Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition)
Kopfnicken weiterzuerzählen.
»Was Jana zu berichten hatte, war oft durcheinander und seltsam; im Laufe der Zeit bekam ich heraus, dass sie von einem Planeten sprach, zu dem ich eine Beziehung hatte. Sie stammte von Galdäa, und dort war sie so etwas wie eine Kriegerin gewesen.«
Markus sah Bonnie ins Gesicht und nickte ihr zu.
»So was Ähnliches wie Sie, denke ich. Für den Kampf ausgebildet, und dementsprechend kaputt. Nehmen Sie es mir nicht übel, meiner Meinung nach beschädigt es die Seele eines Menschen, wenn er zum Töten abgerichtet wird.«
Bonnie sagte nichts, in ihren Augen glitzerte es unergründlich. Markus sprach weiter.
»Ihre Berichte waren erratisch, zusammenhanglos, wie die Bruchstücke eines zerbrochenen Spiegels. All die Mittelchen, die man ihr gab, die verdammten Drogen, zeigten Wirkung. Selbst wenn ich ihr so viel von dem Zeug ersparte, wie ich konnte. Vermutlich waren die Ratten in dieser Gegend die ganze Zeit über völlig zugedröhnt.« Er grinste. »Die Erinnerungen kamen langsam zurück, und zögerlich. Sie kamen zu ihr wie die Perlen einer zerrissenen Kette: Nach und nach, nicht unbedingt in einer brauchbaren Reihenfolge. Und für mich war jedes Gespräch mit ihr wie eine Therapie. Eine irrlichternde, ungeplante, nicht beaufsichtigte, rätselhafte Therapie.«
»Und wie genau ist deine Beziehung zu Galdäa beschaffen?«, fragte Bonnie.
Markus Hataka schluckte.
»Ich habe erst nach einer Weile begriffen, dass es diese Beziehung überhaupt gab. Das lag daran, dass Markus Hataka für Jahre völlig neben der Spur existierte. Ich hatte einige Zeit zuvor meinen Lebenspartner verloren. Er war bei einem seiner Außeneinsätze von den aufständischen Eingeborenen umgebracht worden. Mich hatte sein Tod in eine tiefe Krise gestürzt; unter anderem wurde ich abhängig und landete weit unter dem, was man die Gosse nennt. Ich war am Ende. Zeitweise stand ich buchstäblich neben mir und notierte in Gedanken all den Unsinn, den dieser Körper machte. Vielleicht, um es später im Fegefeuer Karolus zu erzählen.« Er machte eine Bewegung, als deute er nach oben.
Wenn Bonnie diese Geste nichts sagen sollte, behielt sie es für sich. Sie ließ Markus reden.
»Erst die Klinik brachte mich wieder halbwegs zum Funktionieren, natürlich nach einer langen und schwierigen Entgiftung. Ich habe Jahre benötigt, um vom bloßen Funktionieren wieder zum Leben zu finden. Ich habe die Kosten meiner Behandlung abgearbeitet. War teuer.«
»Ycorgan, vermute ich«, sagte Bonnie.
»Ist das so leicht herauszufinden?«
»Es ist naheliegend.«
Markus gab sich einen Ruck und sprach aus, worum er seit Minuten Haken schlug. »Ich war schockiert, als sich herausstellte, dass Jana von derselben Welt stammte, auf der Karolus umgekommen war. Und ich war erleichtert. Und verzweifelt. Sein Tod sah plötzlich genauso unwiderruflich aus, wie ich es nie hatte wahrhaben wollen.«
Es war so verdammt lange her, und trotzdem musste Markus schlucken. Einer der Augenblicke, in denen man meint, eine Träne hinunterwürgen zu müssen. Es war selten vorgekommen, dass er diesen Namen – Karolus – einem Fremden gegenüber erwähnt hatte.
»Galdäa«, sagte Bonnie, um das Schweigen ihres Gesprächspartners zu beenden. Ihr Gesicht war völlig unbewegt. So ausgesprochen, brachte ihre Stimme den Namen des Planeten zum Klirren.
»So ist es« antwortete Markus. »Karolus war in genau den Wirren getötet worden, in die auch Jana verwickelt war. Auf der anderen Seite, natürlich. Dass ich einen Einwohner Galdäas kennenlernte, besiegelte irgendwie das Ende von Karolus. Galdäa verwandelte sich von einem fernen, grausigen Ort voller Ungeheuer, irgendwo mitten im Universum, in einen konkreten Ort mit konkreten Leuten. Jana beschrieb mir die Landschaft, den Schwarzen Turm, das Wetter, die verzwickten Beziehungen der Staaten und Königreiche. Sie erzählte mir davon, dass alle Galdäer daran glaubten, ihre Rasse sei erst vor ein paar Generationen erschaffen worden, von den Schöpfern, denen eine finstere und bedrohliche Macht im Nacken saß, die alle Schöpfer unglücklich machte.«
Er rieb sich die Augen, die brannten wie von Tränen, aber er weinte nicht. Es war mehr die Erinnerung, die wehtat.
»Zwar bestand keine große Wahrscheinlichkeit, dass sie direkt an seinem Tod beteiligt gewesen war; für mich tat sich allerdings ein finsteres Dilemma auf. Wie konnte ich mit jemandem reden, der vielleicht Karolus umgebracht hatte? Wie konnte ich
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