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Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition)

Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition)

Titel: Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karsten Kruschel
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mit Leuten reden, die ihn auf dem Gewissen hatten? Wie war es möglich, freundschaftlich mit einem Vertreter des Volkes zu sprechen, das viele hundert meiner Leute auf dem Gewissen hatte?«
    Markus verstummte und starrte auf einen Punkt hinter Bonnie, den es nicht gab. Nach einigen Sekunden sagte er: »Wie kann ich reden und streiten und mich sorgen, wenn Karolus nicht mehr existiert?«
    Bonnie saß da und schaute Markus aus ihren dunklen Augen an. Eine Frau ihres Kalibers wusste, wann sie die Klappe zu halten hatte. Wer so tief in seiner Geschichte steckte, würde sich kaum davon abbringen lassen, sie so weit zu erzählen, wie er es ertragen konnte. Und wenn man ihm intensiv genug zuhörte, ging er vielleicht ein Stück weiter.
    Markus atmete tief ein. »Das Ende vom Lied«, sagte er, »das Ende vom Lied war, dass wir uns gegenseitig unser Leid klagten. Ich ihr meines von Karolus. Sie mir ihres von ihrer geschundenen vergewaltigten Welt. Und schnell habe ich begriffen, dass mein Kummer um Karolus ziemlich lächerlich wirken musste. Vergleichsweise. Jana hatte nicht nur einfach einen Kampf verloren. Ihr war die ganze Heimat umgekrempelt und auf den Kopf gestellt und bis zur Unkenntlichkeit verändert worden. Ich hatte lediglich die Hölle erblickt, die mir das Ycorgan ausgemalt hatte, und meine Welt war weiterhin da, wenn ich weg käme von dem Zeug.«
    Er zuckte die Schultern.
    »Und dabei habe ich nicht mal den Mut aufgebracht, ihr zu sagen, dass in ihrer Zeitrechnung ein Riesenloch klaffte. Sie war der Meinung, einige Monate nach dem Galdäischen Krieg zu leben. Dabei war der Jahre her und fast vergessen. Mal abgesehen davon, dass die Tragödie auf Galdäa an den meisten Leuten sowieso folgenlos vorbeigegangen ist. Und wenn niemand die Ärmste aufgeklärt hat, dann ist sie immer noch dieser Meinung.«
    »Manchmal habe ich dasselbe Gefühl«, sagte Bonnie, »als wäre Galdäa erst ein paar Tage her und nicht Jahre.«
    »Eben. Zeit ist manchmal erschreckend flexibel.« Als ehemaliger Ycorgan-Junkie musste Markus es wissen.
    »Die Sucht«, sagte er, »kann man nicht überwinden, nicht hinter sich lassen. Es ist ein Fluch, den man sein Leben lang zu tragen hat.«
    Bonnie nickte.
    »Ich nicht«, erklärte Markus, und der Bass rumorte seinen Leib entlang. »Jana hat einen der geistigen Tricks von Arastoydt an mir ausprobiert, um mir die Sucht zu nehmen. Hat nur halb funktioniert, und sie war darüber sehr unglücklich. Sie hat sich selbst anstelle der Droge eingepflanzt, aus Versehen sozusagen. Ich bin nicht mehr süchtig nach Ycorgan, sondern nach Galdäa, Jana, all dem. Es dröhnt in mir wie ein stehender Ton aus einem riesigen Kontrabass. Ich muss Jana sehen oder Galdäa oder beides. Ich kann nicht anders.« Er lächelte. »Ich will auch nicht anders. Nun ja, das ist typisch für einen Süchtigen, dass er rationale Gründe findet, oder?«
    Bonnie antwortete nicht. Sie wartete geduldig, dass dieser verwirrte Mann die Fragen loswurde, die unweigerlich kommen mussten. Und natürlich kamen sie, und mit der größten Gelassenheit gab die Soldatin ihre vorbereiteten Antworten. Ja, es waren tatsächlich über zwei Wochen seit dem Attentat vor den Augen Evelines vergangen. Nein, er war bei weitem nicht so schwer verletzt worden, wie man der Öffentlichkeit gegenüber getan hatte. Ja, Eveline glaubte, dass ihr netter Nachbar, der sich nächtens mit geiler Musik die Zeit vertrieb, in einer Spezialklinik auf Atibon Legba lag. Nein, es hatte niemand den geringsten Verdacht geäußert, es könnte ein Anschlag gewesen sein. Ja, die Öffentlichkeit war nach wie vor der Meinung, der Schöpfer von Kutembea Pt. 2 sei bei einem Unfall ums Leben gekommen, und wie nicht anders zu erwarten, seien die Verkaufszahlen enorm angestiegen. Nein, man hatte nicht herausgefunden, wer den Anschlag geplant hatte, viel zu professionelle Vorbereitung, jedoch im Detail schlampige Durchführung.
    »Das Wort schlampig«, fragte Markus, »bedeutet in diesem Fall, ich bin am Leben, habe ich das richtig verstanden?«
    »Du hast es richtig verstanden«, antwortete Bonnie Wayss und erlaubte sich ein kleines, sekundenkurzes Schmunzeln, das ihr Gesicht erleuchtete wie unverhofftes Wetterleuchten an einem Nebeltag. Genauso schnell, wie es sich eingefunden hatte, verflüchtigte es sich wieder, und die folgende Kaskade von Fragen und Antworten stand sie mit gelassener Ruhe durch. Ein nachträglich implantiertes Stimmorgan hatte den Vorteil, dass man sachlich

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