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Galeeren in der Ostsee

Galeeren in der Ostsee

Titel: Galeeren in der Ostsee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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jetzt aber abgewetzt und voller Flecken und Löcher waren. Wahrscheinlich hatte das Haus einem wohlhabenden Kaufmann gehört, als Portsmouth noch ein lebhafter Handelsplatz gewesen war und noch nicht von Franzosen und Kaperschiffen geplagt wurde.
    Ein mächtiges Frauenzimmer trat aus einem Nebenraum. Sie war nicht nur groß, sondern auch muskulös und bar jeder Weiblichkeit. Selbst ihr hochgetürmtes Haar und der feuerrot geschminkte Mund ließen sie eher wie einen Ackerknecht wirken, der sich zur Kirmes herausgeputzt hatte.
    Der Portier sagte unterwürfig: »Ein Offizier, Ma’am!«
    Ihre tiefliegenden Augen musterten Pascoes Gesicht und schienen ihn – wie das Haus – zu verschlingen. Er sah die Haut auf ihrem halbentblößten Busen und fühlte ihre Macht. Er konnte sie sogar riechen: eine Mischung aus Gin und Schweiß.
    »Sind Sie von einem Preßkommando, junger Freund?« Sie faß te ihn unter das Kinn und sah ihn forschend an. »Bist ein hübscher Junge.
    Nein, du willst dich selber ein wenig vergnügen, stimmt’s?«
    Pascoe sagte vorsichtig: »Ich glaube, ein Mann von unserem Schiff verbirgt sich hier.« Er sah ihre Augen gefährlich aufblitzen und fügte schnell hinzu: »Ich möchte kein Aufsehen. Wenn ich ihn zum Schiff zurückbringen kann, hat er nichts zu befürchten.«
    Sie schüttelte sich vor Lachen, bis es schließlich wie Gebrüll aus ihr herausbrach.
    »Nichts zu befürchten! Das ist verdammt gut! Ist ‘s das nicht, Charlie?«
    Der Portier kicherte unsicher. »Ja, Ma’am.«
    Pascoe stand ganz still, als die Frau seinen Umhang löste und ihm von den Schultern nahm.
    »Ich habe zwei nette Mädchen für Sie, Leutnant.« Aber es klang unsicher, als ob sie beeindruckt sei.
    Pascoe legte die Linke auf seinen Dolch und zog ihn langsam aus der Scheide. Ihre Augen blieben dabei fest auf seine gerichtet, und er wußte, daß es rundherum Zuschauer gab, bereit, ihn niederzuschlagen, wenn er seinen Dolch zu benutzen versuchte.
    Er drehte ihn in der Hand und hielt ihn ihr mit dem Griff nach vorn entgegen.
    »Sehen Sie, ich bin jetzt unbewaffnet.«
    Sie warf die Klinge achtlos dem glotzäugigen Portier zu und sagte: »Komm mit, Liebling, und trink ein Glas Genever, während ich nachdenke. Dieser Mann, dem du zu helfen versuchst,« sie konnte ein Lächeln nicht unterdrücken, »wie heißt er?«
    »Babbage.«
    »Und Sie sind Mr…?«
    Eine schmutzige Mädchenhand tauchte aus dem Dunkel auf und reicht Pascoe ein Glas Gin.
    Er sagte: »Pascoe, Ma’am.«
    »Verdammt, ich glaube Ihnen sogar.«
    Sie ging aus dem Raum. »Bleib hier, Liebling. Ich sage nicht, daß ich den Mann kenne. Aber wenn er hier ist, ohne daß ich davon wußte, werde ich ihm selbstverständlich Ihr Anliegen vortragen.« Sie drehte sich noch einmal um und sah ihn gerade an. »Keine Angst, hübscher Junge. Er wird nicht wegrennen, wenn ich es ihm nicht befehle.«
    Es war warm in dem muffig riechenden Raum, und doch empfand Pascoe den Schweiß auf seinem Rücken als eiskalt. War das Ganze nicht nur eine dumme, verrückte Geste? Und wofür eigentlich? Um Penels zu helfen, oder um sich selber etwas zu beweisen? Sein Dolch war futsch, und jeden Augenblick konnte er überwältigt und allein schon seiner Kleider wegen getötet werden.
    Während er wartete, wurde er das übrige Haus gewahr. Er hörte unterdrückte Geräusche und gedämpfte Stimmen. Jeder Raum schien besetzt zu sein.
    Er musterte das Mädchen, daß immer noch die irdene Ginflasche an die Brust gepreßt hielt. Es hatte dunkel umrandete Augen und war spindeldürr und abgehärmt, wahrscheinlich zu allem Elend auch noch krank. Die Kleine fing seinen Blick auf und lächelte, wobei sie ihr schäbiges Kleid von einer Schulter rutschen ließ. Dadurch sah sie eher mitleiderregend als herausfordernd aus.
    Eine Tür im oberen Stockwerk sprang auf, und verärgerte Männerstimmen erklangen.
    Pascoe verließ den Raum und schaute die Treppe hinauf. Oben standen drei Männer, und an der Mauer kauerte ein vierter: Babbage.
    Der Größte der drei zeigte auf Pascoe und bellte: »Ist er das?«
    Pascoe bemerkte, daß der Große die weiße Kniehose und das Hemd eines Marineoffiziers trug. Wahrscheinlich war er gerade bei seinem Vergnügen gestört worden. Wie auch immer: es beruhigte ihn zu wissen, daß er hier nicht völlig allein war.
    Babbage sagte: »Ja, Sir. Das ist Mr. Pascoe.«
    Der Mann kam langsam die Treppe herunter. Er war kräftig gebaut und mochte Mitte Zwanzig sein, hatte dickes lockiges Haar und

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