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Galgenberg: Thriller (German Edition)

Galgenberg: Thriller (German Edition)

Titel: Galgenberg: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margie Orford
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der Seite an. Das Funkeln in seinen dunklen Augen wirkte amüsiert, verletzt, provozierend. Bei ihm hatte sie das nie so genau trennen können.
    »Ich wollte sehen, was aus dir geworden ist«, sagte er.
    Auf der Straße herrschte sommerlicher Betrieb.
    »Und wie lautet dein Urteil?«
    »Dieselben eleganten Beine. Dieselben scharfen Kanten. Derselbe scharfe Verstand.«
    »Das ist alles?«
    »Vom Mädchen zur Frau. Stets ein Wandel zum Besseren.«
    Die Wärme seiner Hand strahlte durch ihr dünnes Baumwollhemd.
    Ihre Haut hatte seine Berührung nicht vergessen. Und reagierte darauf.
    »Ich war ein Idiot.«
    Es war so leicht, sich von ihm in ein Gespräch treiben zu lassen. So bekam er die Frauen ins Bett. Einfach, indem er Worte in Berührungen verwandelte. So hatte er auch sie ins Bett bekommen, sie dort gehalten. Clare schüttelte seine Hand nicht ab. Hatte das Gefühl, dass sie es tun sollte.
    »Dein Film hat mir gefallen«, sagte Pedro. »Du bist schlau. Es ist ein höchst komplexer Ansatz, Spuren einer verschütteten Geschichte freizulegen. Jedenfalls kann man, wenn man hier geboren ist, nicht länger so in Europa leben.« Pedro zeigte den Abstand zwischen Daumen und Zeigefinger an. »Dann hältst du es nicht mehr aus. Die Ordnung, die pünktlichen Züge. Du kannst dein ganzes Leben vorhersehen. Selbst dein Tod wird vorhersehbar. Du könntest dir gleich ein Grab kaufen und dich reinlegen. Nach einer Weile kannst du nicht mehr sagen, ob du am Leben bist oder nicht. Hier kannst du das.«
    »Du bist wieder nach Luanda gegangen, nachdem der Krieg zu Ende war?« Sie wickelte die Kabel ab und reichte sie ihm.
    »Ich habe es versucht.« Pedro prüfte die Akkus, den Sonnenstand. »Ich war dort, um mir unseren alten Familiensitz anzusehen. Da kann man nicht leben. Noch nicht. Höchstens wenn du mit Öl oder Diamanten handelst. Alle sind korrupt, für alles und jedes musst du jemanden bestechen, Politiker auf Beutezug, Teenager mit einer AK-47, mehr Lamborghinis, als du zählen kannst.«
    »Klingt wie Johannesburg.«
    »In Luanda läuft der Verkehr besser«, erwiderte Pedro.
    Eine Gruppe von sonnengeröteten Engländern, die Bierbäuche in die Hemden gezwängt, schwankte betrunken um sie herum. Pedro beobachtete, wie Clare sich geschmeidig und geschickt durch die Gruppe schob, die verkaterten Überbleibsel einer lukrativen Sommersaison. Zwei Blocks nach Osten, und alles war ruhig. Nur das Knallen der langen, schmalen Flaggen im Wind war zu hören. Mit Porträts bedruckt. Gandhi. Sisulu. Tutu. Mandela. Die einstigen moralischen Führer Südafrikas.
    »Das ist sie«, sagte Clare. »Die Slave Lodge.«
    Ein gedrungenes, weißes Gebäude am Fuß der Company Gardens. Die Sprossenfenster waren erst später eingefügt worden – ursprünglich hatte der Bau als Gefängnis und als Kerker für die Sklaven gedient, die von der afrikanischen Westküste und von den Ländern am Rand des Indischen Ozeans hierher gebracht worden waren.
    »Willst du ein paar Aufnahmen von der Außenfront?«, fragte er.
    »Das wäre gut. Vor allem von den Stuckarbeiten hier  – den Wappen der Company.«
    Mit dem Auge am Sucher fuhr Pedro mit der Kamera das gesamte Gebäude ab.
    »Ich habe gehört, du warst im Caprivi«, sagte er. »Und bist dort krank geworden?«
    »Das war ich«, bestätigte Clare. »Wer hat dir das erzählt?«
    »Eine gemeinsame Freundin«, sagte Pedro.
    »Julia, stimmt’s?«
    »Du kannst es deiner Schwester nicht verübeln. Sie hat sich Sorgen gemacht. Du warst im Busch verschollen.«
    »Es ging mir gut«, fauchte Clare.
    »Von wegen. Sie rief mich an, um mich zu fragen, ob ich ihr helfen könnte, dich aufzuspüren. Ich habe es versucht, aber dein Bullenfreund …« Pedro schaltete die Kamera ab.
    »Riedwaan Faizal.«
    »Genau der. Der hatte dich schon wieder rausgeholt. Das wollte ich ihm auch geraten haben, nachdem er dich hochgeschickt hatte.«
    »Es geht mir wieder gut.«
    »Du bist dünner geworden.« Pedros Blick kam auf den Schatten unter Clares Augen zu liegen. »Trauriger.«
    »Ich bin älter geworden«, sagte Clare. »Das ist alles. Jetzt lass uns das hier hinter uns bringen.«
    In der Lodge studierte die Frau am Empfang akribisch die Drehgenehmigung, die Clare ihr reichte. Sie piepste die Kuratorin an und bat Clare und Pedro, im Hof zu warten. Die beiden wanderten an den bescheidenen Ausstellungsstücken vorbei zur Tür. Perlen, Stofffetzen, Metallscheiben, die die Sklaven früher getragen hatten, alle mit der Gravur VOC

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