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Galgentochter

Galgentochter

Titel: Galgentochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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Amen.»
    Da fuhr Tom zu ihr herum: «Ihr seid eine Richtersfrau?»
    Hella schluckte, hätte am liebsten alles abgestritten, doch sie konnte nicht lügen. «Ja», sagte sie. «Ich bin das Weib des Richters und hier, um etwas von euch über die drei Morde zu erfahren, die in Frankfurt verübt worden sind. Es geht dabei um eine Wanderhure, einen Gewandschneider und einen lutherischen Pastor. Was wisst ihr darüber?» Sie war aufgestanden, da sie wusste, dass niemand sie nun noch hier dulden würde.
    Die Gaukler tuschelten untereinander, dann sprach Tom zu ihr: «Niemand von uns hat etwas mit diesen Verbrechen zu tun. Die Wanderhure haben wir beherbergt. Ein Gewandschneider aus der Stadt ließ sich aus der Hand lesen. Den lutherischen Pfarrer kennen wir nicht.»
    Er hatte so bestimmt gesprochen, dass Hella keine weiteren Fragen wagte. Sie deutete mit der Hand auf Gustelies. «Diese meine Nachbarin hat nichts davon gewusst, dass ich euch ausfragen wollte. Sie ist gekommen, weil sie einen von euch besonders mag.»
    Mit diesen Worten wandte sich Hella um und ging davon.Einmal sah sie zur Seite zwischen die beiden Wagen, wo die junge Frau gestanden hatte, die einst zu ihr gekommen war, um ihr Kerbel zu verkaufen. Die Stelle war jetzt leer.
    Hella ging nicht direkt nach Hause, sondern ins Malefizamt. Dort sagte ihr der Schreiber, dass Heinz in der Ratsschenke zu finden sei. Einen Augenblick zögerte Hella. Es war wirklich zu dumm, dem eigenen Ehemann in die Schenke nachzulaufen, aber schließlich tat sie es doch.
    Heinz saß allein, hatte eine Kanne mit verdünntem Wein vor sich stehen und starrte auf den Tisch. Als er Hella sah, erschrak er kurz, dann lächelte er schmerzlich.
    «Der Rat hat verfügt», sagte Heinz Blettner, als Hella sich unter den missbilligenden Blicken der Umsitzenden niedergelassen hatte, «dass der Fall so schnell wie möglich aufgeklärt werden muss. Der Landgraf wird morgen vier Bedienstete seines Hofes schicken, die in spätestens drei Tagen hier sind. Der Rat hilft mir, wo es geht. Das Schlimme aber ist, dass ich nicht weiß, was ich tun, wo ich suchen soll.»
    Hella nahm seine Hand, strich sanft darüber. «Nur die Wanderhure und der Gewandschneider waren bei den Gauklern, sagen diese. Hat der Stöcker inzwischen berichtet, wer in der Vorstadt auf den Tod gelegen oder gar gestorben ist?»
    Heinz nickte. «Niemand. In der ganzen letzten Woche hat es nur einen Armbruch bei einem Kind gegeben. Keine Schwerkranken, keine Gestorbenen. Wer immer dem Pfarrer mit dem Ansinnen kam, einem Sterbenden Beistand zu leisten, hat gelogen.»
    «Und die Wachen an den Toren? Haben die etwas gesehen, was uns weiterhilft?»
    Heinz Blettner schüttelte den Kopf. «Auch sie wissen nichts.»
    Hella stützte die Ellbogen auf den Tisch, legte das Kinn in die Hände. «Vielleicht haben wir die ganze Zeit falsch gedacht. Um jemanden zu ersticken, braucht es Kraft. Einen starken Mann. Der Leichenbeschauer hat zumindest beim toten Lutherischen erweiterte Pupillen festgestellt. Kann es nicht sein, dass die Leichen vorher mit Gift in den Schlaf versetzt und erst danach erstickt wurden?»
    «Du darfst nicht vergessen, dass der Lutherische mit nacktem Oberkörper seinen Tod im Heu gefunden hat», warf Heinz ein. «Welcher Mann zieht sich vor einem anderen Mann aus? Es könnte also sehr gut sein, dass auch eine Frau als Täterin in Frage kommt.»
    «Die Wahrsagerin?», überlegte Hella laut.
    Heinz schwieg, und auch Hella versank in ihren Gedanken.
    «Angenommen, ich wollte dich ermorden», sprach Hella nach einer Weile vor sich hin und sah dabei über Heinz hinweg. «Wie würde ich das wohl anstellen? Zuerst würde ich mir das Gift besorgen. Dann würde ich dich vor die Tore der Stadt locken, damit ich deine Leiche nicht so weit tragen muss.»
    Heinz hatte bei der Aussicht, von Hella ermordet zu werden, die Augenbrauen zusammengezogen. Jetzt aber entspannte er sich. «Wir sollten also feststellen, wo in der Gegend ein Heuschober ist? Meinst du das?»
    «Ja», erwiderte Hella knapp. «Und jetzt sollten wir überlegen, wo wir Gift herbekommen.»
    «Aus der Apotheke», schlug Heinz vor.
    «Aus der Natur», fügte Hella bei.
    «Von einem Kräuterweib», fiel Heinz noch ein.
    «Oder einer Wahrsagerin, die sich auf Liebestränke versteht.»
    «Wir sollten also alle Kräuterweiber befragen?»
    «Es schadet nicht. Selbst wenn es nichts nützt. Irgendetwas musst du tun, Heinz. Denk auch du noch einmal darüber nach, wer die Person   –

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