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Galgenfrist für einen Mörder: Roman

Galgenfrist für einen Mörder: Roman

Titel: Galgenfrist für einen Mörder: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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reine Routineangelegenheit zu sein, noch dazu eine fürchterlich öde, bis Hester eine Veränderung an Rathbones Haltung auffiel, als ob ihn plötzlich frische Energie belebte. Er erkundigte sich bei Hurst, ob Durbans Interesse an Phillips von Beginn bis Ende der Ermittlungen immer das gleiche gewesen war.
    Hursts Miene verriet Verwirrung, als wäre ihm plötzlich etwas Merkwürdiges eingefallen. Nein, es hatte starke Schwankungen gegeben. Mehrere Monate lang hatte Durban überhaupt kein Interesse an Phillips gezeigt, als hätte er ihn völlig vergessen. Dann hatte er ihn wieder ohne ein Wort der Erklärung mit Fragen bedrängt, noch heftiger und eindringlicher als zuvor. Ab dem Zeitpunkt betrieb er seine Jagd mit geradezu wütendem Eifer und überzog dabei regelmäßig seine Dienstzeiten. Bei jedem Wetter wurde er am Fluss gesichtet, sogar in den frühen Morgenstunden, wenn jeder vernünftige Mensch im Bett lag.
    Konnte Hurst sich ein solches Verhalten erklären? Oder hatte ihm Durban einen Grund für seine ungewöhnliche Besessenheit und seine Sprunghaftigkeit bei der Aufklärung des Mordes genannt?
    Nein, gestand Hurst verlegen. Er hatte nicht den Schimmer einer Ahnung.
    Tremayne musste erkannt haben, dass mit einer weiteren Befragung des Zeugen nichts zu gewinnen, sondern eher viel zu verlieren war, und verzichtete deshalb auf ein Kreuzverhör.
    Vor dem Ende des Prozesstages fügte Rathbone seiner Zeugenliste einen weiteren Beamten der Wasserpolizei hinzu, der in Durbans letzten Jahren in der Wache von Wapping gedient hatte. Der Mann ließ durchblicken, dass er gegen seinen Willen auftrat. Seine Loyalität galt der Polizei im Allgemeinen und seinen unmittelbaren Kollegen im Besonderen. Er zeigte sich unverhohlen feindselig gegenüber Rathbone und jedem anderen, der Durbans Integrität und damit implizit die der ganzen Polizei infrage stellte.
    Gleichwohl blieb ihm nichts anderes übrig, als zuzugeben, dass Durban ohne jeden Zweifel in der letzten Phase seines Lebens seine wenige Freizeit und einen Großteil seines Vermögens für die end-und nutzlose Jagd auf Jericho Phillips verwendet hatte. Die Tatsache, dass der Beamte so sorgfältig auf seine Worte achtete, ließ Durban im Rückblick umso obsessiver erscheinen, beinahe wie am Rande des Wahnsinns. Und plötzlich schien Phillips, so unsympathisch er auch war, das Opfer zu sein.
    Hester bemerkte in den Reihen um sie herum einige verwirrte Gesichter und sogar scheue Blicke zu Phillips hinüber, als dieser für die Nacht in den Zellentrakt abgeführt wurde. Jetzt waren die Leute neugierig und sich seiner Schuld bei weitem nicht mehr so sicher wie noch vor ein paar Stunden.
    Hester verließ den Gerichtssaal und hatte den Eindruck, verraten worden zu sein. Als sie durch die offene Flügeltür in die Vorhalle trat und sich durch die Menge schob, fühlte sie sich schier erdrückt. Und jeder hatte sich in Positur geworfen, durchdrungen von dem Bewusstsein, sein Standpunkt sei der einzig richtige und die anderen müssten ihn auf der Stelle erfahren.
    Hester war aufgewühlt. Sie nahm mit aller Leidenschaft Anteil und wollte unbedingt Gewissheit darüber erlangen, ob Durban der Held war, für den Monk ihn hielt, nicht nur, weil er einer der wenigen gewesen war, die ihr Mann bewunderte, sondern auch, weil Monk es sich mit seinem Dienstantritt bei der Wasserpolizei zur Aufgabe gemacht hatte, den letzten Fall seines Vorgängers abzuschließen. Das sollte sein Geschenk an einen Mann sein, dem er seine Dankbarkeit auf keine andere Weise mehr zeigen konnte.
    Jetzt begriff Hester, dass sie beide, sie und Monk, dieser Angelegenheit zu großen Vorrang eingeräumt hatten. Der Zorn, den sie wegen jedem fühlten, der als Kind geschlagen, vernachlässigt oder missbraucht worden war, hatte sich auf Phillips konzentriert. Das mochte ungerecht von ihnen gewesen sein, doch jetzt ihre eigenen Gedanken in den Augen anderer Leute gespiegelt zu sehen demütigte und verwirrte sie.
    Beim Verlassen des Gebäudes sah sie sich auf den Stufen unvermittelt Margaret Rathbone gegenüber. Sie hatte sich aus einem Gefühl von Unsicherheit heraus kurz umgedreht, nur um Margaret dicht hinter sich zu entdecken.
    Margaret blieb abrupt stehen, senkte aber nicht den Blick. Verlegenes Schweigen trat ein. In der Klinik war Hester seit jeher diejenige, die bestimmte. Sie hatte einfach das nötige medizinische Wissen. Sie war auf der Krim gewesen, Margaret dagegen hatte England noch nie verlassen, wenn man von

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