Galgenberg: Thriller (German Edition)
schon.« Sie zog einen Stapel Papier aus dem Aktenkoffer.
»Na schön, wir kommen also gleich zum Geschäftlichen?« Basson nahm ihr gegenüber Platz, stemmte die Fingerspitzen gegeneinander.
»Genau«, sagte Clare. »Die späten Achtziger.«
»Was wollen Sie wissen?« Basson sah sie eindringlich an. »Sie sind zu jung, könnte ich mir vorstellen, um ein persönliches Interesse an alldem zu haben.«
»Wir haben alle ein persönliches Interesse«, korrigierte ihn Clare. »Was damals passiert ist, ist vielleicht vergangen, aber noch nicht vorbei.«
Clare legte ein Foto auf den Tisch.
»Suzanne le Roux.«
In seinem Kiefer zuckte ein Muskel.
»Eine Schönheit.« Den Blick wieder auf Clare gerichtet. »Wie Sie. Und genauso stur.«
Die Stille verdichtete sich. Basson schnippte mit den Fingern, ein schwarzer Pudel kam in den Raum gerast und hüpfte auf seinen Schoß. Er streichelte ihn.
Clare riss den Blick von Bassons langen, schlanken Fingern los.
»Sie kannten sie, Colonel?«
»Ja, ich kannte sie.« Er fuhr mit den Fingern durch die Locken des Hundes. »Jeder kannte sie.«
»Was ist mit ihr passiert?«
»Das sollten Sie ihre politischen Freunde fragen.«
»Das habe ich«, erwiderte Clare. »Die meinten, ich sollte Sie fragen.«
»Gut. Dann sagen Sie mir, was ich Ihrer Meinung nach wissen sollte, Dr. Hart.«
»Raheema Patel hat mir ein paar interessante Details verraten.«
»Diese Frau«, erklärte Basson, »hat es seit der TRC auf mich abgesehen. Damals ist nichts hängen geblieben. Und auch diesmal wird nichts hängen bleiben. Ich habe meinen Job gemacht, und ich habe ihn gut gemacht.«
»Daran gab es nie einen Zweifel, so wie es aussieht«, meinte Clare. »Allerdings hat die Art Ihres Jobs – ein Job, den Sie sich ausgesucht haben – viel Leid verursacht.«
Basson seufzte. »Die TRC hat das untersucht. Vorbei, vergeben, vergessen. Fall abgeschlossen, Ende der Geschichte. Alles geklärt. Oder hat Ihnen Patel etwas anderes erzählt?«
»Mr Basson, vor dreiundzwanzig Jahren wurde ein kleines Mädchen allein zurückgelassen«, sagte Clare. »Sie haben es damals gefunden, offenkundig allein, als Sie die Mutter verhaften wollten. Das Mädchen ist inzwischen zu einer zutiefst verstörten Frau herangewachsen.«
»Ich weiß nicht, was aus ihr wurde.« Das Eis in seinem Glas klirrte.
»Aus ihr? Meinen Sie die Tochter – oder die Mutter?«
»Die Mutter«, sagte Basson. »Über die Tochter liest man in allen Zeitungen.«
»Sie hatten die Mutter zuvor schon einmal inhaftiert«, erklärte Clare. »Im Gefängnis Pollsmoor – und sie hatte Todesängste davor, noch einmal dorthin zu müssen.«
»Pollsmoor«, wiederholte Basson. »Das wurde vom Justizministerium kontrolliert. Nicht von dem Special Branch.«
»Aber die Sicherheitspolizei verhaftete die Menschen nach Gutdünken und wann es ihr gefiel«, widersprach Clare.
»Quatsch.« Bassons Hände umspielten die Ohren des Hundes, seine Finger kneteten die Muskeln. Der Hund seufzte, sank auf Bassons Schoß nieder und schlief ein.
»Im Rückblick schreiben Sie und Ihresgleichen uns Superkräfte zu, nur weil Sie nicht wahrhaben wollen, dass Sie selbst dieses Land in den Abgrund getrieben haben.«
»Hier steht, Sie seien auf Suzannes Vernissage gewesen.«
»Stimmt. Ich interessiere mich für Kunst. Wie Sie sehen können.« Basson deutete an die Wände.
Die Arbeiten waren überraschend modern. Und hochwertig. Noch nie hatte Clare guten Geschmack mit Grausamkeit in Verbindung gebracht.
»Und nach der Vernissage verschwand Suzanne le Roux. Ihre Tochter wurde am nächsten Morgen allein und völlig verängstigt aufgefunden.«
»Das Muttersein lag ihr nicht«, sagte Basson.
»Was passierte in jener Nacht?«, fragte Clare.
»Wir waren dort, um sie abzuholen. Wie Sie wissen. Da war sie schon verschwunden.«
»Was passierte mit Lilith?«
»Für die war ich nicht verantwortlich.« Er sah sie gelangweilt an. »Dr. Hart, ich weiß nicht recht, was Sie von mir wollen. Das ist alles schon ewig lang her. Suzanne le Roux ist tot. In den Neunzigerjahren gab es eine Anhörung. Sie starb eines natürlichen Todes, es wurde ein Totenschein ausgestellt, und ihr Grab wurde identifiziert.«
»Aber wer hat die Tote identifiziert?«, fragte Clare. »Wer hat damals den Totenschein ausgestellt?«
»Das Krankenhaus, in dem sie starb«, antwortete er sofort.
»Und wie haben Sie davon erfahren?«
»Vergessen Sie nicht, wir befanden uns damals im Krieg«, sagte er.
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