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Galgenberg: Thriller (German Edition)

Galgenberg: Thriller (German Edition)

Titel: Galgenberg: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margie Orford
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versehen  – Vereenigte Ooost-Indische Compagnie , die holländische Ostindien-Kompanie. Auf der Rückseite stand eine Nummer. Besitzembleme, die den Namen und die natürliche Abstammung des Sklaven auslöschten.
    »Ein paar von denen wurden heute Morgen in dem alten Massengrab entdeckt«, erklärte Clare. »Da wird noch was nachkommen.«
    »Es handelt sich also um einen Sklavenfriedhof, so wie sie im Radio gesagt haben?«
    »Jedenfalls liegen auch Sklaven dort. Ein paar Skelette sehen aus, als wären sie mindestens zweihundert Jahre alt«, bestätigte Clare. »Aber das sind nur vorläufige Erkenntnisse. Am Neujahrstag 1838 wurden die Sklaven am Kap schließlich befreit. Ich glaube allerdings, dass die Gräber in Green Point vor diesem Datum ausgehoben wurden. Ein paar Skelette wird man vielleicht anhand der Halsmarken identifizieren können«, Clare deutete auf eine, »an den VOC-Nummern wie der hier. Bei den übrigen handelt es sich wahrscheinlich um Arme, Selbstmörder, Soldaten, Matrosen, hingerichtete Gefangene …«
    »Ja, und ich könnte mir vorstellen, dass die öffentlichen Hinrichtungen und Verstümmelungen den reichen Bürgern und ihren Familien immer wieder Unterhaltung boten«, ergänzte Pedro und öffnete die Tür zum Innenhof.
    Die Hitze prallte von den Mauern ab und ließ Clare nach Schatten suchen. In der Mitte des Innenhofes stand ein knorriger Olivenbaum mit einem Brunnen daneben. Sie schaute in die Tiefe. Ein dünner Sonnenstrahl erhellte ein Gesicht, das sich im schwarzen Wasser spiegelte.
    Ihres. Tief vergraben.
    Sie richtete sich erschrocken wieder auf.
    Hinter ihr stand eine stämmige Frau mittleren Alters.
    »Hallo, Dr. Hart.« Die Hand zur Begrüßung ausgestreckt. »Ich bin Sheralyn Jantjies, die Kuratorin. Sollen wir gleich nach unten gehen?«
    »Hauptsache, wir kommen aus der Sonne«, stimmte Clare ihr zu.
    »Dann bitte hier entlang.« Die Kuratorin drückte eine Tür auf. Darüber war ein gelbes Gefahrenschild angebracht. Eintritt verboten, in drei Sprachen. Die Tür fiel hinter ihnen zu und schnitt Licht, Hitze und Lärm ab. Hier gab es keine Fenster. Der schmale Gang wurde von einer einzelnen Neonröhre erhellt. An den Seiten standen Regale mit Lehmbüsten von Männern, Frauen und Kindern. Alle beschriftet. Ein Buschmann, ein Javamensch mit nachgebildeter, nummerierter VOC-Marke, die ihn als Sklave auswies, eine Xhosa-Frau. Abgebaute Dioramen, Ausstellungsstücke, die nicht mehr für politisch korrekt erachtet wurden.
    »Bitte entschuldigen Sie den Staub«, sagte Sheralyn Jantjies. »Hier darf seit Jahren niemand mehr her.«
    »Wer hat die angefertigt?« Clare sah sich die Gesichter genauer an.
    »Sie wohnt weiter oben an der Straße. Katrin Goldfarb. Alle nennen sie nur die Gesichtsbildnerin.«
    »Arbeitet sie noch für Sie?«
    »Ich weiß, dass sie ab und zu für die Polizei arbeitet. Aber nicht mehr für unser Museum.«
    »Diese Gesichter sehen so lebendig aus«, meinte Clare. »Wissen Sie, wie ich sie erreichen kann?«
    »Katrin? Natürlich. Wenn Sie möchten, gebe ich Ihnen später ihre Nummer. Warum interessieren Sie sich so für sie?«
    »Ich habe da so eine Idee«, sagte Clare.
    »Ich muss Sie warnen, Gesichtsrekonstruktionen sind ein Minenfeld. Diese Köpfe bereiten uns inzwischen massive Probleme. Ausstellen können wir sie nicht mehr. Aber wie soll man so etwas wegwerfen?«, fragte die Kuratorin.
    Sie gingen eine Treppe hinunter, auf der der Verputz von schlichtem Farbanstrich abgelöst wurde. Dann wurde die Farbe von schmalen Backsteinen aus dem siebzehnten Jahrhundert abgelöst. Darunter lag grob behauener Granit.
    Der Geruch verfing sich in Clares Kehle. Feuchtigkeit und Verzweiflung. Der gleiche modrige Geruch wie in einem Gefängnis, wie über einem geöffneten Grab.
    »Einen Moment bitte.« Eine Hand am Oberarm der Kuratorin, lauschte Clare.
    Von oben war nichts zu hören. Aber von unten drang ein rhythmisches Schlagen herauf. Eher ein Gefühl als ein Geräusch.
    »Das ist das Meer«, erklärte ihr Sheralyn Jantjies.
    »Das dringt so weit vor?«, fragte Pedro.
    »Direkt unter der Adderley Street. Die Wellen finden immer noch den Weg zur früheren Küste, zwei Kilometer von der jetzigen Küstenlinie an der Waterfront entfernt, wo die Wellen von den Dolossen gebrochen werden.«
    Die Kuratorin stemmte sich mit der Schulter gegen eine Schiebetür und drückte sie auf. Hier war der Ozean deutlicher zu hören, fast als würde er vor seiner Rückkehr warnen. Oder seine

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