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Galgenfrist für einen Mörder: Roman

Galgenfrist für einen Mörder: Roman

Titel: Galgenfrist für einen Mörder: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Geschworenengremium darstellen und über kurz oder lang dessen Untergang bedeuten. Das Gesetz selbst würde vom Volk in die Hände der wenigen übergehen, die die Macht ausübten. Vorbei wäre es mit der Kontrolle der Vorurteile dieser Elite und irgendwann auch mit ihrer Fähigkeit, über der Korruption zu stehen. Der Bestechung, der Androhung von Verlust oder der Hoffnung auf Gewinne wären dann Tür und Tor geöffnet.
    Durch eigene Schuld hatte er sich in eine Lage manövriert, in der er William Monk in den Zeugenstand rufen und zwingen musste, gegen den Mann auszusagen, dem er die größte Chance seines Lebens verdankte.
    Sie standen einander in der völligen Stille des Gerichtssaals gegenüber. Heute hätte der letzte Tag eines Prozesses sein können, der als bloße Formalität begonnen hatte, doch mittlerweile zu einer offenen Schlacht geworden war, die Jericho Phillips im Kampf um sein Leben durchaus den Sieg bescheren konnte. Die Leute auf der Galerie reckten die Hälse nach ihm. Er hatte plötzlich den Rang einer öffentlichen Persönlichkeit bekommen, die sowohl erschreckte als auch faszinierte.
    Monk war bereits zu seiner Person vernommen worden. Geschworene wie Zuschauer hatten schon von vorangegangenen Zeugen von ihm gehört. Jetzt begann seine Befragung, und die Leute starrten ihn gebannt an.
    »Ich habe Sie deshalb nicht früher aufgerufen, Kommandant Monk«, begann Rathbone, »weil Sie nur teilweise mit dem Fall vertraut waren, wohingegen Mr. Orme von dem Zeitpunkt an damit befasst war, als Mr. Durban die Entdeckung der Leiche des Jungen gemeldet wurde.« Lässig trat er vor den Zeugenstand, als fühlte er sich hier völlig zu Hause. Nur jemand wie Monk, der ihn gut kannte, mochte vielleicht die steifen Schultern und die verkrampfte Haltung der Hände bemerken. »Andererseits«, fuhr er fort und wandte sich schwungvoll zum Zeugenstand um, »wurde unsere Aufmerksamkeit auf bestimmte Fakten gelenkt, die einige ungewöhnliche Elemente enthalten, zu deren Erhellung Sie beitragen könnten.« Er legte der dramatischen Wirkung halber eine Pause ein.
    Tremayne rutschte auf seinem Sitz herum, als könnte er keine bequeme Position finden.
    »Dieser Fall war bereits abgelegt worden, Mr. Monk.« Rathbones Stimme nahm jäh einen herausfordernden Ton an. »Warum haben Sie entschieden, wieder zu ermitteln?«
    Diese Frage hatte Monk erwartet. »Weil ich in Mr. Durbans Aufzeichnungen auf einen Bericht darüber gestoßen war und es mich störte, dass das Verbrechen noch nicht aufgeklärt war.«
    Rathbone zog die Augenbrauen hoch. »Wirklich? Dann darf ich annehmen, dass Sie Mr. Durbans sämtliche ungeklärten Fälle mit dem gleichen Eifer verfolgten?«
    »Ich würde sie gerne alle aufklären«, erwiderte Monk. »Es waren nicht viele: ein paar kleinere Diebstähle, der Schmuggel von einem halben Dutzend Brandyfässern, Hehlerei mit gestohlenem Porzellan und Zierrat, zwei Fälle von Trunkenheit auf offener Straße, die zu Schlägereien führten, ein paar zerborstene Fensterscheiben. Die Ermordung eines Kindes hat selbstverständlich Vorrang vor allem anderen.« Auch er legte eine Kunstpause ein und gestattete sich ein leichtes Lächeln. »Um den Rest werde ich mich kümmern, sobald ich Zeit dafür habe.«
    Rathbones Miene veränderte sich geringfügig, ein Zeichen dafür, dass er sich eingestand, hier einen Gegner vor sich zu haben, der nicht mit sich spielen ließ. »Natürlich erfordert das höchste Aufmerksamkeit«, bestätigte er, ohne sich die geringste Irritation anmerken zu lassen, und änderte blitzartig die Angriffsrichtung. »Nach allem, was ich gehört habe, scheint mir aber, dass dieser Angelegenheit in Ihrer Einschätzung Priorität vor einer ganzen Reihe anderer Dinge zukommt. Sie haben Mr. Durbans Notizen offenbar mit großer Aufmerksamkeit gelesen. Warum?«
    In dieser Form war Monk nicht auf die Frage gefasst. »Ich übernahm Mr. Durbans Stelle kurz nach seinem Tod und war der Ansicht, dass ich sehr stark von seiner Erfahrung profitieren konnte und von dem, was er in seinen Aufzeichnungen festgehalten hatte.«
    »Wie bescheiden von Ihnen«, bemerkte Rathbone. »Sie waren also ein großer Bewunderer von Mr. Durban?«
    Dazu war nur eine Antwort möglich. »Ja.«
    »Warum?«, erkundigte sich Rathbone unschuldig.
    Monk hatte ihm den Weg zu dieser Frage eröffnet, jetzt musste er sich darauf einlassen. Zeit, sich eine vorsichtige und angemessene Antwort zu überlegen, die die Anklage untermauern konnte, blieb

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