Galgenweg
dem Monitor flimmerte irgendeine Website.
Als ich eintrat, betrachtete Colhoun gerade einen pornografischen Cartoon, den sein Partner an den Kühlschrank gehängt hatte. Er hatte den Kopf schräg gelegt und versuchte offensichtlich dahinterzukommen, wer bei all den Gliedmaßen was mit wem tat. Als ich »guten Morgen« sagte, erschreckte er sich und errötete.
»Ben, ich … ich habe Sie gar nicht kommen hören«, stammelte er und löffelte viel zu viel Zucker in eine der Kaffeetassen.
»Hab ich gemerkt. Und – wie geht’s, Hugh? Hatten Sie einen schönen Abend?«
»O ja, es war großartig, Ben, einfach großartig. Sie wissen doch, wie das ist; manchmal muss man einfach über die Stränge schlagen«, sagte er folgsam.
»Sie haben gut ausgesehen im Fernsehen, Hugh – Sie beide, Sie und Harry.«
»Geschniegelt und gestriegelt. Meine bessere Hälfte hat dafür gesorgt, dass ich mir einen neuen Anzug kaufe, verstehen Sie?« Colhoun lächelte und blinzelte, als würde ihn etwas blenden. Seine Reaktion war ungeschickt, sein Blick schoss nun nervös hin und her. Ich mochte Hugh Colhoun wirklich gern, doch ich wusste auch, dass er das schwächere Glied in der Partnerschaft mit Patterson war.
»Wessen Idee war es, den ersten Fund aufzuteilen, Hugh?«, fragte ich kameradschaftlich und lächelte herzlich, obwohl ich im Augenblick nichts dergleichen empfand. Er erbleichte, von der verlegenen Röte war nichts mehr zu sehen. Mehrfach leckte er sich die Lippen und blickte hinter mich, wo Patterson, wie ich hoffte, nach wie vor über seiner Tastatur hing und sich von den Strapazen des Vorabends erholte.
»Was? Wie meinen Sie das, Ben?« Hugh lachte wenig überzeugend, dann wandte er sich wieder den Kaffeetassen zu und kämpfte mit dem Glas Instantkaffee.
»Ich weiß, dass das Ecstasy, das Sie auf Webbs Land gefunden haben, aus dem Posten vom letzten Monat stammt. Paddy Hannon hat mich angerufen. Er hat die Tüte mit den Pillen wiedererkannt, Hugh. Das war dumm; das Einzige, was er wiedererkennen konnte. Wessen Idee war das, Hugh? Harrys?«
»Harrys was?«, fragte Patterson plötzlich, der von seinem Schreibtisch aufgestanden war und so nah von hinten an mich herantrat, dass ich seinen Bieratem roch. Er legte mir die Hand in den Nacken. Seine dicken, schwieligen Finger drückten sich in meine Haut. »Harrys was, Devlin?«
»Ben hat mich gerade nach unserem Fund gefragt, Harry. Das war alles. Hat uns gratuliert und so«, stammelte Colhoun und ließ den Blick eifrig zwischen mir und seinem Partner hin und her wandern. »Ich habe Kaffee gemacht, Harry.«
»Halt doch dein Maul, Hugh. Ich habe beschissene Kopfschmerzen.« Patterson ließ meinen Nacken los, baute sich jedoch vor mir auf. Ich widerstand dem Drang, mir den Schweiß abzuwischen, den seine feuchten Hände auf meiner Haut hinterlassen hatten.
Ich hätte einfach weggehen oder wenigstens Colhoun beipflichten sollen. Doch ich tat es nicht. »Ich habe gerade gesagt, dass Paddy Hannon mich angerufen hat. Er hat das Ecstasy aus Ihrer kleinen Präsentation von gestern Abend als Teil des Postens wiedererkannt, den Sie letzten Monat auf seinem Land gefunden haben. Er glaubt offenbar, die Pillen seien überhaupt nicht Teil eines neuen Fundes«, erläuterte ich.
Colhoun wurde immer nervöser, doch Patterson wurde geradezu übernatürlich ruhig. Er lächelte mich an, aber in seinem Blick lag keinerlei Wärme. »Was haben Sie eigentlich wirklich, Devlin? Sind Sie sauer, dass man Sie außen vor gelassen hat? Dass Sie nichts vorweisen können, wenn Sie vor der Beförderungskommission stehen?«
»Lassen Sie’s gut sein, Harry«, hörte ich Williams sagen, die im Eingang der Kochnische stand.
»Halt’s Maul«, fauchte Patterson und zeigte warnend auf meine Partnerin.
»Passen Sie auf, was Sie sagen«, sagte ich und schob seinen Arm aus dem Weg.
Es entstand eine Art Handgemenge, und ich sah, dass Patterson die Faust ungefähr zur gleichen Zeit hob wie ich. Weiter eskalierte der Vorfall allerdings nicht, denn Burgess tauchte nun auch in der Kochnische auf. Er starrte uns misstrauisch an, dann deutete er auf mich. »Der Superintendent will Sie sehen, Detective.«
Costello erkundigte sich zunächst nach dem Fall Karen Doherty. Ich berichtete von den Geschehnissen am Vorabend im Club Manhattan und meiner Überzeugung, dass die Person, die das Auto gefahren hatte, in das ich Karen hatte einsteigen sehen, auch ihr Mörder sei. Ich erwähnte auch die Tätowierung. Ich würde die
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