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Galgentod

Galgentod

Titel: Galgentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Schwab
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Er wollte auf ihn zugehen, doch die verstohlenen Blicke, die der Mann um sich warf, hielten den Kriminalkommissar zurück. Er beschloss, Laug zunächst zu beobachten.
    Es dauerte nicht lange, schon machte sich der Mathelehrer mit eiligen Schritten auf den Weg zur Sporthalle. Das sah interessant aus. Was wollte ein Lehrer für Mathematik und Physik in der Sporthalle?
    Unauffällig folgte ihm Schnur.
    Wie ein Dieb schaute sich Laug immer wieder um auf dem Weg zur hintersten Halle, die von außen mit dem tief heruntergezogenen silbrig glitzernden Dach futuristisch aussah. Dort riss er die Tür auf und verfiel in einen Laufschritt. Die gläsernen Wände machten seine Heimlichtuerei schon lächerlich. Schnur konnte genau sehen, in welchen Gang er einbog. Gelassen folgte er ihm. Kaum war die Tür hinter ihm zugefallen, hörte er den Lärm der vielen Schüler nur noch gedämpft. Er schlug den gleichen Weg ein wie Laug und sah sich schon bald hinter einer großen Sporthalle, wo die Sportgeräte durcheinander gestapelt waren. Aber es ging noch weiter. Das sah Schnur an der Tür hinter dem Chaos, die zwar gut versteckt lag, ihm jedoch durch das leise Rumoren dahinter auffiel. Er näherte sich, lauschte, bis er sich ganz sicher war, dass sich dort zwei Männer befanden, die nicht gesehen werden wollten.
    Das genügte für seinen Entschluss. Schwungvoll riss er die Tür auf und schaute in die erstaunten Gesichter von Günter Laug und Ernst Plebe, dem Hausmeister.
    »Ja, wen haben wir denn hier?«, fragte er fröhlich. »Ihre Frau hat Sie bei uns krankgemeldet, weshalb Sie nicht zur Befragung kommen konnten.«
    Ernst Plebes Gesicht lief so rot an, dass Schnur schon wieder einen Hirnschlag befürchtete. Aber das hielt ihn dieses Mal nicht davon ab, seinem Ärger Luft zu machen: »Damit machen Sie sich verdächtig.«
    »Verdächtig?«, platzte Ernst Plebe los. »Ich weiß nichts. Was soll ich der Polizei sagen? Sie verschwenden mit mir nur Ihre Zeit.«
    »Das zu entscheiden überlassen Sie mal uns«, stellte Schnur klar. »Wenn Sie nichts zu verbergen haben, dann kommen Sie nachher mit mir nach Saarbrücken.«
    Wie ein ertapptes Kind wirkte der Hausmeister bei seinen Beteuerungen, den Hauptkommissar zur Kriminalpolizeiinspektion zu begleiten.
    »Und jetzt möchte ich mich gern mit Ihnen unterhalten, Herr Laug.«
    Der Angesprochene trank in einem Zug sein Bier, reichte dem Hausmeister die leere Flasche und folgte Schnur in die Turnhalle.
    »Was möchten Sie wissen?«, fragte der hagere Mann und machte dabei fahrige Bewegungen.
    Schnur erkannte in seinem Gesicht die verräterischen geplatzten Äderchen, die auf einen übermäßigen Alkoholkonsum hinwiesen. Das verleitete ihn zu der Frage: »Wie schaffen Sie es, mit Ihrer Trinkerei im Lehramt zu bleiben?«
    »Welche Trinkerei? Wenn ich in der Pause mal ein Bier trinke, ist das doch keine Trinkerei«, empörte sich der Mann sofort.
    Schnur nickte, weil er diese Reaktion inzwischen auch kannte. Solche Menschen ließen das Thema Alkohol nicht an sich heran. Und es war nicht Schnurs Aufgabe, Laug zu bekehren. Also kam er auf das Thema, weshalb er den Mathematiklehrer aufgesucht hatte: »Laut Dr. Franzen gehören Sie an dieser Schule sozusagen schon zum Inventar. Das heißt, dass Sie schon lange hier arbeiten.«
    Laug nickte – sichtlich erleichtert, dass Schnur das Thema gewechselt hatte.
    »Bertram Andernach gehörte ebenfalls zu den langjährigen Lehrern dieser Schule.«
    Wieder ein Nicken.
    »Jetzt frage ich Sie, was können Sie mir über den getöteten Kollegen sagen?«
    Eine Weile herrschte Stille, bis Laug sich räusperte und sagte: »Man soll über die Toten nichts Schlechts sagen …«
    »… aber wenn es der Wahrheitsfindung im Falle seines brutalen Mordes dient?«, fiel ihm Schnur ins Wort.
    »Bertram Andernach war ein Perfektionist.«
    »Ist das schlecht?«
    »Bei ihm war es schlecht, denn er nahm am liebsten sich selbst als Maßstab. Keiner konnte es ihm recht machen – ob Lehrer oder Schüler.«
    »Das klingt so, als habe er sich mit all seinen Schülern verfeindet und mit seinen Kollegen dazu.« Schnur staunte.
    »Einige gibt es immer, die sich beweisen wollen. Einige Schüler haben sich ernsthaft angestrengt, Bertram Andernachs Maßstäben gerecht zu werden. Und diese Schüler haben Bestnoten bekommen.«
    »Also war sein Unterrichtsstil effektiv?«
    Laug nickte und fügte an: »Ich lehre schon, seit ich an dieser Schule bin, mit anderen Methoden. Während Bertram

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