodie, süß und scharf, unwiderstehlich, gespielt von jemandem, der am Rand eines glassplittergespickten Abgrunds steht. Er erinnerte sich an eine schwielige Hand, die ihn am Nacken zu seinen Instrumenten und Rechnern hinüber schob. Seine unbarmherzige Fee, die ihm neue Musik in den Kopf hineintrieb wie silberne Nägel. Eveline hatte das verrückte Ergebnis seines musikalischen Anfalls gut gefunden. Laut wie die Hölle. Nun ja; waren es nicht Kugeln, die aus Silber sein mussten, statt der Nägel?
    »Die Blutspritzer«, sagte Markus, »die Eveline erwischt hatten, das war alles mein Blut?«
    Bonnie nickte.
    »Ich wusste nicht, dass ich so eine Menge Blut habe«, sagte der Musiker.
    »Etwa sechs Liter«, sagte die Frau mit den stoppelkurzen Haaren, »nur so ein Schätzwert. Wir haben nicht alles abgelassen und nachgemessen. Mit ein wenig Blut kann man eine erstaunlich riesige Fläche versauen.«
    Markus runzelte die Brauen und sah Bonnie mit gespielter Entrüstung an. »So genau wollte ich es gar nicht wissen«, sagte er.
    »Die wollten niemanden sonst umbringen, nur dich«, entgegnete Bonnie. In ihrer mechanischen Stimme waren weder Bedauern noch Empörung spürbar. »Wärst du an deiner Tür geblieben, hätten wir wirklich Mühe gehabt, eine heile Zelle für eine genetische Analyse zu finden.«
    »Oh«, sagte er.
    »Ja«, bestätigte Bonnie Wayss, »vielleicht ist ‚oh‘ eine angemessene Reaktion. Direkt an deiner Tür gab es nicht einmal mehr unversehrte Moleküle. Für solche Operationen gibt es den Ausdruck chirurgisch. Mit einer einzigen Detonation entfernt man eine einzige Person.«
    Markus Hataka hatte den Augenblick, in dem sie vom Sie zum Du übergegangen waren, nicht ganz mitbekommen; es kam ihm nicht unpassend vor. Was sollten Förmlichkeiten zwischen Leuten, die im selben Maul rätselhafter Ungeheuer steckten?
    »Chirurgisch?«, fragte er, und er konnte nicht verhindern, dass sich die Frage aus seinem Mund dämlich anhörte.
    Bonnie nickte. »Wären wir nicht gleich zur Stelle gewesen, wären die damit sogar durchgekommen. Ein Kondensatrid, der auf Überladung programmiert war, kombiniert mit einem raffinierten Kraftfeld. Eine winzige, sonnenheiße, pikosekundenschnelle Explosion. Alles im Umkreis von einem Meter wird restlos vernichtet. Fünf Meter Entfernung machen aus der Geschichte einen bösen Boxhieb, zwanzig Meter lassen nur einen Knall übrig. Zwanzig Minuten Herumgerenne ahnungsloser Zivilisten vernichtet die Spuren der Programmierung. Am Ende ist es ein extrem seltener, immerhin denkbarer Unfall der Haustechnik.«
    »Soll das heißen, solche Bomben – Kondensatriden – sind in Wohnungen eingebaut?« Markus war ungläubig; Kondensatriden bildeten das energetische Rückgrat von Flugzeugen und Gleitern, wie er wusste, solch gefährliches Zeug hatte doch in Häusern nichts verloren.
    Bonnie lachte leise. Ihr Implantat raspelte dabei vor sich hin. »Miniaturisierung. Die Dinger stecken heute praktisch überall.«
    »Beängstigend«, sagte Markus.
    Bonnie Wayss sah ihm forschend in die Augen. »Willst du gar nicht wissen, wieso du zwei Wochen im Heilschlaf gelegen hast? Und wieso wir so schnell da waren? Und ob die alte Dame, Eveline, dich jetzt für tot hält? Und ob es Neuigkeiten von Jana gibt? Interessiert es dich gar nicht, wie man auf den überraschenden Unfalltod des Schöpfers von Kutembea Pt. 2 reagiert hat? Die neuesten Verkaufszahlen?«
    Markus zwinkerte verwirrt und versuchte, seine Gedanken in den Griff zu bekommen. Im Augenblick hetzte sein Geist hin und her und versuchte eine Spur von Ordnung in das Chaos zu bekommen. Natürlich übersetzte jemand in seinem Hinterkopf das Ganze in Musik. Die Sägezähne des Schicksals, die an tausend Lebensfäden nagen. Das Vibrieren in seiner Wirbelsäule. Dumpfe Totenglocken, die an Karolus erinnerten und an eine lange Zeit völlig ohne Musik. Keine Zeit jetzt, an Klänge zu denken.
    »Ich bin verwirrt«, sagte er langsam. »Vor Jahren habe ich mal auf der Werkwelt gearbeitet. Als Pfleger in einer Klinik. Dort lernte ich eine äußerst atemberaubende Frau kennen. Sie stand meistens bis zu den Pupillen unter irgendwelchen Drogen; wenn sie das Zeug erst einmal überwunden hatte, war sie eine faszinierende Persönlichkeit. Angeblich gefährlich. Alles, was sie ihr gaben, assimilierte sie in einem rasenden Tempo. Ein Naturtalent.«
    Bonnie Wayss musterte ihn mit einem unergründlichen Gesichtsausdruck und ermunterte ihn mit einem

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