Galgenberg: Thriller (German Edition)
aussah.« Sie trank ihren Kaffee aus. »Trotzdem vielen Dank, Schätzchen.«
»Wohin fährst du jetzt?« Imogen folgte Clare zurück ins Haus.
»Zu Dreharbeiten«, sagte Clare. »Für einen neuen Film.« Sie zog sich wieder an.
»Ach so?«, sagte Imogen. »Mit wem arbeitest du?«
»Pedro da Silva«, sagte Clare.
» Dem Pedro da Silva?« Imogen zog eine Braue hoch. »Was hält Riedwaan davon?«
»Hat er noch nicht gesagt.«
»Du hast es ihm noch nicht erzählt, oder?« Imogen hatte die gleichen dunklen Augen, den gleichen scharfen Blick wie ihre Mutter. Sie durchschaute Clare sofort.
»Da gibt es nichts zu erzählen.« Clare schloss ihren Wagen auf.
»Na klar.« Imogen beugte sich durch das offene Seitenfenster. »Ach, und übrigens, das zählt nicht als Familienbesuch, Clare.«
»Ich weiß. Schätzchen, ich muss los. Und danke. Bis bald.«
»Ja. Am Valentinstag«, sagte Imogen. »Picknick im Garten. Komm vorbei, bring Riedwaan mit. Und zieh dir was Rotes an.«
9
Die Zentrale des Specialist Detective Service lag hinter der Waterfront. Riedwaan ließ seine Marke vor dem diensthabenden Polizisten aufblitzen und eilte weiter zu seinem Büro. Trotz der getönten Fenster strömte die Februarsonne, der Klimaanlage hoffnungslos unterlegen, in den Raum.
»Faizal.« Major Phiri kam den Korridor entlangmarschiert. Seinem Gang waren die Jahre in der Armee immer noch anzumerken.
»Boss«, begrüßte Riedwaan ihn.
»Diese Skelette in Green Point …« Phiris große, schlanke Silhouette füllte den Türrahmen aus. »Ich hatte eben unseren neuen Minister am Apparat. Das Parlament nimmt in ein paar Tagen die Arbeit auf. Die Presse sitzt ihm im Nacken, weil die Vergewaltigungs- und Mordraten nicht sinken wollen. Er findet, wir verwenden zu viele Ressourcen auf diesen Fall. Meint, wir sollten unsere Ausgaben strategisch einsetzen.«
»Politik.« Riedwaan schüttelte den Kopf. »Ich könnte eher zum Ballett als in die Scheißpolitik gehen. Verzeihen Sie den Ausdruck, Sir.«
Phiri war standhafter Methodist. Er trank nicht, und er fluchte nicht. Soweit bekannt war, koitierte er auch nicht.
»Entschuldigung angenommen, Captain«, entgegnete Phiri.
»Der Minister mag da dünnhäutig sein, aber eines der Skelette ist jüngeren Datums. Ein Fall für die Polizei. Den kann ich nicht einfach unter den Teppich kehren«, sagte Riedwaan. »Wir werden Zeit und Glück brauchen, um herauszufinden, wer sie war.«
»Oder Intelligenz«, ergänzte Phiri. »Wie ich gehört habe, haben Sie Clare Hart darauf angesetzt.«
Phiri hatte lange gebraucht, um sich für Clare zu erwärmen, ihr Fachwissen anzuerkennen und sich mit ihrer intuitiven Intelligenz anzufreunden. Aber der letzte Fall, den Clare bearbeitet hatte, hatte Riedwaans Vorgesetzten tief beeindruckt.
»Sorgen Sie dafür, dass sie alles bekommt, was sie braucht«, sagte Phiri. »Übrigens bin ich heute Morgen angerufen worden. Jemand, der behauptete, er sei der Sicherheitsbeauftragte des Bauunternehmens. Er will eine Beschwerde gegen Sie einreichen.«
»Waleed Williams«, bestätigte Riedwaan. »Fing damals mit Woodstock an, zog von dort aus weiter in die Long Street, als immer mehr Touristen kamen. Ein bisschen Schutzgeld, Erpressung, Schuldeneintreiberei. Saß ein paar Jahre ein. Lernte dort die richtigen Leute kennen. Jetzt ist er groß im Geschäft.«
»Nehmen Sie sich in Acht, Faizal«, warnte ihn Phiri. »Hüten Sie sich vor Ihrem Temperament. Spielen Sie nach den Regeln. Wenn Sie nicht wissen, was die vorschreiben, dann schlagen Sie im Handbuch nach.«
»Ich habe bestimmt irgendwo eines liegen, Sir.«
»Gut«, sagte Phiri. »Vorerst bleibt das Gelände ein Tatort. Aber die Politiker lauern schon. Nicht alle wollen die Vergangenheit zum Leben erwecken. Sie haben selbst gehört, wie man uns bei der Konferenz letzte Woche erklärt hat, dass die Parlamentseröffnung glatt verlaufen muss. Neues Jahr, neuer Anfang, ohne dass irgendwo in Kapstadt peinliche Geschichten ans Tageslicht kommen.«
»Ich hätte da ein paar Vorschläge«, sagte Riedwaan. »Weniger Bling-bling, weniger Ehefrauen und keine Minenkonzessionen an nahe Verwandte mehr. Das würde bestimmt helfen.«
»Auf jeden Fall, Faizal«, sagte Phiri. »Aber versuchen Sie trotzdem, den Ball flach zu halten.«
Riedwaan sah zu, wie sich ein paar Möwen um einen Brotkanten stritten. Der größte Vogel riss einem kleineren den Leckerbissen aus dem Schnabel. Dann flog er triumphierend davon. In seinem Verhalten
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