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Galgeninsel

Galgeninsel

Titel: Galgeninsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Maria Soedher
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jegliches Bemühen jenseits grober Unhöflichkeiten oder körperlicher Gewalt fruchtlos bleiben würde, um Gommi, wie sie ihn nannten, zum Gehen zu bewegen. Der blickte derweil gewohnt ausdruckslos drein, übersah alle deutlichen, nonverbalen Signale, die ihn darauf hinwiesen unerwünscht zu sein, und mischte sich mit einem seiner berüchtigten Ermittlungstipps ins Gespräch ein. Das hatte Schielin schon befürchtet, denn Gommert hatte leider die unangenehme Eigenschaft, zum falschen Zeitpunkt, am falschen Ort, ungefragt seine Meinung kundzutun. Mit dieser Eigenheit war er nun keineswegs alleine. Ein Alleinstellungsmerkmal hingegen verschaffte er sich dadurch, dass sich seine Meinungsäußerungen Bahn brachen, ohne zuvor so sinnreiche Filterungen zu durchlaufen wie logische Erwägungen, Höflichkeit oder rationale Betrachtung objektiver Sachlagen. So führten seine Einwürfe, Ergänzungen und gut gemeinten Ratschläge unter freisinniger Verwendung von Schlag- und Fremdworten mitunter ganze Geröllhalden von Gedankenunrat mit sich.
    Schielin hätte eigentlich wissen müssen, dass ihm Gommert nicht erspart bleiben würde. Ein Mord! Da mussten sie jetzt eben durch. Schlimm war nur, dass in der Person von Gommert Unsinnsäußerungen wie auch Dialekt in enthemmtester Prägung auf das Gegenüber trafen. Nicht, dass gegen Dialekt etwas einzuwenden gewesen wäre. Dialekt war hier allen eigen. Lydia war eine wahre Koryphäe, galt es ein aus der Tiefe des Gaumens nach oben dringendes R durch sanften Zungendruck erfolgreich zu erdrosseln, noch bevor die Zungenspitze in die Lage versetzt wurde, in fränkischer Manier an den Zähnen zu rollen. Schielin hörte sie so gerne »super« sagen, was bei ihr wie supchch klang. Es war einfach schön, nur dass er es ihr nie sagte.
    Gommert hingegen verlieh, wenn er meinte, etwas Wichtiges zu sagen, dem Schwäbischen ein Übermaß an Ordinärem. Er dehnte und zog alle Vokale bis zum Unerträglichen. Selbstlaute liebte er über alles. Schon der Beginn, den er an diesem Freitagmorgen wählte, war fundamental falsch. Ohne zu grüßen sülzte er ein »Ja no ihr zwoi« in den Raum. »Dees Verbreche schteht doch in gaanz engr Verbindung mit dem Sää. Da müsset sich doch ein Ermittlungsahnsatz ergäbe losse.«
    Er ließ dem Wörtchen ganz durch die Dehnung des A in besonderer Weise Gewicht zukommen.
    Schielin schwieg. Lydia zog die linke Oberlippe an. Kein gutes Zeichen. »Suupch. Wie kommst du bloß auf die Idee mit dem See? Ist ja genial.«
    Gommert war weder peinlich berührt noch erschüttert. Er war davon überzeugt zu denjenigen zu gehören, deren wahres Potenzial unterschätzt wurde und somit ungenutzt verkommen musste.
    »Ha jo. Irgendwie muss der ja ins Wasser komme sei, oderch?«
    Schielin nickte Lydia zu. »Schreibs auf.«
    Sie griff nach einem Notizzettel und meinte. »Kinder und Narren sprechen die Wahrheit.«
    Dann gab sie Gommert mit zwei kurz dahin geworfenen Handbewegungen das Zeichen, dass er sich aus dem Staub machen sollte. Und tatsächlich machte er Anstalten ihr Folge zu leisten, ohne von der doch abweisenden, ja rüden Art in irgendeiner Weise gekränkt zu sein. Vorher sagte er noch: »Ihr solltets den Fall aber emole au heumeneutisch betrachte tue.«
    Die beiden sahen sich verdutzt an. Ein neuer Begriff war soeben in die Kriminalistik eingezogen. Lydia wiederholte trocken »heumeneutisch«
    Gommert, eigentlich schon im Gehen begriffen, hob an: »Des isch …«
    Schielin unterbrach ihn mit einem energischen und genervten »Bitte, Gommi! Ich will’s gar nicht wissen.«
    Jetzt war er beleidigt. Gommert war beleidigt und er ließ es Schielin spüren, indem er still und langsam die Tür schloss. Und Schielin hatte sofort ein schlechtes Gewissen, denn eigentlich war ihm Gommert ja nicht unsympathisch. Wirklich nicht. Seine Vorzüge waren unbestritten. Er sog alles, was er in den verschiedenen Büros aufschnappte, wie ein Schwamm auf und konnte es auf Verlangen, wie auch unverlangt, noch Jahre später repetieren. Wieso nur musste er immer in den ungelegensten Augenblicken auftauchen und was brachte ihn dazu, sich mit der Arbeit der anderen zu beschäftigten? Schielin wusste, dass er einen Hund hatte. Wieso erzählte er nicht mal etwas von diesem Vieh. Das war neutral bis belanglos und führte garantiert nicht zu Schwierigkeiten. Aber nein. Gommert hatte noch nie von seinem Hund erzählt.
    Schielin schnaufte laut, als die Tür endlich einklinkte und wandte sich Lydia zu. »Also,

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