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Galgenweg

Galgenweg

Titel: Galgenweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian McGilloway
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Achseln. »Er ruft manchmal an. Wir haben ihn eigentlich nicht mehr gesehen seit … Sie wissen schon, seit Angela.« Wir schwiegen beide, dann rückte Christine von mir ab, als wollte sie sich auch körperlich von unserer Unterhaltung und den Erinnerungen, die dadurch bei uns beiden heraufbeschworen wurden, distanzieren.
    »Ich räume hier lieber auf«, sagte sie. »Mr   Harkin ist auf dem Weg hierher.«
    Wir betraten das Geschäft gemeinsam. Überraschenderweise war kaum etwas beschädigt worden. Auf der Suche nach weiteren Anzeichen des Einbruchs sah ich mich um.
    »Da drüben«, sagte Christine, als hätte sie meine Gedanken gelesen.
    Die Medikamente wurden hinter der Ladentheke in abgeschlossenen Schränken aufbewahrt, deren Türen mit » A–D «, » E–L «, » M–R « und » S–Z « beschriftet waren. Nur die letzten beiden Türen waren aufgebrochen und mitsamt Scharnieren herausgerissen worden; die kleinen Schlösser waren wohl nicht mehr zu reparieren.
    »Könnte sich lohnen, hier nach Fingerabdrücken zu suchen«, schlug ich Helen Gorman vor, doch sie hatte ihre Ausrüstung schon hervorgeholt. Sie sah so neu aus, dass ich vermutete, sie kam hier zum ersten Mal zum Einsatz. Dieser Verdacht verstärkte sich, als ich sah, wie umständlich Gorman zu Werke ging.
    Recht bald war klar, dass es wenig Sinn hatte, hier nach Fingerabdrücken zu suchen. Die Türen waren von oben bis unten mit Fingerabdrücken übersät, einem über dem anderen, sodass stellenweise das weiße Furnier unter dem schwarzen Fingerabdruckpuder völlig verschwand.
    »Fehlt etwas?«, fragte ich Christine.
    »Ich muss auf Mr   Harkin warten«, erklärte sie mir. »Er hat das Inventar, mit dem der Bestand verglichen werden muss.«
    »Sieht wie eine gut überlegte Tat aus«, meinte ich. »Nur zwei von vier Türen aufgebrochen, das bedeutet, der Täter hat nach etwas Bestimmtem gesucht.« In einer Ecke stand ein gläserner Schaukasten mit Digitalkameras. Selbst der war nicht angerührt worden. »Ein ziemlich sonderbarer Einbrecher«, sagte ich und ging zu dem Schaukasten. »Haben Sie dafür einen Schlüssel?«, fragte ich.
    »Wollen Sie was kaufen?«, gab Christine zurück und kam zu mir, um den Schaukasten aufzuschließen.
    »Eigentlich eher ausleihen«, sagte ich und nahm eine Digitalkamera heraus. »Ich brauche auch Batterien«, fügte ich hinzu. Christine zog fragend eine Augenbraue hoch.
    Als Paul Harkin kurz darauf eintraf, ging ich hinaus und machte Fotos von den schlammigen Fußabdrücken, die der Täter auf der beschädigten Hintertür hinterlassen hatte. Als ich damit fertig war, hatte Harkin bereits festgestellt, was gestohlen worden war.
    »Brustkrebsmedikamente, verdammt!«, stieß Gorman hervor und ließ den Motor an, um zur Wache zurückzufahren. »Was für eine Welt!«
    Der Einbrecher hatte offenbar sehr genaue Vorstellungen gehabt. Er hatte den Schrank M–R aufgebrochen und einige Schachteln Nolvadex entwendet, das bei Brustkrebs zum Einsatz kommt. Daneben waren auch diverse Schachteln eines Generikums, Tamoxifen, aus dem S–Z -Schrank gestohlen worden.
    »Warum stiehlt ein Mann Brustkrebsmedikamente?«, fragte ich, mehr an mich selbst als an Gorman gerichtet.
    »Könnte es nicht auch eine Frau gewesen sein?«, fragte Gorman. »Scheint logischer bei diesem Medikament.«
    Während sie fuhr, sah ich die Fotos in der Digitalkamera durch, die ich mir von Harkin »geborgt« hatte. Ich zeigte Helen ein Foto von dem Fußabdruck auf der Tür.
    »Nur wenn sie Hulks Schwester ist und Turnschuhe Größe sechsundvierzig trägt.«
    »Guter Einwand«, räumte sie ein.
    »Könnte sich lohnen«, sagte ich und schaltete die Kamera aus, »die Fotos auszudrucken.« Ich legte ihr das Gerät ins Handschuhfach. Dann fügte ich hinzu: »Und ich denke, Sie sollten sie Harkin zurückbringen, wenn Sie fertig sind.«
    Sie nickte ernsthaft, als ob die Idee, es anders zu handhaben, ihr niemals in den Sinn gekommen wäre. »Was für ein kranker Kerl stiehlt bitteschön Krebsmedizin?«
    »Lorcan Hutton wäre mein Tipp«, sagte ich. Das war der hiesige Drogendealer. »Und wenn Sie ihn schon auf die Wache holen, ich hätte auch ein paar Fragen an ihn.«
    Das raue Wetter der vergangenen Wochen war vorüber und der Himmel strahlend blau. Einige Wolkenfetzen hingen zerzaust über den Bergen hinter Strabane, und die Sonne stieg jeden Tag höher am Himmel. Der wilde Rhododendron blühte jetzt, seine Blüten waren so groß wie Männerfäuste, die Blätter

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