Galgenberg: Thriller (German Edition)
»Nur weil sie und andere damals untertauchten, verloren wir sie nicht aus den Augen. Wir hatten unsere Augen und Ohren überall.«
»Und was fanden Sie vor, als sie Suzanne le Roux’ Haus betraten?«, fragte Clare.
»Als wir dort ankamen, war Le Roux nirgendwo zu sehen. Ich ging ins Kinderzimmer. Da saß die Kleine. Das Bett nass, stinkend. Ich ging ans Bett und fragte sie, wo ihre Mutter war. Ich sagte ihr, wenn sie ein braves Mädchen wäre und es uns sagte, würden wir ihre Mutter zurückbringen«, erzählte Basson. »Sie hat mich gebissen.«
»Ihre Kinderfrau hat erzählt, als sie ins Haus kam, sei Lilith ganz schmutzig gewesen und ihre Füße hätten geblutet. So stand es auch im ärztlichen Bericht.«
»Die Mutter war ein Hippie.« Basson zuckte die Achseln. »Das Kind machte, was es wollte.«
»Also, was haben Sie mit ihr angestellt?«
»Wir haben abgewartet«, antwortete Basson. »Mütter kehren so gut wie immer zurück. Aber sie tauchte nicht wieder auf. Dann erschien dieses alte Kindermädchen und wollte das Kind mitnehmen. Sie hat uns die Hölle heißgemacht. Wir haben das Sozialamt dazugerufen. Wilma Smit. Sie haben mit ihr gesprochen.«
Clare sah ihn scharf an. »Hat sie Ihnen das erzählt?«
»Ich bleibe grundsätzlich in Verbindung. Eine alte Angewohnheit. Hören Sie, was wollen Sie von mir? Es steht alles in den Berichten, die Sie sowieso schon haben. Ich erzähle Ihnen nichts Neues.«
»Haben Sie gefunden, wonach Sie suchten?«
»Was glauben Sie denn, Dr. Hart?«
»Nein. Haben Sie nicht. Sonst hätten Sie mich bestimmt nicht ins Haus gelassen.« Clare stand auf. »Danke, dass Sie mir Zeit gewährt haben.« Sie blieb vor einer kleinen Holzskulptur stehen. Ein Mädchen in einem blauen Badeanzug, mit erhobenen Armen, die der Statue etwas unsagbar Sehnsuchtsvolles verliehen. »Claudette Schreuders.«
»Lesen Sie den Wirtschaftsteil, meine Liebe.« Basson sah sie aus schmalen Augen an. »Kunst ist die beste Altersvorsorge.«
»So sagt man«, bestätigte Clare. »Besser als Aktien, besser als Gold.«
»Teuer, aber ich besitze sie auch gern.«
»Eine ungewöhnliche Vorliebe«, sagte sie. »In den gleichen Zeitungen habe ich auch gelesen, dass viele Menschen mit Ihrem Hintergrund, wenn ich das so nennen darf, mit Waffen handelten oder mit Drogen.«
»Ach, Scheiße«, lächelte Basson. »So was kommt vor.«
»Sie haben mit Kunst gehandelt. Und Geheimnissen, könnte man wahrscheinlich sagen. Einem Nebenzweig für Geheimnisse.«
»Das ist alles längst passé.«
»So leicht schütteln wir die Vergangenheit nicht ab, Mr Basson. Suzanne le Roux war ein Teil Ihrer Vergangenheit, und Sie haben sie verloren, nicht wahr?«
»Sie war eine Verräterin«, widersprach Basson. »Sie hat gegen uns gearbeitet. Das hier war einmal ein sehr schönes Land. Wir haben es verloren. So haben wir das damals jedenfalls gesehen.«
Clare ging weiter zu einem Landschaftsgemälde.
»Woher wissen Sie so viel über Kunst?«, fragte sie. »Auf der Polizeiakademie wird so etwas nicht gelehrt.«
»Nein«, sagte Basson. »Ich habe mir das selbst beigebracht. Als ich Sicherheitsbeauftragter für Pieter Botha war, erfuhr ich viel über Kunst. Der Staat hatte damals eine ganz ordentliche Sammlung.«
»Die hat er immer noch.«
»Wahrscheinlich, aber ich habe das Interesse verloren.«
»Wofür interessieren Sie sich jetzt?«, wollte Clare wissen.
»Golf, Wein, Reisen, ab und zu eine Frau«, lächelte Basson. »Wie alle Männer meines Alters.«
32
Lichter blitzten hinter Riedwaans Wagen auf, als er eine Hügelkuppe nahm. Niemand war bei so einem Wetter in der Dunkelheit unterwegs, wenn es sich irgendwie vermeiden ließ. Er behielt die Lichter im Auge, und das Prickeln in seinem Nacken verriet ihm, dass sie nichts Gutes verhießen.
Inzwischen regnete es noch heftiger. Das war das Einzige, was für ihn vielleicht von Vorteil war. Er schaltete die Scheinwerfer aus und hielt unter ein paar Bäumen. Ein bakkie brummte Fontänen sprühend vorbei, mit einem stiernackigen Farmer hinter dem Steuer und einer Handvoll klatschnasser, zusammengekauerter Farmarbeiter auf der Pritsche.
Er fuhr weiter. Wohin hatte Rita gewollt? Mit wem hatte sie sich getroffen? Die Fragen kamen im Takt der Scheibenwischer. Riedwaan kroch weiter durch den eisengrauen Regenvorhang.
Eine Kuh spazierte auf die Fahrbahn und zwang ihn zu einer Vollbremsung. Der Wagen schleuderte um die eigene Achse, blieb aber auf der Straße. Das Tier glotzte ihn kurz
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