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Galgenberg: Thriller (German Edition)

Galgenberg: Thriller (German Edition)

Titel: Galgenberg: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margie Orford
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Niederlage beklagen.
    Pedros Kamera surrte, und der leise, vertraute Klang verankerte Clare in der Gegenwart.
    Das sterbende Sonnenlicht fiel durch ein Dachfenster hoch über ihnen. Unter ihnen schwarzes, glattes Wasser, in dem ein Fisch mit dem Bauch nach oben trieb. Versperrte Gänge führten in die Dunkelheit, in der gerade noch die Überreste schmaler Kojen auszumachen waren.
    »Wir haben das rein zufällig entdeckt«, verkündete die Kuratorin und schwenkte dabei den Arm wie eine Maklerin, die ein Haus verkaufen will. »Die Arbeiter suchten nach dem Ursprung eines Risses im Mauerwerk. Und dabei sind wir auf das hier gestoßen. Die Frauenunterkünfte, den alten Plänen zufolge.«
    »Wie viele Frauen?«, fragte Pedro.
    »Immer nur eine Handvoll unter den Tausenden von männlichen Sklaven, die hier während der nächtlichen Ausgangssperre eingekerkert waren«, antwortete die Kuratorin.
    Clare kroch in eine der schmalen Felspassagen. Es war klaustrophobisch eng und dunkel darin.
    Sie tastete den kühlen, feuchten Fels ab. Unter ihren Fingerkuppen gleichmäßig angebrachte Scharten. Eine Frau, die die Zeit abzählte. Sekunden, Minuten, Stunden, Tage, Wochen, Monate, Jahre. Die nicht enden wollende Zeit der Sklaverei, in Stein gemeißelt.
    »Die Slave Lodge war einst auch das größte Bordell in Kapstadt«, fuhr die Kuratorin fort. »Jede Nacht standen den Männern von Kapstadt für eine Stunde die Türen offen. Matrosen, Soldaten, Bürgern. Jeder, der Lust hatte, wurde eingelassen. Bei freiem Eintritt.«
    »Und die Männer?«, fragte Pedro.
    »Die männlichen Sklaven«, antwortete die Kuratorin knapp, »sammelten nachts den Müll ein, säuberten die Latrinen und Kanäle.«
    »Kein Wunder, dass Südafrika zu dem wurde, was es heute ist«, sagte Pedro.
    »Allerdings. Haben Sie von dem Sklavenfriedhof gehört, der gerade am Gallows Hill entdeckt wurde, Dr. Hart?«
    »Ja«, antwortete Clare. »Ich war heute Morgen dort.«
    »Ach so. Dann haben Sie wahrscheinlich mitbekommen, was für ein Konflikt sich dort anbahnt.«
    »Es waren viele Schaulustige dort«, sagte Clare. »Und es gab Spannungen. Wobei ich mir vorstellen könnte, dass die Art, wie darüber berichtet wurde, nicht förderlich war.«
    »Sie hat an einen Nerv gerührt«, stimmte die Kuratorin zu. »Es wird Proteste geben.«
    »Wissen Sie, was geplant ist?«
    »Ein paar von uns aus dem Bereich Kulturelles Erbe wollen sich morgen mit den Archäologen treffen. Wir erwägen eine Gedenkveranstaltung an diesem Wochenende, bei dem ein Chor zu Ehren der Toten singen soll. Ich habe im Radio gehört, dass sich eine Gruppe namens ›Betroffene Bürger‹ gebildet haben soll.«
    »Ja, das habe ich auch gehört. Sie möchten, dass alle Bauarbeiten auf dem Gelände eingestellt werden«, mischte sich Pedro ein. »Sie wollen, dass die Wissenschaftler  – Sie nennen sie Grabräuber  – abziehen und dass alle menschlichen Gebeine wieder bestattet werden.«
    »Sie wissen nicht einmal, wer dort begraben ist«, wandte Clare ein.
    »Anscheinend ihre Vorfahren«, sagte Pedro.
    »Ohne DNA-Analyse wird das nie jemand mit Sicherheit sagen können«, meinte Clare.
    »So läuft das eben, wenn sich die Menschen nicht auf eine Vergangenheit einigen können«, sagte die Kuratorin.
    »Danke, dass Sie mich vorgewarnt haben«, erwiderte Clare. »Wir werden das ganz bestimmt aufzeichnen.«
    »Das ist ein höchst sensibles Thema, Dr. Hart.« Im Halbschatten war die Miene der Frau schwer zu lesen, aber ihr Ton war unterkühlt. »Ich hoffe doch sehr, dass Sie behutsam vorgehen.«
    Ihre Zeit war um.
    Pedro schaltete die Kamera ab.
    Als sie aus dem Gebäude heraustraten, schien die Luft nach der modrigen Dunkelheit leicht und liebkosend über ihre Haut zu streichen. Der Berg zeichnete sich scharf gegen den Himmel ab.
    »Ich könnte dich noch zum Essen ausführen. Rein geschäftlich«, sagte Pedro. Seine Hand auf ihrem Ellbogen. »Wir sollten über den Abgabetermin sprechen. Über den Zeitplan morgen.«
    »Okay. Aber morgen wird ein Höllentag.«
    »Clare, du musst den Augenblick nutzen.«
    »Ja, ich weiß«, sagte sie und schloss den Wagen auf.
    Während Pedro seine Ausrüstung einpackte, erledigte Clare zwei Anrufe. Erst telefonierte sie mit Raheema Patel, dann mit Katrin Goldfarb. Als Pedro neben ihr einstieg, legte sie wieder auf.
    »Du solltest diesen Film möglichst zügig zu Ende bringen, so wie die beiden anderen«, meinte er. »Den einen in New York und den anderen in Jakarta. Schluss

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